Windindustrie: Nur kleine Flaute

Handel

Technologievorsprung sichern

>Der lange Winter hat in den ersten Monaten mit seinem gefrorenem Boden verhindert, neue Fundamente für Windkraftanlagen zu gießen. Schneeböen haben es unmöglich gemacht, Kräne aufzustellen, Rotoren in luftige Höhen zu hieven.
Der Energiemarkt in den USA folgt den power purchasing agreements, wonach mittelfristig die günstigere Energieform in der Nutzung bevorzugt wird. Das ist derzeit Erdgas und die Investoren für Windkraftanlagen halten ihr Geld zurück, so Thorsten Herda,von der VDMA Power Systems.
Gründe genug, das der Ausbau der Windkraftanlagen in diesem Jahr national und international hinter den letzten Jahren zurückbleibt – und in den verbleibenden Monaten auch nicht mehr ausgeglichen werden kann.
Dennoch hat die Windbranche keinen Grund pessimistisch zu sein. 2010 habe die Branche nur eine Pause gemacht und werde 2011 wieder zweistellig wachsen, sagte Herdan auf der Pressekonferenz zur Exportbilanz der Windbranche in Berlin.

Eindrucksvolle Zahlen
Bis Mitte des Jahres 2010 sind in Deutschland 21.315 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 26.386 MW installiert. Offshore-Anlagen fallen derzeit kaum ins Gewicht, aber Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie erwartet noch 150 MW neue Anlagen auf hoher See. Im nächsten Jahr sollen es bereits 400 MV sein, wobei die Bürgschaftsankündigung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen zum richtigen Zeitpunkt komme, so Albers weiter.
Windkraftanlagen werden entweder von den Unternehmen über die Bücher finanziert oder von einem Bankkonsortium als Projekt. Bei den Bürgschaften geht es nach Herdan weniger um das Geld, sondern mehr um die Bereitschaft der Banken, sich gegenseitig wieder zu vertrauen. Gerade bei Offshore-Projekten sind bei bis zu einer Milliarde Euro Investitionsvolumen bis zu 20 Banken beteiligt. Bürgschaften setzen das richtige Signal.
In den ersten sechs Monaten wurden 332 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 629,18 MW installiert, drei Windkraftanlagen wurden für eine Leistung von 6,89 MW „Repowered“, was allerdings nach Albers zu weinig ist.

Windenergieländer Top Five

Land

Inst. Leistung Gesamt- MW

Land

Neue MW 2010

Land

% am Nettostrom-verbrauch

NI

6.559,58

NI

173,85

SN

47,77

BB

4.259,68

SH

118,26

MV

41,95

SN

3.402,11

BB

90,80

SH

40,82

SH

2.937,08

NRW

53,60

BB

38,95

NRW

2.894,46

SN

47,10

NI

23,34

Q: Dewi GmbH 2010

Auf dem Weltmarkt ist die Windkraftbranche am erfolgreichsten. Zwar habe der deutsche Markt am Weltwindgeschäft nur einen Anteil von sechs Prozent, doch tragen die Unternehmen rund 17,5 Prozent des Umsatzes weltweit zusammen. Die Exportquote liegt bei 75 Prozent.
Das meiste bleibt innerhalb der EU, weil die rechtlichen Voraussetzungen am ähnlichsten sind, gefolgt von den USA. Bei den vielen anderen kleinen Märkten steht China an erster Stelle. Weniger wegen neuer Anlagen, weil sich der chinesische Markt nach Herdan zu stark abschottet, aber mehr für die Zuliefererindustrie: Die Chinesen bauen ihre eigenen Windräder gerne mit deutscher Maschinentechnik.

Gegenwind und Rückenwind
Gegenwind kommt aus der Politik. Schon bei der Zehnjahresfeier zum EEG wandten sich die Vertreter der erneuerbaren Energien gegen die Verlängerung der Atomkraftlaufzeiten. Herdan fürchtet, dass dabei alle erneuerbare Energien „links liegen gelassen werden“. Deutschland laufe dann Gefahr seinen technologischen Vorsprung, der die Branche so erfolgreich am Weltmarkt macht, an China verliere.
Auch Albers fürchtet eine unsichere Politik, wie das vor kurzem zunächst ausgesetzte Marktanreizprogramm für Wärme.
Allerdings kommt auch der Rückenwind aus der Politik. Schon alleine das EEG hat der Branche den Rücken gestärkt und der Sachverständigenrat für Umweltfragen sieht in seinem jüngsten Gutachten die Windenergie als treibende Kraft der künftigen Energieversorgung.

In dieser Woche hat der Demokrat Jay Inslee einen dem EEG ähnlichen Entwurf in den US-Kongress eingebracht. Auch das japanische Wirtschaftsministerium hat einen Entwurf für ein vergleichbares Gesetz schon öffentlich gemacht.

Neue Flächen
Beim Ausbau und der Erneuerung bestehender Anlagen mit effizienter Windkraftnutzung (Repowering) ist die Branche unterschiedlich zufrieden. Sechs Jahre Planungszeit für Repowering und Offshore-Anlagen sind entschieden zu lang, so Albers.
Hingegen bieten vor allem Schleswig-Holstein und Brandenburg neue Fläche für neue Anlagen an. In Brandenburg und Niedersachsen gebe es auch keine Probleme mit einer Höhenbegrenzung, erklärt Bernd Neddermann, Leiter Forschung und Studien bei der Dewi GmbH.
Potenzial für mehr Windkraft ist in Deutschland also vorhanden und Präsident Hermann Albers möchte die Stadtwerke in die Planung intensiver einbeziehen: Regionale Wertschöpfung, regionale Investitionen und regionaler Klimaschutz.

Lesestoff:
Bundesverband WindEnergie: www.wind-energie.de

Roland Krieg; Grafik: Dewi GmbH; Foto: roRo

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