Zu Hause fair handeln

Handel

Appell an das ethische Wesen

>Der faire Handel entstammt aus dem Geschäft mit dem Süden. Bananen und Kaffee sollten den Bauern ein faires Einkommen bieten, damit sie sich selbst ernähren können und nicht den Preisschwankungen des Weltmarktes unterliegen. Nach Carsten Veller von Naturland ist das ein schwieriges Unterfangen. Während Biozertifizierungen eher den naturwissenschaftlichen Bereich ansprechen, sind faire Geschäftsbedingungen eher ein Bereich für die Geisteswissenschaften. Spätestens mit der Preiskrise für Milch ist das Thema auch hierzulande präsent. Aber nicht leicht anzusprechen. Cristiane Christoph von Bio-regional-fair aus Sachsen-Anhalt berichtete auf der BioFach über die Schwierigkeiten im Norden. Für einen Förderantrag musste sie den Begriff „Nord-Nord-Handel“ aus den Papieren streichen.

Die gerechte Welt
Dennoch gründen sich verschiedene Initiativen, die sich vor allem untereinander einen fairen Umgang versprechen und damit die Chance ergreifen, kurz nach der Weltwirtschaftskrise dem Kapitalismus ein menschliches Antlitz zu geben. Die Produkte tragen diese Gedanken in die Welt zu den Konsumenten, die, so Prof. Carbonaro auf der Eröffnungsveranstaltung, erkennen, billige Lebensmittelproduktion, Rentenabbau und Arbeitslosigkeit zusammen gehören. Ein großer Wurf, der klein anfängt – und nicht in überfüllten Hörsälen diskutiert wird, sondern in der realen Geschäftswelt. Der Dreiklang „bio, fair und regional“ taugt zur Gestaltung der ganzen Welt.

Die Grundlagen
Ist aber nicht einfach. Demeter Schweiz hat nach Christian Butscher Vereinbarungen aufgestellt, die keine Richtlinien sein sollen, denn Richtlinien töten den Gedanken ab, ergänzt Jörg Schumacher von Bio Swiss. Demeter hat es mit seinem anthroposophischen Ansatz auch leichter, weil dieser Verband sich seit Steiner mit dem fairen Miteinander beschäftigt. Eine Charta mit acht Punkten sollen die kulturellen, Markt- und sozialen Beziehungen untereinander regeln. Bio Swiss will im April einen vergleichbaren Codex veröffentlichen.
Der Biofairverein in Deutschland ist einen Schritt weiter und hat sich mittlerweile extern zertifizieren lassen. Nach der Vorsitzenden Karin Artzt-Steinbrinck stelle genau das sicher, dass der Verein kein „Greenwashing“ betreibe. Die Zertifizierung ist an die Biozertifizierung der Betrirbe angehängt, umfasst einen Erhebungsbogen und ein Punktesystem. Zusätzlich gibt es eine „Anerkennungskommission“ im Verein. Die Kosten beziehen sich auf eine halbe Stunde Datenerhebung vor Ort plus Kosten für die Auswertung – der erzielte Mehrwert sei aber umgekehrt nicht zu beziffern.
Demeter Deutschland hingegen setzt auf die einmal im Jahr stattfindenden Betriebsentwicklungsgespräche, die für die Demeterzertifizierung bereits notwendig sind.

Wirkung im Alltag
Biokreis-Bauern müssen zu 80 Prozent ihre Ware aus einem Umkreis von maximal 200 Kilometer beziehen. Für regionale Verbände seien soziale Wirtschaftsbeziehungen leichter umzusetzen, weil sich die Marktpartner schon länger kennen und über die Preise verhandeln, so Josef Brunnbauer von Biokreis. „Wir haben nichts Neues entdecken müssen!“. Seit drei Jahren vergibt Biokreis das eigene Zeichen „regional & fair“, wobei derzeit diskutiert wird, ob das Siegel auch an Betriebe außerhalb des Verbandes vergeben werden soll.
Weil die Marktpartner sich untereinander gut kennen und trotz Wettbewerb das Miteinander fördern wollen, helfen sie sich auch gegenseitig. In Brandenburg beispielsweise haben die Verarbeiter sich auf einen Dinkelschäler geeinigt, damit nicht jeder Bäcker eine eigene bauen oder suchen muss. Joachim Weckmann von der fair & regional Initiative Berlin-Brandenburg kommuniziert das auch an die Verbraucher. Auf den Brottüten stehen alle beteiligten Betriebe drauf.
Aufklärung scheint auch das wichtigste zu sein. In der Schweiz verdienen die Bauern rund 10 Euro je Stunde und kommen auf 60 Wochenarbeitsstunden. Ohne Urlaub, weil sie für 10 Euro je Stunde keine Betriebshelfer finden, beschreibt Dr. Toralf Richter den Ausgangspunkt für die Initiative BioRegio Zentralschweiz. Das sei unerträglich für ein reiches Land wie die Schweiz. Bauern und Verarbeiter haben sich in Workshops zusammengesetzt und herausgefunden, dass für ihre Produkte eine geeignete Logistik fehlt. Zur Lösung haben sie eine Stiftung gefunden, die mit einer AG die Distribution übernommen hat. Hinzu komme, dass 40 Bauern neue Produkte entwickelt haben und mittlerweile mehr als 200 Produkte aus der BioRegio Zentralschweiz vermarkten. Kunden müssten nicht am meisten überzeugt werden, so Dr. Richter. Am schwierigsten sei es, die Händler zu überzeugen, weil die nicht glaubten, faire Ware auch verkaufen zu können.
Einen Aufschlag in Höhe von zehn Prozent hält Brunnbauer für möglich – aber es funktioniert nur, wenn die Kunden auch von der Ehrlichkeit überzeugt sind.

Roland Krieg

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