Wirtschaft wehrt sich gegen Internetportal

Handel

Informationen: Ja! Pranger: Nein!

Im Oktober kündete Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner ein neues Internetportal an, in dem „Klebschinkenhändler“ und „Käseimitathersteller“ veröffentlicht werden sollen. Die Bewertungen schwankten zwischen einem „Internetpranger“ (Foodwatch) und einem Informationsportal (Verbraucherzentrale) hin und her. Am Montag hat sich die Deutsche Wirtschaft in einer gemeinsamen Erklärung „gegen staatlich finanzierte Anprangerung legaler Produkte“ gewandt.

Gefahr im produktbezogenen Teil

Die Wirtschaft unterstütze zwar uneingeschränkt die Zielrichtung des Portals „Klarheit und Wahrheit“ und fördert ihrerseits mit Kundeninformationen und Telefon-Hotlines die sachliche Verbraucherinformation, aber das neue Portal soll einen produktbezogenen Teil erhalten, indem sich die Wirtschaft unfairen Anschuldigungen ausgesetzt sieht.
Gerade das Bundeslandwirtschaftsministerium hat sich in der Vergangenheit dafür stark gemacht, dass fundamentale staatliche Schutzprinzipien gegenüber denjenigen eingehalten werden, die sich ins Netz begeben. Das müsse auch für die Wirtschaft gelten, heißt es in der Stellungnahme. „Der Staat muss - gerade bei von ihm mit Steuergeldern finanzierten Informationsmaßnahmen – auch diejenigen schützen, die unberechtigt „im Netz vorgeführt werden“ und dadurch Nachteile erfahren.“ Das Internet ist ein „Kommunikationsraum eigener Art“.

Legalität und Subjektivität

Unter Federführung des Dachverbandes Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) ist den Wirtschaftsverbänden die Bewertung suspekt. Gerät ein Produkt ins Visier soll es mit Beschreibung und Foto veröffentlicht werden. Der Hersteller soll eine Stellungnahme abgeben, die von einer Internetredaktion „nach Prüfung des konkreten Täuschungsvorwurfs“ und zusätzlicher Stellungnahme der Verbraucherzentrale veröffentlicht wird.
Die Verbände fürchten nicht nur Einträge von „Nutzerkreisen mit tendenziösen Absichten oder Wettbewerber“, die mit Strohmännern gezielte Einträge platzieren, sondern vor allem unterschiedliche Ansichten. So können Produkte vollkommen in Übereinstimmung mit den geltenden lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungs- und Aufmachungsvorschriften rechtmäßig vermarktet sein, aber von Verbrauchern „rein subjektiv im Bezug auf bestimmte Deklarations- oder Aufmachungsaspekte für irreführend gehalten werden“.
Damit sei ein sachlicher Dialog nicht zu führen. Beispielsweise könnte ein ganzes Produktsegment in Verruf geraten. Wird eine Fruchtabbildung bemängelt und anhand prominenter Marken „vorgeführt“, gerate das gesamte Segment in Verruf.
Am Ende führe das Portal mit dieser Bewertungsform zu „nicht abgesicherten Sekundärstandards“, die in Konkurrenz zu den gesetzlichen Standards treten.

roRo

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