Zukunftsträchtige Ausbildung vor dem Aus

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Stopp für Haushalts- und Dienstleistungswissenschaften an JLU

Die Feierlaune war gründlich verdorben als Professor Joybrato Mukherjee, Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen, verkündete, zum kommenden Sommersemester 2013 würden keine neuen Masterstudenten für den Studienzweig Haushalts- und Dienstleistungswissenschaften mehr aufgenommen. Bei den rund zweihundert anwesenden Festgästen aus dem In- und Ausland erregte dies großen Unmut. Zahlreiche hochkarätige Wissenschaftler und Politiker, viele Ehemalige und Weggefährten aus dem In- und Ausland waren am 16. November 2012 in die Universitätsstadt gereist, um gleich drei Jubiläen zu feiern: das 50 jährige Bestehen des Instituts für Wirtschaftslehre und Verbrauchsforschung, den 85. Geburtstag von Professor Rosemarie von Schweitzer und den 60 Geburtstag der derzeitigen Lehrstuhlinhaberin Professor Uta Meier-Gräwe.

Zwar genieße der Studiengang national und international einen ausgezeichneten Ruf und belege uniintern Platz vier im Ranking aller Masterstudiengänge, aber das knappe Budget erfordere eine kritische Prüfung und Anpassung des Studienangebots, begründete Mukherjee den vom Fachbereichsrat getroffenen zwei Tage zuvor getroffenen Sparbeschluss.

Der verkündete Aufnahmestopp machte aus der Fest- eine Protestveranstaltung. Studentinnen überreichten dem Unipräsidenten ein Petitionsschreiben und zweihundert Unterschriften für den Erhalt ihres Studiengangs. Professor Angelika Sennlaub von der Fachhochschule Mönchengladbach übergab Mukherjee einen offenen Brief der deutschen Fachhochschulprofessoren, in dem die bundesweiten Auswirkungen für das Fach Ökotrophologie dargelegt sind. So werde derzeit nur noch an der Gießener Universität wissenschaftliches Lehrpersonal ausgebildet. Bei einem Wegfall dieses letzten universitären Studiengangs, an dem promoviert werden könne, könnten Fachhochschullehrstühle künftig nur noch fachfremd besetzt werden. Der einzigartige auf die Lebenswirklichkeit bezogene, interdisziplinäre wissenschaftliche Ansatz der Haushaltwissenschaften ginge verloren, heißt es in dem Schreiben.

Vor einem enormen Verlust an einzigartiger Grundlagenforschung warnte Martina Feulner vom Vorstand der deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft. Sie forderte ebenso wie die beiden anwesenden ehemaligen Familienministerinnen Professor Rita Süßmuth und Renate Schmidt und der hessische Landtagsabgeordnete Thorsten Schäfer-Gümpel, dass der Gießener Studienzweig unbedingt erhalten bleiben müsse. Mit Blick auf die zukünftige Überalterung der Gesellschaft brauche Deutschland neue Wohn-, Betreuungs- und Pflegekonzepte. Die Forschungsthemen des Instituts seien aktueller denn je, gesellschaftspolitisch in hohem Maße bedeutsam und unverzichtbar, argumentierten sie.

Die fachbereichsinterne Entscheidung über den Aufnahmestopp weiterer Studenten müsse noch einmal gründlich überdacht und revidiert werden, dafür würde er sich ebenso wie seine beiden Politikkolleginnen mit Nachdruck einsetzen, versprach Schäfer-Gümpel auf der anschließenden Pressekonferenz.

Im Gießener Masterstudiengang Haushalts- und Dienstleistungswissenschaften, der seit 1962 existiert, sind derzeit 70 Studenten eingeschrieben. Bis 2011 seien die Studentenzahlen stetig angestiegen, berichtete Meier-Gräwe. Die Absolventen des Studienganges seien als Schnittstellenmanager auf dem Arbeitsmarkt begehrt. Gießener Absolventen seien unter anderem in Bundes-, Länderministerien, Kammern und Ämtern der Agrarverwaltung und anderen Behörden, im Management der großen Wohlfahrtsverbände, bei Verlagen und in der Industrie und als Lehrer und Dozenten in Schulen, der Lehrerausbildung und an deutschsprachigen Fachhochschulen und Universitäten tätig.

Ute Gomm, www.aid.de

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