+++ 12:29 Uhr +++Nachlese Bundesrat

Landwirtschaft

„Wir können und werden das Virus besiegen“

Die 987. und 988. Sitzungen des Bundesrates gehen in die Geschichte ein. Gleich zweimal trat die Länderkammer zu Sondersitzungen zusammen. Am Mittwoch folgten die Länder den Bundestagsentscheidungen zu Kurzarbeitergeld und Nachtragshaushalt, am heutigen Freitag folgte die Abstimmung über das „Corona-Hilfspaket.“

Die Sitzung fand wegen möglicher Infektionsgefahr in Notbesetzung statt. Es hat ausgereicht, wenn aus jedem Bundesland ein Kabinettsmitglied stellvertretende anwesend ist.

Bundesratspräsident Dietmar Woidke aus Brandenburg sagte zu Beginn: „Wir können und werden das Virus besiegen. Es gibt keine Blaupause nach der wir handeln können. Aber wir wissen genug, um für das Erste zu handeln. Der Weg aus der Krise erfordert kluges Abwägen und den Mut zur Kurskorrektur.“

Corona-Hilfspaket

Die zahlreichen Hilfen im so genannten Corona-Hilfspaket, wie die Maßnahmen zur sozialen Absicherung, Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder du Anpassungen im Medizinprodukterecht wurden alle einstimmig verabschiedet. Dort wo es kein Zustimmunsgsgesetz war, hat kein Bundesland den Vermittlungsausschuss angerufen und auch dafür den Weg frei gegeben.

Dünge-Verordnung

Innerhalb von 40 Minuten war die Bundesratssitzung beendet. Auch, weil es die Verabredung gab, keine Wortbeiträge zuzulassen. Doch zur Dünge-Verordnung hat sich Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff aus Thüringen doch eindringlich zu Wort gemeldet. Wegen der Frist zur Einhaltung der Nitratrichtlinie sei es gerade angesichts der Pandemie dem Land nicht zu erklären, dass der Bundesrat am 03. April noch einmal zusammenkommen müsste, fiele die Dünge-Verordnung heute durch. Niemand dürfe darauf setzen, dass Brüssel wegen SARS-CoV-2 die deutsche Dünge-Verordnung und die Bußgelder vergesse. „Der epische Kampf zwischen Umwelt und Landwirtschaft muss ein Ende haben“. Im Wesentlichen folgte Hoff den Worten von Hermann-Josef Baaken, Sprecher der Futterwirtschaft in dieser Woche. Auch wenn die Landwirte mit dem Ergebnis unzufrieden sein können, sei die Aussicht einer weiteren Hängepartie eine schlechtere Wahl.

In den letzten Tagen hat sich ein Kompromiss durchgesetzt, der sich nach der Sonder-Agrarministerkonferenz in Berlin von Mitte März abzeichnete [1]. In der Sache der Dünge-Verordnung wird abschließend entschieden, aber beim Mantel der Umsetzung hat die Bundesrepublik noch sechs Monate Zeit. Die Frist wurde sogar noch bis zum 01. Januar 2021 verlängert und der EU abgerungen, sofern die Länder an der Praxis nichts mehr ändern. „Damit verschaffen wir den Landwirten Luft“, kommentiert Hessens Agrarministerin Priska Hinz. Die Regelungen zur Reduzierung der Düngung und die Sperrfristen für die Ausbringung von Gülle und Festmist bleiben. Doch mit der verlängerten Frist können die Bundesländer ihre Hausaufgaben machen und die so genannten roten Gebiete mit zu hohen Nitratwerten von mehr als 50 mg/Liter Wasser neu ausweisen. Denn: „Wir dürfen aber trotz der Corona-Krise den Grundwasserschutz nicht aus den Augen verlieren“, erklärte Hinz.

Nicht ganz zufrieden ist Karsten Specht vom Verband der kommunalen Unternehmen. Die EU fordert mit ihrem Standpunkt die Sanierung nitratbelasteter Gebiete. „Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass die Länderkammer der Düngeverordnung endlich zugestimmt hat. Weil allerdings Fristen für die Umsetzung der Verordnung verlängert wurde, erwartet die kommunale Wasserwirtschafft, dass zum vereinbarten Zeitpunkt auch alle notwendigen Regelungen des Bundes und der Länder stehen. Weitere Verlängerungen durch die Hintertür darf es nicht geben.“

Auch die Deutsche Umwelthilfe ist erleichtert: „Der Weg ist nun frei für weniger Gülle auf unseren Feldern und weniger gesundheitsschädliches Nitrat im Grundwasser“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Der Bundesrat hat parallel eine Entschließung gefasst und damit das Hausaufgabenbuch gefüllt. Einer der Kernsätze lautet: „Der Bundesrat weist darauf hin, dass die vorgelegte Verordnung eine Vielzahl fachlicher Unzulänglichkeiten sowie Vorgaben enthält, die in der vorliegenden Form für die Landwirte und Vollzugsbehörden nur schwer umsetzbar sind.“. So sind Lagerungskapazitäten bundeseinheitlich unvollständig gefasst, der flächenbezogene Nährstoffvergleich zur Bewertung von Nährstoffüberschüssen wurde fallen gelassen, es fehle ein bundeseinheitlicher Stickstoff-Wirkungsmonitor.

Im Zusammenhang mit der Dünge-Verordnung hat auch das veränderte Wasserhaushaltsgesetz den Bundesrat passiert [2]. Beide Ergebnisse sind nach Aussage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft geeignet, nach dem Zweitverfahren gegen Deutschland, keine Klage zu erheben und keine Sanktionen zu verhängen.

Nach der Dünge-VO ist aber auch vor der Dünge-VO. 2021 muss Deutschland den nächsten Nitratbericht an Brüssel übersenden. Die Verlängerung der Umsetzungsfristen müssen Politik und Verbände nutzen, die handwerklichen Fehler abzustellen und ein ordentliches Düngemanagement umsetzen.

Lesestoff:

[1] Sonder-AMK Berlin: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/16-44-uhr-sonder-amk-in-berlin.html

[2] Wasserhaushaltsgesetz: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/aenderung-wasserhaushaltsgesetz.html

Roland Krieg

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