Afrikas Sicht auf die EPAs

Landwirtschaft

Ernährungssouveränität statt einseitigem Handel

Das Freihandelsabkommen (Economic Partnership Agreement – EPA) zwischen der Europäischen Union und den Afrkia-Karibik-Pazifik-Staaten (AKP) schwelt vor sich hin und hat den Zielpunkt Ende 2007 fertig zu sein, schon deutlich überschritten. Zeit immer noch Stellung zu nehmen. So haben afrikanische Parlamentarier und Bauernvertreter auf ihrer zehntägigen Delegationsreise durch Europa auch in Berlin Halt gemacht, um die Sicht Afrikas auf die EPAs darzulegen.

„EPA verursachen Armut“
Catherine Kemura, Vorsitzende für Handel und Kommunikation der East Africa Legislation Assembly (EALA) in Kenia, berichtet, dass die Bauern von den Handelsabkommen nicht profitieren werden können. Das könnten nur diejenigen, die für den Weltmarkt produzieren. Hingegen gehe der Nutzen an den Bauern vorbei, die für den eigenen Markt produzieren, oder gar noch nicht einmal an diesen angeschlossen sind.
Am Beispiel Zucker zeigt sie auf, dass nur die Bauern profitieren, die mit Technik und Betriebsmitteln aus Amerika und Europa produzieren. Das allerdings mache den Zucker so teuer, dass er auf dem lokalen Markt keine Käufer findet. Aus diesem Grund bleibt der importierte und meist raffinierte Zucker immer preiswerter als der Einheimische. Der unfaire Handel zeichnet sich auch darin aus, dass die Produzenten lediglich Rohstoffe exportieren dürfen und keine eigene Wertschöpfung durch verarbeitet Produkte erzielen, weil deren Zölle für den Export viel zu hoch seien. Auf diese weise werden die EPAs nur die Armut mehren.
Die EALA ist ein Zusammenschluss von fünf afrikanischen Ländern. Neben Kenia wollen Uganda, Tansania, Ruanda und Burundi zunächst einmal einen eigenen „Binnenmarkt“ schaffen. Kemura sieht darin eine Chance, über Investitionsstrukturen, Infrastrukturangelegenheiten oder Eigentumsrechte zunächst einmal selbst Regeln zu finden. Danach könne man auf Augenhöhe mit der EU verhandeln. Derzeit liesen sich die afrikanischen Parlamentarier die Verhandlungsgegenstände durch die Brüsseler Bürokraten aus der Hand nehmen, so Kemura.

Soforthilfe EU
Am Donnerstag erklärte die EU, dass sie fast 250 Millionen Euro für die Not leidende Bevölkerung in 12 afrikanischen Ländern bereitstellt. Der EU-Kommissar für Entwicklung und humanitäre Hilfe, Louis Michel, erklärte: „Europa beweist hiermit erneut seine Bereitschaft zur Hilfe. Eine Hilfe, die unverzichtbar ist, um in den humanitären Krisengebieten auf dem afrikanischen Kontinent Leben zu retten und das Leid der Bevölkerung zu lindern. So helfen wir in Simbabwe, wo die lokalen Kapazitäten zur Behandlung der Cholera-Epidemie fast vollständig erschöpft sind. Auch in der Region Darfur im Sudan ist unsere Hilfe unverzichtbar. Und es gibt viele weitere humanitäre Krisen, von denen Millionen Menschen betroffen sind, die ohne Unterstützung von außen nicht überleben könnten. Mehr als die Hälfte der von der Europäischen Kommission bereitgestellten Soforthilfe fließt nach Afrika.“

Unterschiede zu groß
Der Milchmarkt symbolisiert die verschiedenen Welten, die bei den EPAs aufeinander treffen. In der Eu gibt es eine hochmoderne Agrarindustrie, die mit hohem Kapitaleinsatz viel Milch produziert und sie gerade durch die wiedereingeführte Exporterstattung wieder exportiert. Auf der anderen Seite gibt es zwar auch in Sambia viel Milch, doch wird sie dort durch eine sehr große Anzahl von Kleinbauern und in einer Subsistenzwirtschaft produziert, so Mary Sakala, Milchbäuerin aus Sambia und Vorsitzende des ostafrikanischen Bauernnetzwerkes ESAFF. Die Milch ist für die Bauern das wichtigste Einkommen, steht aber wegen der Importe aus der EU unter Druck. So haben die Bauern keine eigene Entwicklungsmöglichkeiten, obwohl vieles gemacht werden muss, sagt die Bäuerin. Auch die sambischen Milchbauern wollen effektiver produzieren, mehr und qualitativere Milch produzieren und die Tiergesundheit verbessern. Doch das braucht Zeit und Geld. Der zukünftige Freihandel werde die Situation der Bauern nicht verbessern, fürchtet Sakala.

Handel gegen Entwicklung
Mit Ruthpearl Wanjiru Ngángá ist auch eine Vertreterin der Agentur für Entwicklungszusammenarbeit und -forschung (ACORD) aus Kenia auf dem Podium. Sie sieht zwar die bedeutende Rolle der afrikanischen Bauerngruppen, Nichtregierungsorganisationen und oppositionellen Parlamentariern, doch hätten sie bislang keinen Einfluss auf die Diskussion gehabt. Bei den Verhandlungen werden nicht die Interessen Afrikas vertreten und Wanjiru Ngángá fürchtet, dass sich Afrika unterschiedlich entwickelt. Die EU verhandelt sowohl mit gruppierten als auch mit einzelnen Ländern. Das könne zu unterwschiedlichen ergebnissen und Entwicklungsgeschwindigkeiten führen, so dass Afrika durch die EPAs regional aufgespalten wird. Wanjiru sieht bei den EPAs aber auch Chancen. Wenn es Afrika gelingt, die Ergebnisse für eine Entwicklung der Kleinbauern zu gestalten, die 70 Prozent aller Bauern ausmachen.

Ernährungssouveränität
Vereinzelt gibt es Stimmen, die das Thema Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums aus der WTO wieder auskoppeln wollen. Die Nepad-Konferenz in Hamburg zeigte im vergangenen Jahr auf, dass es in Afrika auch an guter Regierungsführung fehlt. Darüber sprach Herd-und-Hof.de mit Ruthpearl Wanjiru Ngángá: Beides sind in der Tat große und richtige Themen, sagte sie. Die WTO ist kommerziell ausgerichtet und solle sich um Rohstoffe wie Erdöl oder Mineralien kümmern. Hingegen sei die Landwirtschaft zu eng mit einer entwicklung verbunden und könnte federführend von der FAO in Rom übernommen werden.
Sie beklagte auch, dass einige Regierungen in Afrika Defizite in den Bereichen Transparenz und Demokratie haben und das bei besserer Regierungsführung die EPAs mehr in afrikanischem Interesse ausfallen würden. Hinter beiden steht das übergeordnete Ziel der Ernährungssouveränität. Das zu erreichen helfe den Menschen am meisten.

Lesestoff:
Mehr zu den EPAs finden sie unter www.germanwatch.org und www.oxfam.de.
EALA hat unter www.eac.int/eala.html eine eigene Webseite.
Über die Neugestaltung der Entwicklungshilfe machte sich ein Kongress vom BMZ in Berlin Gedanken.
Den zweiteiligen Bericht über die Nepad-Konferenz auf Herd-und-Hof.de finden Sie hier.
Hier geht es zu einem älteren EPA-Bericht auf Herd-und-Hof.de
Auf der Grünen Woche sorgte die Wiedereinführung der Exporterstattung für Molkereiprodukte für Wirbel.
Das Thema Ernährungssouveränität stand auf dem letzten Kongress „Recht auf Nahrung“ auf der Agenda.

Roland Krieg

Zurück