+++ 31.03. +++ 15:55 +++ Agrarministerkonferenz in Hannover
Landwirtschaft
AMK im Zeichen des Wahlkampfes
Heute Mittag endete die letzte Agrarministerkonferenz vor der Bundestagswahl – und warf deren Schatten bereits voraus.
Milch
In der letzten Woche gab es einen neuen Milchgipfel im Bundeslandwirtschaftsministerium, den Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) durchaus positiv einschätzte, weil die genossenschaftliche Milchindustrie Signale für Veränderungen zeigten. Der Bericht des Bundeskartellamtes [1] hatte vor allem die Lieferbedingungen zwischen Milcherzeugern und Genossenschaften kritisiert. Schmidt musste jedoch feststellen, dass das Interesse bei leicht wiedererstarktem Preis von über 30 Cent „erlahme“.
„Die Krise ist noch lange nicht vorbei“, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) und ist skeptisch, dass die Branche ihre Aufgaben alleine regele. Konsens sei, dass der Sachstandsbericht des Kartellamtes ernst genommen wird. Deutlicher wird Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern (SPD). Seit der letzten großen Milchkrise im Jahr 2008 hat es kein einziges Ergebnis für die Milchbauern gegeben, auf die nächste Preisdegression vorbereitet zu sein. Backhaus: „Wir sind noch mitten in der Krise. Für mich sind wir nach wie vor in einer nicht akzeptablen Situation.“ Das Kartellamt habe mit seinen Empfehlungen an die Molkereien nach wie vor in einer privilegierten Stellung. Der unhaltbare Zustand bezieht sich auf die in den Lieferverträgen nicht festgelegten Preise, Mengen, Qualitäten und Laufzeiten. Wenn es bis zur Herbst-AMK keine Veränderungen bei den Genossenschaften gebe, werde Mecklenburg-Vorpommern über den Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung des Artikels 148 in der Gemeinsamen EU-Marktordnung stellen. Dieser vergibt den Genossenschaften innerhalb des Binnenmarktes die Sonderstellung. Für Backhaus sind die Molkereien für die mehr als 5.000 Betriebsaufgaben im Milchbereich verantwortlich.
Die Aussichten auf einen Erfolg des Gesetzentwurfs sind offen. Auf Baden-Württemberg darf Till Backhaus nicht hoffen. Im „Ländle“ ist Peter Hauk Landwirtschaftsminister von der CDU und der erteilte dem Eingriff in das Genossenschaftsrecht eine Absage. Der Vorschlag von Backhaus sei eine „Drohgebärde“. Die Molkereien sollen das zunächst einmal intern mit ihren Milchlieferanten als Eigentümer regeln.
Dünge-Verordnung
Parallel zur Pressekonferenz wurde in Berlin die Dünge-Verordnung im Bundesrat abgesegnet. Jetzt könne sie nach Schmidt am nächsten Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden, was „ein Zeichen für die Handlungsfähigkeit der Politik“ sei. Offen ist noch die Definition des „Stoffstromes“, der die Hofbilanz ersetzen wird. Während Backhaus endlich einen Anlauf für die Umsetzung ab dem 01.01.2018 sieht, ist das Thema für Robert Habeck noch nicht vorbei. Der Landwirtschaftsminister aus Schleswig-Holstein (Bündnis 90/Die Grünen). Habeck bezweifelt, dass die EU sich vor dem Hintergrund der Nitratklage mit dieser Version besänftigen lasse und trägt die Sorgen der Wasserwirtschaft, die am Mittwoch in Berlin keine Verbesserung der Trinkwassersituation sehen [2].Bemerkenswert: Über den Tagesordnungspunkt 16 „Ressortübergreifende nationale Stickstoffstrategie zur Reduzierung der Stickstoffüberschüsse“ wurde kein Beschluss gefasst.
GAP nach 2020
Die AMK will erst im Herbst ein Papier zur Gemeinsamen Agrarpolitik für die Zeit nach 2020 vorlegen. Das wäre nach der Bundestagswahl und könne nach Peter Hauk dann sachlich und seriös diskutiert werden. Dennoch zeigten sich die verschiedenen Ansichtspunkte. Christian Schmidt hat einer Umschichtung von der ersten Säule in die zweite eine Absage erteilt. Es werde aber einen Fokus auf „eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung“ geben, die von der Nutztierstrategie erarbeitet wird. Außerdem soll landwirtschaftliche Fläche bei den aktiven Landwirten bleiben. Die neue Agrarpolitik wird sehr ambitioniert sein, weil nach dem Brexit dem EU-Haushalt jährlich 10 bis 15 Milliarden und davon vier bis fünf Milliarden im Agraretat fehlen. Was in der GAP hinterlegt wird, müsse einer „Begründungsnotwendigkeit“ der Gesellschaftfolgen. Robert Habeck kritisierte daraufhin den Bundesagrarminister, weil die Absage an eine Umschichtung eine Fehleinschätzung der Situation sei.
Kastenstand
Vor dem Hintergrund des Urteil zum Kastenstand [3] gab es eine große Übereinstimmung bei den Ländern und Parteien. Die Sau soll raus und das nicht nur im Deckzentrum, sondern auch beim Abferkeln nach dänischem Vorbild. Zur Herbst-AMK soll eine Arbeitsgruppe eine politische Lösung inklusive wirtschaftlicher Übergangszeiten von 15 bis 20 Jahren ausarbeiten.
Übergeordnet haben 14 Bundesländer unter dem Thema Nationale Nutztierstrategie das Ziel ausgesprochen, „die Fleischproduktion durch eine durch die EU zu notifizierende, verpflichtende Kennzeichnung für den Verbraucher transparent zu machen.“ Also: Haltungskennzeichnung. Der Bund hat aber „erhebliche rechtliche Bedenken“ für eine Kennzeichnung im Binnenmarkt.
Geflügelpest
Die Agrarminister sehen ein häufigeres Auftreten der Geflügelpest, die bei Andauern von über 12 Wochen zu Vermarktungsproblemen bei Freilandeiern führt. Die Betriebe müssen die Ware als Bodeneier mit wirtschaftlichem Verlust verkaufen und fordern den Bund auf, die Vermarktungsnormen an die aktuelle Situation anzupassen. Bis zum Herbst soll die Frage nach einer Unterstützungsmaßnahme geregelt werden. Der Bund hat zu Protokoll gegeben, dass die Länder für die Durchführung und Finanzierung der Marktordnungsmaßnahmen zuständig sind.
EU-Ökoverordnung
Die Revision der Verordnung ist noch nicht zu Ende. 13 Bundesländer haben den Bund in einer Protokollerklärung aufgefordert, eine ablehnende Haltung in Brüssel deutlich zu machen. Das Land Bayern hat den Bund aufgefordert, die Verhandlungen einzustellen, wenn es der Ratspräsidentschaft Malta nicht gelingt, bis Sommer eine Einigung herbeizuführen. Zusammen mit Baden-Württemberg und Sachsen erklärte der Bund, dass nur die europäische Kommission einen Vorschlag zurückziehen kann.
Zukunftsstrategie Ökolandbau [4]
Bei diesem Punkt konnte niemand widersprechen. Es gibt aber eine umfangreiche Protokollerklärung der grünen Minister. Eine Mittelumschichtung innerhalb der ELER-Programme sei zu wenig. Sie fordern auch eine Stärkung der Forschung, mehr gesetzliche und administrative Förderung, den Abbau von Hemmnissen und eine zukünftige Kohärenz aller Politikbereiche auf die Aufgabe zur Umsetzung des 20-Prozent-Zieles.
Pflanzenschutzzulassung
Die AMK hat sich für eine Zulassung von Kaliumphosphonat für den ökologischen Weinbau ausgesprochen. Damit soll der ökologische Weinbau gefördert werden. Till Backhaus kritisiert den Beschluss, aber nur weil die Minister sowohl zum Thema Glyphosat als auch zum Thema allgemeine Zulassungssituation keinen Beschluss gefasst haben. Der Minister verwies auf die weniger werdenden Pflanzenschutzmittel und steigende Zahl der Resistenzen und wunderte sich über die zweigeteilte Welt des Beschlussvermögens.
Tiertransporte
13 Bundesländer haben den Bund aufgefordert, sich in der EU für ein Maximum von acht Stunden Tiertransport pro Tag einzusetzen. Nicht entwöhnte Kälber, Zicklein, Fohlen und Ferkel dürften nur im Rahmen einer tiergerechten Versorgung transportiert werden.
Kormoran, Biber und Wolf
In einigen Regionen gebe es für diese geschützten Tiere einen ausreichenden und manchmal zu hohen Bestand. Minister Backhaus fordert das Bundesagrarministerium auf, zusammen mit dem Umweltministerium den absoluten Schutz zu überprüfen, weil wirtschaftliche Schäden in der vorliegenden Form nicht länger tolerierbar seien.
Lesestoff:
[1] https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/milch-lieferbedingungen-jetzt-offiziell-in-der-kritik.html
[2] https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wasserwirtschaft-unzufrieden-mit-der-duenge-verordnung.html
[3] https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/urteil-zur-sauenhaltung-in-kastenstaenden.html
[4] https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/die-oeko-erzeugung-in-schwung-bringen.html
Roland Krieg; Foto: roRo