Ackerbautagung des DBV

Landwirtschaft

„Ackerbau ist gelebte Agrikultur“

Die erste Ackerbautagung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in Berlin will den Stellenwert des Ackerbaus in der Landwirtschaft unterstreichen. Werner Schwarz, Vizepräsident des DBV, bemüht sogar den großen Rahmen: „Ackerbau ist gelebte Agrikultur“. Er habe die Sesshaftigkeit des Menschen und seine kulturelle Entwicklung in der so genannten neolithischen Revolution erst eingeleitet.
Doch ähnlich wie die Tierhaltung steht auch der Ackerbau in öffentlicher Kritik. Schwarz bezeichnete das Neonicotinoidverbot als massiven Eingriff in die Landwirtschaft und ein möglichen Aus der deutschen Rapsproduktion [1]. Das Thema zeige aber auch, wie eine Diskussion gegen die Bauern beherrscht werden kann. Der Ackerbau in Deutschland und weiten Teilen der EU findet n klimatisch begünstigten Regionen statt und dürfe in seinem Potenzial durch agrarpolitisches Greening nicht eingeschränkt werden.

Hochwasserschutz nur mit Landwirten

Wolfgang Vogel, Vorsitzender des DBV-Fachausschusses für Getreide, nahm zum Thema Hochwasser Stellung. Bis zu 20.000 Betriebe sind betroffen, rund 300.000 Hektar Acker- und Grünland überflutet, der Schaden an Land, verloren gegangener Ernte und Gebäuden belaufe sich auf etwa 400 Millionen Euro.
Verärgert sind die Bauern über die Aussagen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der für mehr Hochwasserschutz Flächen enteignen will. Die Bauern wollen nach Vogel mehr Überflutungsflächen abgeben, denn sie sind mit die ersten, die Schäden zu beklagen haben. Hochwasserschutz gehe nur mit den Bauern. Höhere Flutschutzmauern entlang von Dörfern verteile das Wasser nur auf nachfolgende Flächen, die dann einem stärkerem Wasserstrom ausgesetzt sind. Werner Vogel gibt die Reihenfolge vor, mit der die Politik das Thema angehen muss. Erst müsse über eine Entschädigung verhandelt werden, danach können die Polder gebaut werden.
Welche Auswirkungen das Hochwasser auf die Ente 2013 haben wird, steht noch nicht fest. In den nicht betroffenen Gebieten entwickelten sich die Getreidebestände sehr zufriedenstellend, sagte Vogel. Dennoch stehe den Bauern wegen des langen Winters ein schwieriges Verarbeitungsjahr bevor. Der Lebensmitteleinzelhandel müsste Abstriche bei den Qualitäten machen, was nach Vogel nur ein Zugeständnis sei, dass der Ackerbau witterungsabhängige Kulturprodukte produziert.

Mehr Sorgfalt walten lassen

Matthias Horsch, Geschäftsführer seiner Landmaschinenfirma, blickt weit in die Zukunft. Getreide wird zu 70 Prozent nur auf einem schmalen Eintausend Kilometer breiten Streifen zwischen dem 45. und 55. Grad nördlicher Breite angebaut. Die 2,4 Milliarden Tonnen, die in diesem Jahr wohl geerntet werden, reichen gerade einmal aus, um die gestiegene Nachfrage zu decken. Horsch hält weder die fehlende Technik noch den Einsatz von Düngemittel für den Flaschenhals der Nahrungsversorgung, sondern den Zugang zu Wasser. Das Problem sei, dass auf den gut entwickelten Standorten die Getreideerträge zum Stillstand gekommen sind. Für die künftige Versorgung müssen die Bauern mehr auf ihre Ressourcen achten, denn in vielen Regionen werden die Felder „abtragend bewirtschaftet“.

Kasachstan hat beispielsweise die kanadische Fruchtfolge aus den 1970er Jahren übernommen. Beide Regionen sind sich sehr ähnlich. Dreimal Sommerweizen nach einem Jahr Brache. Heute ernten die Kanadier 2,3 Tonnen Getreide, die Kasachen aber nur 1,2 Tonnen von einem Hektar. Die Kandier haben wissenschaftsbasiert einmal Weizen fallen lassen und die Brache durch einen Zwischenfruchtanbau ersetzt. Zudem düngen sie gezielt nach Nährstoffentzug. Die Kasachen hingegen halten seit 30 Jahren an ihrem Anbau fest. Da ist fatal, so Horsch. Lag der Stickstoffanteil in den ersten 40 Zentimeter Bodenkrume zu Beginn noch bei 29,6 Kilogramm je Hektar, sind es heute nur noch 17,9 Kilo. Heute pflügen sie tiefer und holen den Humus aus einem halben Meter Tiefe an die Bodenoberfläche. In trockenen Jahren erleiden sie mittlerweile regelmäßig Ernteeinbußen. Auf Düngemittel wollen sie aber auf dem Schwarzerdeboden weiterhin verzichten, weil der Aufwand bei den geringen Getreidepreisen nicht mehr herauszuholen sei. Nach Horsch findet diese „abtragende Wirtschaftsweise“ in ganz Russland statt – was offen niemand anzusprechen wage.

Die Gentechnik ist für Horsch ein weiteres Beispiel: Die erste Generation der GVO-Pflanzen habe aus schlechten Landwirten gute und aus Kleinbauern große Landwirte gemacht. Erst der GVO-Anbau habe mit seinem Komplettpaket der Pflanzenschutzmittelanwendung das managen von großen Flächen in Lateinamerika ermöglicht. Doch nur wegen dieses „negativen Erfolges“ sei die grüne Gentechnik nicht schlecht. Forschung und neue Anwendungen müssen angesichts der knappen Ressourcen und des steigenden Bedarfs auch weiter in Betracht gezogen werden.

Lesestoff:

[1] Neonicotinoide trudeln auf ein Verbot zu

Roland Krieg

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