Änderung der Jagdverordnung wegen ASP

Landwirtschaft

Kabinett beschließt differenzierte Maßnahmen

Schweine Lettland
Hinterhofhaltung in Lettland. Zwei Schweine für den Bauern, eines in Lohnmast für den Schwager

Am Mittwoch hat das Bundeskabinett die Änderung der Jagdverordnung beschlossen. Vor dem Hintergrund der drohenden Afrikanischen Schweinepest, dessen Virus nur noch rund 350 Kilometer von Deutschland entfernt ist, hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt im Bundestag die Chance genutzt, die Sachlage differenziert darzulegen.

Zunächst einmal setzen die neuen Regelungen zum Teil europäisches Recht um. Dazu gehören u.a.:

Ausweitung der Maßnahmen zur Erkennung der ASP auf Pufferzonen.

Ausdehnung des Gebietes, in dem bei einem ASP-Ausbruch in einem benachbarten Staat, im Inland vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden können von 10 Kilometer auf 100 Kilometer ab Grenze.

Die Verwendung von im gefährdeten Gebiet gewonnenen Gras, Heu und Stroh für Schweine ist grundsätzlich verboten. Weder als Futter noch als Beschäftigungsmaterial. Dadurch kann die ASP passiv eingeschleppt werden.

Erweiterung der Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde, erlegte Wildschweine zu kennzeichnen, zu untersuchen und bestimmten Stellen zuzuführen.

Darüber hinaus ist künftig eine ganzjährige Bejagung von Wildschweinen zulässig. Die durch milde Winter erheblich angewachsenen Wildschweinbestände sollen ausgedünnt und so das Risiko eines Einschleppens der ASP vermindert werden [1].

Da es keine Meldepflicht für Wildtiere gibt, ist die Zahl der Wildschweine in Deutschland nicht bekannt. Dass der Bestand dennoch zu hoch ist, ergibt sich aus der steigenden Jagdstrecke und den Beobachtungen der Jägerschaft. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will sich nicht auf konkrete Abschussquoten festlegen. Die Schonzeit für Schwarzwild wird aber aufgehoben, sofern einzelne Bundesländer das nicht schon bereits getan haben. Schmidt betont, dass auch Bachen geschossen werden dürfen. Muttertiere werden nur geschont, wenn die Frischlinge sich nicht allein fortbewegen können. Es gehe auch nicht um eine Ausmerzung des Bestandes, was Nachzug und Bewegung in einer Region erhöht. Schmidt verlässt sich auf die Erfahrung der Jäger.

Neben dem Wildschwein ist die Einschleppung über Lebensmittel eine große Gefahr. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt: „Der Faktor Mensch spielt also eine entscheidende Rolle.“ In dem Zusammenhang hat Schmidt die europäische Lebensmittelkontrolle verteidigt. Zuletzt machte Sorge über polnische Rohwurst die Runde. Innerhalb Europas wird die Herkunft gekennzeichnet und verifiziert. Wenn solche Lebensmittel nicht aus gefährdeten Regionen stammen, sind sie sicher und sollten gehandelt werden. Schmidt verteidigt das Prinzip der Regionalisierung aus eigenem Interesse, falls das Virus an einem Ort in Deutschland auftritt. Schmidt verweist auf Tschechien, wo es bis heute gelungen ist einen singulären Ausbruch auf ein Gebiet von 40 Quadratkilometer einzugrenzen.

Ein besonderes Problem könnte der Jagdtourismus bilden. Während an den Grenzen Viehtransporter gereinigt werden, fahren die Jäger nach einer Jagd im Osten eventuell unbedarft wieder zurück in den Westen. Die Jagdverbände sollen ihre Mitglieder an die eigene Risikovorsorge erinnern.

Es ist sind aber nicht das Wildschwein und das Lebensmittel allein. Milde Winter und „gedeckte Tafeln“ auf den Äckern haben auch den Rotwildbestand in den letzten Jahren ansteigen lassen. Der Bund will Landwirte bei der Anlage von Jagdschneisen unterstützen. Weitergehende Eingriffe in den Ackerbau sind aber nicht geplant.

Ebenso will Schmidt die Agrarstruktur von einem Seuchengeschehen auseinanderhalten. Möglicherwiese könnten Bestände von mehreren zehntausend Schweinen gekeult werden müssen. Schmidt will nicht daran denken, aber Notwendigkeiten die Agrarstruktur präventiv anzupassen gehört nicht zu den Zielen der Bundesregierung. „Bisher sind unsere Bekämpfungsmaßnahmen erfolgreich“, sagte Schmidt.

Im Gegensatz zum Virus der aviären Influenza ist das Virus der ASP weniger mutationsfreudig. Wissenschaftler befinden das Virus als stabil und damit die Wahrscheinlichkeit für gering, dass es in absehbarer Zeit auch für Menschen gefährlich werden kann. Schmidt betont, dass weltweit mit Hochdruck an einem Impfstoff geforscht wird.

Bisher funktioniere die Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Am nächsten Montag wird es eine Bund-Länder-Konferenz zum Thema Afrikanische Schweinepest geben.

In einem Interview mit dem Deutschen Jagdverband (DJV) sieht die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) die Hauptverantwortung beim Menschen. Entfernungen von mehr als 1.000 Kilometer sprächen gegen die Verbreitung von Wildschweinen. „Die meisten Wildschweine sterben innerhalb von zwei Tagen nach der Infektion, sie können das Virus gar nicht weiter transportieren“, sagt Dr. Susanne Hartmann. Für die beste Variante eines Impfstoffes sieht die Tierärztin allerdings kein Interesse bei der Pharmaindustrie, weil kein Absatzmarkt vorhanden ist. Zudem fahre die EU eine „Nicht-Impf-Politik“, weil geimpfte Tiere international weniger gut gehandelt werden. Geimpfte Tiere überdecken, dass sie den Virus in sich tragen. Die vom Bauernverband erhobenen 70 Prozent Reduzierung der Wildschweinpopulation hält Dr. Hartmann für „populistisch. Wer weiß schon, wie viele Wildschweine in Deutschland leben? Und was sind 70 Prozent von unbekannt?“ [2]

Lesestoff:

[1] Alle Details finden Sie auf www.bmel.de

[2] Das ganze Interview lesen Sie auf www.jagdverband.de

Angst hält sich nicht an die Regionalsierung: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/asp-das-maerchen-von-der-regionalisierung.html

Impfung oder Genom Editing? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/asp-resistente-schweine.html

Wilde Pläne mit dem Wildschwein: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wilde-plaene-mit-dem-wildschwein.html

Roland Krieg; Foto: roRo

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