Änderung des Arzneimittelgesetzes
Landwirtschaft
BMELV-Vorschlag zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat am Dienstag Details über einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, vor dem Hintergrund des Antibiotika-Themas das Arzneimittelgesetz zu ändern. Damit soll die Menge an verwendeten Antibiotika reduziert werden. „Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion: eine restriktive und auf ein Minimum beschränkte Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung, eine konsequente Überwachung der einschlägigen Regelungen und Anwendung von Antibiotika durch die Länderbehörden sowie, wo erforderlich, eine konsequente Ahndung von Verstößen“, erklärte Aigner.
Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:
Die Überwachungsbehörden der Bundesländer werden einen erweiterten Zugriff auf die erfassten Abgabemengen von Antibiotika zu Monitoringzwecken erhalten, der auch eine verbesserte Überwachungsplanung ermöglicht.
Tierärzte werden verpflichtet, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der Bundesländer alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Damit wird die Überwachung deutlich erleichtert, Kontrollen werden vereinfacht und beschleunigt.
Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, soll die Möglichkeit zur Umwidmung drastisch eingeschränkt werden. Human-Arzneimittel dürfen demnach künftig nur noch unter besonderen Voraussetzungen außerhalb der Zulassung in der Tiermedizin eingesetzt werden..
Beim Wechsel eines Wirkstoffes und vor einer eventuell erforderlichen Umwidmung sowie bei der wiederholten Anwendung eines Wirkstoffes wird die Erstellung eines sogenannten „Antibiogramms“, also einer Laboruntersuchung über die Wirksamkeit eines Antibiotikums, verpflichtend vorgeschrieben.
Die mit der Zulassung eines Antibiotikums festgelegten Anwendungsbestimmungen der Packungsbeilage werden für den Tierarzt verbindlich gemacht, eine Abweichung davon wird untersagt.
Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert: Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten.
Auch außerhalb des Arzneimittelrechts soll die Transparenz über die Antibiotika-Anwendung erhöht werden und einen restriktiveren Einsatz bewirken. So soll künftig die Zeitspanne, für die der Arzneimittel-Einsatz vor der Schlachtung bestimmter Schlachttiere und Verarbeitung eines Tieres zu dokumentieren und zu übermitteln ist, deutlich ausgeweitet werden. Geregelt werden kann dies im Rahmen der Lebensmittel-Hygienevorschriften. Damit haben die verarbeitenden Betriebe künftig noch genauere Informationen über den Gesundheitsstatus der Tiere.
Dispensierrecht im Visier
Auch das Dispensierrecht der Veterinäre könnte eingeschränkt werden. Mit Hilfe einer Ausnahmeregelung können die Veterinäre Medikamente selbst verkaufen, was sonst nur Apotheken vorbehalten ist. Das BMELV will die Vor- und Nachteile der Einschränkung prüfen.
Schröder fordert Umbau der Tierhaltung
Die Kürzung der Medikamentenabgabe ist für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes zu kurz gegriffen. Schröder fordert einen grundlegenden Systemwechsel in der Tierhaltung: „kleinere Bestände, geringere Besatzdichten, tiergerechte Ausgestaltung der Haltung“.
„Mogelpackung“
Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes
Remmel geht auf Konfrontationskurs zu Aigner und bezeichnet den Gesetzesentwurf
als „Mogelpackung“. Auch die Änderungen würden keine genaue „Nachverfolgung der
Antibiotika-Ströme“ ermöglichen, so Remmel. Solange die Leitlinien der Veterinäre
nicht verpflichtend werden, könnte unter dem Deckmantel der Therapiefreiheit
weiterhin nach Gutdünken Antibiotika verabreicht werden. Zudem fehlt Remmel ein
quantitatives Reduktionsziel, wie es Nordrhein-Westfalen und gestern der BUND
vorgeschlagen haben: 50 Prozent in den nächsten drei Jahren.
Aigner will die Angaben, wo Antibiotika verabreicht
werden, nach Postleitzahlen aufschlüsseln. Damit könnten die Länder jedoch
nichts anfangen, so Remmel. Zudem sind nur die beiden ersten Postleitzahlen im
Gespräch, so dass eine betriebsgenaue Zuordnung nicht erfolgen kann.
Antibiotika-Konferenz und –Datenbank
Ab heute sammelt Nordrhein-Westfalen die Nutzung der Antibiotika in einer eigenen Datenbank. Zudem ruft Remmel Politik, Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen zu einer „nationalen Antibiotika-Konferenz“ auf.
Lesestoff:
Resistente Keime im Geflügelfleisch
roRo