Ackerkulturen durch Pandemie kaum betroffen

Landwirtschaft

Rohstoffhandel wird weiter wachsen

Die Pandemie hat nach Austausch von mehr als 100 internationalen Wissenschaftlern auf der Online-Konferenz „agribenchmark Cash Crop Conference“ vom Thünen-Institut nur geringe Auswirkungen auf den weltweiten Pflanzenbau gehabt. Im Gegensatz zur tierischen Veredlung und dem Gartenbau wird der internationale Rohstoffhandel bestehen bleiben. Markt-Analyst Klaus-Dieter Schumacher berichtete auf dem Netzwerkforum der Agrarökonomen, dass viele Importländer für Weizen und Ölsaaten kaum ein Produktionspotenzial für eine Importsubstitution haben.

Zucker und Mais unter Druck

In den USA und Brasilien hat der Einbruch des Kraftstoff- und Ethanolverbrauchs allerdings zu massiven Einbußen geführt. In den USA stellten die Ethanolfabriken die Produktion ein und die Maisvorräte stiegen deutlich an. Mindestens kurzfristig stehen die Maispreise unter Druck. In Brasilien haben die Zuckerfabriken wegen der schwindenden Ethanolnachfrage vermehrt Zucker produziert und erhöhen den Preisdruck auf dem Weltmarkt.

Mais und Soja in der Schwarzmeerregion

Typische Betriebe in Russland und der Ukraine erlebten 2019 ein weiteres recht gutes Jahr. Die Grundlage für diesen Erfolg ist eine steigende Mais- und Sojabohnenproduktion. Beide Kulturen spielten in beiden Ländern noch vor 10 Jahren kaum eine Rolle. Heute nehmen sie mindestens die Hälfte der Anbaufläche der typischen Betriebe ein. Bei Sojabohnen trifft dieser positive Befund zu – trotz noch relativ geringer Erträge von rund zwei Tonnen je Hektar – allerdings bei Preisen leicht über dem US-Niveau. Bei Mais nähert sich das Ertragsniveau mit zehn t/ha und mehr den hochentwickelten westlichen Produktionssystemen an.

EU: Uneinheitlich

Aufgrund regelmäßiger Erträge und meist stabiler Ab-Hof-Preise war 2019 für die meisten Landwirte ein eher normales Jahr. In der EU war das Bild uneinheitlicher: Typische Betriebe in Frankreich, Großbritannien und Spanien verzeichneten einen Gewinnrückgang, während deutsche, dänische und schwedische Betriebe bessere Ergebnisse erzielten als 2017 und 2018. Für die USA ist das recht positive Bild jedoch nur aufgrund eines Anstiegs der gekoppelten Subventionen (ca. 160 $/ha) zutreffend. Sie sollen die Landwirte für die Verluste aufgrund des Handelskonflikts mit China entschädigen. Die kanadischen Produzenten litten unter der gleichen Art von Konflikten – China reduzierte die Rapsimporte massiv.

EU-Soja?

Eiweißstrategien der EU und einzelner Länder forcieren die Substitution von importiertem Soja. Entlang des Großraums Donau bauen Landwirte selbst Soja an. Thünen-Ökonom Thies Böttcher: „Die Ökonomie des Sojabohnenanbaus sieht in diesen Ländern `auf dem Papier` oft schön aus – hauptsächlich verursacht durch deutliche Ertragssteigerungen. Die Herausforderungen einer richtigen Bewirtschaftung der Kulturpflanze – sowohl in agronomischer Hinsicht als auch bei der Vermarktung – sind jedoch beträchtlich.“ Daher sollte der Austausch zwischen den Produzenten über Produktionstechniken sowie die Zusammenarbeit der Erzeuger zur Bündelung des Angebots gefördert werden. Um die Ertragsrisiken der Landwirte zu mindern, wäre auch eine kulturspezifische und befristete Ernteversicherung hilfreich.

Kasachstan und Äthiopien

Neue agri benchmark Partner aus diesen beiden Ländern berichteten über strategische Veränderungen in der Pflanzenproduktion. In Kasachstan fördert die Regierung die Diversifizierung der Pflanzenproduktion weg von Weizen und hin zu hochwertigeren Feldfrüchten. Angesichts langer und kostspieliger Transporte sind diese eher transportwürdig und damit für den Export attraktiv. Dass diese Strategie Wirkungen hat, betonte die kasachische agri benchmark Partnerin Aizhan Karabajewa: „Tatsächlich ist die Weizenfläche gegenüber 2009 um 22 % zurückgegangen.“ Mesay Yami aus Äthiopien präsentierte erste Ergebnisse über ein neu gestartetes Bewässerungsprojekt im Weizenanbau, das der Importsubstitution dient.

Kosten der Reduzierung Pflanzenschutzes

Wie kürzlich in ihrer Strategie „Farm to Fork“ bekräftigt wurde, strebt die EU an, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die damit verbundenen Risiken insgesamt zu reduzieren. Daher führt agri benchmark ein Projekt zur Machbarkeit solcher Reduktionsstrategien und den entsprechenden Kosten für die Landwirte durch. Auf der Grundlage vorläufiger Ergebnisse kam Marcel Dehler, Mitarbeiter des Thünen-Instituts, zu dem Schluss: „Bei Reihenkulturen wie Zuckerrüben ist eine signifikante Reduzierung der Risiken ohne wesentlich höhere Kosten möglich. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass sich bei Kulturen wie Weizen ein ganz anderes Bild ergibt.“

Michael Welling (Thünen-Institut)

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