Wir reden uns die Umwelt schön
Handel
Wird Umweltbewusstsein in Aktion gesetzt?
Seit Jahrzehnten raufen sich Marktforscher die Haare.
Alle reden von fairen Preisen und wollen die Umwelt schützen. Doch wenn sich
die Interviewer abwenden, rennen die Konsumenten den Discountern die Türen ein.
Es gibt zahlreiche Tierwohl-Label auf dem deutschen Markt. Der Kunde hat die
Wahl – doch der Marktanteil liegt insgesamt bei gerade einmal ein Prozent. Das „Leben“
von Elektrogeräten wird immer kürzer, wie das Umweltbundesamt erst Anfang des
Monats nachwies. Heute werden Autos wieder nach „Wiederverkaufswert“ „ökonomisch“
verkauft und nicht nach Nutzen für einen Transport von A nach B. Wer alternativ
einkauft übt keine Konsumkritik. Ist der ökologische Fußabdruck bei zwei
konventionellen Hemden nicht sogar kleiner als bei zehn Öko-Textilien im Jahr?
Gestaltungsauftrag an die Politik
Die Situation von Textilarbeitern in Asien hat große Wellen geschlagen. Doch nur zehn Prozent der Befragten kaufen auch Öko-Textilien. Trotz eindringlicher Bilder. Das ist das entmutigende Ergebnis der Studie über Umweltbewusstsein von Bundesumweltministerium und Bundesumweltamt. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger sagt am Montag bei der Vorstellung der Studie so: „Bei umweltfreundlich hergestellter Kleidung stimmt schlicht das Angebot der Hersteller noch nicht.“ Sind Angebote wirklich im Defizit? Würde mehr Ware auch mehr Nachfrage bedeuten?
Das bleibt offen und wurde nicht untersucht. Geforscht wurde nur nach dem Bewusstsein für eine gerechte Umwelt. Gegenüber 2012 mit 40 Prozent ist dieses jetzt auf 63 Prozent gestiegen, so die Studie. Es gibt auch kein Ausweichen mehr. Jedes Produkt wirbt damit. Erhellender ist schon die Antwort, dass 56 Prozent der Befragten Umwelt- und Klimaschutz als „eine grundlegende Voraussetzung“ für den Erhalt des Wohlstands halten. Und wenn das Produkt Verzicht suggeriert? Ist die Wurst aus Tofu eine Wurst aus Fleisch?
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gibt sich optimistisch: „Ich verstehe diese Ergebnisse als Gestaltungsauftrag der Bevölkerung an die Umweltpolitik.“ Dann sollte der steuerlich geförderten Gebäudesanierung nach sieben Jahren parlamentarischer Lebenszeit ein baldiger erfolgreicher Abschluss bevorstehen?
Lesestoff:
Die Studie finden Sie auf www.umweltbundesamt.de
Roland Krieg