Zwei Prozent mehr Milch
Handel
Deutschland scheitert gegen Quotenerhöhung
Ab April dürfen die Mitgliedsstaaten der EU zwei Prozent mehr Milch produzieren. Das hat die Kommission am Montag beschlossen.
Bevor das System der Milchquote zur Stabilisierung der Milchpreise bei Vermeidung einer Überproduktion 2015 angeschafft wird, hat die EU zur sanften Landung zum Ausstieg Quotenerhöhungen vorgesehen. Damit will die EU der gestiegenen Nachfrage auf dem Weltmarkt begegnen.
2,84 Mio. Tonnen mehr
Zwei Prozent mehr Milch bedeutet umgerechnet 2,84 Millionen Tonnen mehr Milch in der EU, die gegenwärtig 141 Mio. t produziert.
Nach einer Marktanalyse für Milch wird die Nachfrage bis 2014 weiter steigen. In den letzten vier Jahren waren 5,5 Mio. t mehr Milch notwendig, um die Nachfrage nach Frischmilch und Käse zu decken – obwohl die produzierte Menge unverändert blieb, teilte die EU mit. Daher sei die Quotenerhöhung gerechtfertigt: „Ließe man die Quoten unverändert, könnte die EU von der steigenden Nachfrage und den hohen Preisen nicht profitieren.“ Das „Mehr an Milch“ wird auf alle EU-Länder gleichmäßig verteilt.
Die sechs wichtigsten Milchländer (neue Referenzmenge) | |||
Deutschland |
28,847 Mio. t |
Niederlande |
11,465 Mio. t |
Frankreich |
25,091 Mio. t |
Italien |
10,740 Mio. t |
England |
15,125 Mio. t |
Polen |
9,567 Mio. t |
Q: EU |
Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel zeigt sich zuversichtlich: „Der Markt kann das aufnehmen. Ein Zurück ist unmöglich, weil die Kühe ja im Stall stehen.“ Gegen die Quotenerhöhung hat Deutschland nur Österreich unterstützt. Die Franzosen hatten sich enthalten.
Deutschland fast allein gegen die Quote
Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigte sich enttäuscht: „Gegenüber der aktuellen Marktsituation sei die Quotenerhöhung das völlig falsche Signal, da die europäischen und internationalen Märkte zu einer gewissen Schwäche neigen“, heißt es. Besonders enttäuscht ist der DBV, weil nur Österreich mit Deutschland stimmte und die Franzosen sich der Stimme enthielten. Bei der Vorstellung des Begleitprogramm Milch war sich Bauernpräsident Gerd Sonnleitner noch sicher, den zweitgrößten Milchproduzenten auf seiner Seite zu haben.
Auch Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller äußerte Unmut. Der Marktentwicklung des vergangenen Jahres fehle es an Nachhaltigkeit, weil die Preise für Butter und Milchpulver wieder nach unten zeigen. „Unsere Bauern brauchen aber Verlässlichkeit der Politik und Zukunftsperspektiven.“ Der Milchpreis müsse angemessen sein und die Produktionskosten decken, sowie Investitionen ermöglichen.
Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linken, lehnt die Quotenerhöhung ebenfalls ab: „Mehr Milch bedeutet schlechtere Milchpreise. Mehr Quote bedeutet mehr Probleme für die ohnehin schon belasteten Milchviehbetriebe.“ Die Quote wandere, so Tackmann, auf die bevorzugten Standorte und gehe an den Standorten der traditionellen Milchproduktion in den Mittelgebirgen vorbei.
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer erinnerte daran, dass viele Länder ihre aktuelle Referenzmenge gar nicht ausgeschöpft haben und das Lieferdefizit bei fast zwei Millionen Tonnen liegt: „Damit besteht noch ein erhebliches Produktionspotenzial“, betonte Seehofer. Auf Grund früherer Beschlüsse werden in elf Mitgliedsländern die Quoten sowieso schon um 0,5 Prozent erhöht. Kritik äußerte Seehofer an dem Fehlen eines Begleitprogramms auf EU-Ebene, eine Gesamtstrategie für den angestrebten Quotenausstieg.
Ob Verbraucher sich jetzt wieder mit sinkenden Milchpreisen anfreuen dürfen bleibt abzuwarten. Denn wenn der Markt die Milch wirklich aufnimmt, dann bleibt Milch ein knappes Gut.
VLE