+++ 16:48 Uhr+++ Die Umweltministerkonferenz im April

Landwirtschaft

Wasser, Wolf, Wind und Wald sowie eine neue Gemeinschaftsaufgabe

Mit etwas Verspätung endete am Freitagnachmittag die virtuelle Umweltministerkonferenz und hielt einen Paukenschlag bereit. Gastgeber Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern sagte: Es wird eine neue Gemeinschaftsaufgabe geben. Bislang gibt es in Deutschland nur zwei Gemeinschaftsaufgaben, in der Bund und Länder gemeinsam Politik machen: Die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Regionalen Wirtschaft (GRW). Der Naturschutz ist bislang Länderaufgabe und wird demnächst in eine Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz einen deutlich höheren und eigenständigen Wert erhalten. Die genaue Umsetzung und der exakte Namen stehen noch nicht fest. Aber einstimmig haben die Umweltminister, von denen die Hälfte auch das Agrarressort betreut, eine Anfangsfinanzierung von einer Milliarde Euro beschlossen. Wie sich die neue „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung des Naturschutzes“ (GVN) gegenüber der GAK verhält und Umweltthemen von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aufnimmt und vielleicht sogar entlastet, bleibt offen.

Nach Olaf Lies aus Niederachsen sollen zusätzliche Aufgaben finanziert werden. Doch Geld alleine werde nicht reichen, die unteren Naturschutzbehörden müssten auch personell auskömmlich Personal erhalten.

Wald

Der Beschluss des Bundestages zu einer Waldprämie fand einstimmige Unterstützung der Bundesländer. Die zusätzliche Honorierung wird anerkannt, die Details werden noch ausgearbeitet. Backhaus unterstrich, dass es keine „Flächenprämie“, sondern eine Leistungsprämie geben wird. Er könne sich eine Klassifizierung in einen Gold-, Silber- und Bronzestandard vorstellen. Auch in Abhängigkeit, ob beispielsweise im Wald ein Moor geschützt wird. Ursula Heinen-Esser aus Nordrhein-Westfalen verwies auf ihr Bundesland, dass Wald-Klimaprämie, die oft als Baumprämie bezeichnet wird, schon eingeführt hat. Die Bindung an Standards ist für Priska Hinz aus Hessen die besondere Notwendigkeit der Prämie, die ausschließlich von den Waldbesitzern beantragt werden kann. Details werden noch ausgeformt. Das Geld komme aber nicht, wie von Waldeigentümern gewünscht aus dem Energie-und Klimafonds (EKF), sondern aus eigenen Bundesmitteln. Wie hoch sie sein wird, steht noch nicht fest. Die Universität Greifswald hat in einer Studie alleine die Klimawirkung des Waldes auf 450 Euro pro Hektar und Jahr berechnet. Zwischen den Zeilen von Minister Backhaus könnte ein Betrag um die 200 Euro herauskommen.

Für den Moorschutz warten alle Minister auf die Moorschutzstrategie der Bundesregierung [1]. Zum Wald gehört auch die bleifreie Jagd, die von der UMK heute beschlossen wurde. Der Bundesrat habe bereits ein deutliches Signal Ende 2020 ausgesandt, die EU will sie nur in Feuchtgebieten verbieten, aber in der laufenden Novelle des Bundesjagdgesetzes, wollen die Umweltminister das Bleiverbot aufgenommen wissen. Die Erfahrung mit bleifreier Munition im Staatsfort Hessen zeige, „dass das ohne Probleme geht.“

Wolf

Nicht ganz so einige waren die Minister beim Thema Wolf. Der in den vergangenen Monaten ausgearbeitete Praxisleitfaden für die rechtssichere Entnahme des Wolfes traf mindestens in Hessen und Sachsen-Anhalt noch offene Frage. Nach Priska Hinz liege das an Debatten, die als Ergebnis nicht richtig umgesetzt seien: „Wir brauchen eine gemeinsame Handlungsanleitung, auf die sich alle Politiker, Verbände und die Öffentlichkeit verlassen könne.“ Bis zur Herbst-UMK auf Rügen sollen die Fragen geklärt werden. Gerade in Niedersachsen ist der Wolf mit 36 Rudeln stark vertreten und vermehrt sich jährlich um 30 Prozent. Dort wurde ein Video veröffentlicht, bei dem ein junger Wolf minutenlang eine Spaziergängerin umkreiste und sich durch lautes Schreien nicht verscheuchen ließ. Die Frau hatte sehr große Angst und sie konnte nicht abschätzen, was das Tier auf freiem Feld als nächstes macht. Zudem mehren sich Wolfssichtungen in bewohnten Gebieten. Das müsse man zur Kenntnis nehmen, sagte Olaf Lies auf die Frage von Herd-und-Hof.de. Beim Schutz der Weidetiere dürften eigentlich keine Fragenmehr offen sein, die Uneinigkeit bezeichnete er als „Konflikt“. Die Beispiele mit den Wölfen, die sich durch Schreien nicht verscheuchen lassen und durch die Gemeinden ziehen, sind nach Lies kaum zu entschuldigen. Experten haben dem die Frau umkreisenden Jungwolf Neugierde unterstellt, aber dadurch geht die Angst bei einer Begegnung nicht weg. „Das schlimmste was passieren kann“, so Lies, „ist, wenn nicht der Staat, sondern der Mensch auf diese reagiert.“ Für den Praxisleitfaden hat die Mensch-Wolf-Begegnung keine Bedeutung, aber  den Worten von Lies nach, werde die Politik das Verhalten genau beobachten. Für den Herbst erwartet Minister Backhaus eine klare Ansage vom Bund, wo die Bestandsgröße für eine stabile Population des Wolfes liegt.

Nach Backhaus müsse es möglich sein, mit Innovation und Digitalisierung wolfssichere Zäune zu bauen. In Berlin und Brüssel will er neben der schon verabschiedeten Weidetierprämie auch weitere Kosten für Herdenschutzhunde, die bei rund 1.000 Euro im Jahr liegen, vergütet wissen. Denn: „Die Bestände an Wölfen werden deutlich steigen.“ Länder, die noch keinen Wolf aufweisen, sollten sich auf die Einwanderung vorbereiten.

Wasser

Der Bund will nach seinem Nationalen Wasserdialog eine Nationale Wasserstrategie erarbeiten. Das Thema betrifft alle Länder, sagte Heinen-Esser, wenn auch unterschiedlich. Doch selbst die Länder ohne Trockenheit in tieferen Bodenschichten merken, das Wasser knapp wird. Sie fordert Standards zwischen Wasserwerken und Landwirten. „Wir werden uns mit Nutzungskonkurrenzen beschäftigen müssen. Drei Jahre Trockenheit zeigen auf den knappen Zeitrahmen für Lösungen vor.“

Für Till Backhaus wird die Düngeverordnung ihre Wirkung für sauberes Wasser noch aufzeigen. Landwirte werden künftig keine Rollregner mehr in den Mittagsstunden laufen lassen können, sondern auf technische Erneuerungen wie digital gesteuerte Tröpfchenbewässerung zurückgreifen. , Das Thema gehe aber jeden Einzelnen an. So müssen Gärtner verstärkt auf Regenwasser zurückgreifen und sollen nicht mehr mit dem Finger auf die Landwirte zeigen.

Wind

Das war eigentlich kein Thema auf der Umweltministerkonferenz, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Die Minister wollen aber ein einheitliches Vorgehen bei den Ausbaupfaden und Naturschutzaspekten. Wind steht dabei als Vertreter für alle erneuerbaren Energien. Olaf Lies: „Neue Umweltziele setzen ist leicht, aber Dohne gleichzeitig auch die Maßnahmen für den Ausbau zu setzen, ermögliche erst das Erreichen. Ohne Ausbau der erneuerbaren Energien geht es nicht.“

Svenja Schulze fasste die „turbulente Woche“ noch einmal zusammen. Die Erhöhung der europäischen Klimaziele und die Einigung auf Bidens Klimagipfel zwischen der EU und den USA sind mit Chinas zaghafter Ankündigung 2026 mit dem Ausstieg aus der Kohle verbunden. Jetzt müsse Deutschland nachziehen und seine Klimaziele erhöhen. Gegenüber 1990 sollen die Treibhausgase um den Korridor von 62 bis 67 Prozent reduziert werden, wie der Klimarat es vorgeschlagen hat. „Bis zum Klimagipfel in Glasgow im November müsse noch viel geschehen, aber die EU ist mutig vorangeschritten. Deutschlands EEG-Novelle für das Jahr 20200 sei wichtig gewesen, um durch die Wahlpause für den Bundestag keine Verzögerung entstehen zu lassen.

Landwirtschaft

Nachdem die Agrarminister sich geeinigt haben und die Umsetzung im Kabinettsbeschluss 1:1 stattgefunden hat, können die Umweltminister mit einem Moorschutz Agrar und Umwelt zusammenbringen, sagte Schulze. Die Strategie soll noch in dieser Legislatur fertig sein. Heinen-Esser betonte, dass die „einen Umweltminister“ das einkommensziel der Agrargelder für die Landwirte anerkannt haben. Olaf Lies konnte den „Niedersächsischen Weg“ als gelungen Kompromiss vorweisen. „Die erste Säule ist keine Subvention der Landwirte, sondern eine Subvention der Lebensmittelpreise.“ Davon müssen Deutschland und die EU wegkommen. Das für die Landwirte mehr als ein Anreiz, sondern ein wirkliches Einkommen erzielt werden kann, müsse in Brüssel noch verändert werden. Die Eco-Schemes für die GAP in Deutschland sind noch in Bearbeitung. Backhaus erwartet einen Katalog an Maßnahmen, den die Länder bearbeiten können.

Lesestoff:

[1] Moorschutz in SH: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/moorschutz-in-schleswig-holstein.html

Roland Krieg

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