Agrarminister fordern grüne "Grüne Revolution"
Landwirtschaft
Agrarministertreffen in Berlin
Der neue FAO-Generalsekretär José Graziano da Silva hatte auf dem Internationalen Agrarministergipfel während der Grünen Woche seinen ersten öffentlichen Auftritt und legte noch einmal seine Schwerpunkte1) für die kommenden Jahre fest. Künftig neun Milliarden Menschen ernähren zu müssen und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen erforderten eine grüne „Grüne Revolution“, so da Silva. Auch die großbäuerliche Landwirtschaft müsste nachhaltiger werden.
Im Fokus steht neben einer notwendigen Produktionssteigerung
in den Entwicklungsländer auch der Übermäßige Konsum mit seinen Folgen in den
Industrieländern. Da Silva rechnete vor, dass die Industrieländer mit 222
Millionen Tonnen Lebensmittel ein Volumen auf den Müll werfen, der so hoch ist,
wie gesamte Nahrungsmittelnettoproduktion in Afrika südlich der Sahara.
Hauptziel der Entwicklungshilfe sind die zwei
Milliarden Menschen, die auf und von Betrieben leben, die kleiner als zwei
Hektar sind. Die Nahrungsmittelerzeugung
müsse sich nicht nur auf den ländlichen Raum konzentrieren, denn die
zunehmende Verstädterung erzwinge auch Lösungen in der Stadt und im stadtnahen
Raum.
Herausforderungen angenommen
Brasilien habe die Herausfor-derungen angenommen,
erläuterte Mendes Ribeiro Filho, Landwirtschafts-minister aus Brasilien.
„Nachhaltigkeit sei eine Verpflichtung“, so Filho. Sein Land habe die Armut um
die Hälfte verringern können und sich zu einem der großen Agrarexporteure
aufgeschwungen2). Zunächst müssten die Entwicklungsländer ihre
Krisen überwinden, bevor sie Landwirtschaft und Umwelt wieder in Einklang
bringen können.
Indonesien kämpft noch mit sich selbst. Rund 17.000
Inseln bilden den Staat und 60 Prozent der Bevölkerung leben auf Java. Dort
werde auch das meiste an Nahrungsmitteln produziert, doch haben die
Kleinstbauern weniger als einen halben Hektar zur Verfügung, erläuterte
Landwirtschaftsminister Sayraf Suswono. Mit Verbesserung der Bewässerung,
Reisbeihilfen und Einsatz natürlicher statt chemischer Pflanzenschutzmittel
wolle Indonesien die seine Reisproduktion von 37 auf 47 Millionen Tonnen
erhöhen. Dann könne man sich selbst ernähren und sei nicht mehr von den
volatilen Reispreisen auf den Weltmärkten abhängig.
200 Reissorten habe man ständig in Entwicklung.
Darunter sind auch gentechnisch veränderte Sorten, die einen 1,5-fachen Ertrag
versprechen. Die Indonesier haben mit 100 Kilogramm Reis pro Kopf und Jahr ein
reisorientierte Ernährung, was das Problem verschärfe, so Suswono. Um davon
wegzukommen, sei eine lange Sozialisation nötig. In der Landwirtschaft gehe das
schneller. Sechs Wirtschaftsregionen wurden zur Förderung der Wirtschaft
aufgestellt, für die Landwirtschaft bedeute das Intensivierung der
Kleintierhaltung und Diversifizierung der Betriebe.
Mit Blick auf die Industrieländer äußerte Suswono die
Hoffnung, dass sie ihren Konsum so ändern, dass auch genug für die
Entwicklungsländer bleibe. Sie sollten im Bereich der Landwirtschaft die
Priorität auf die Nahrungsmittelproduktion setzen.Wie schwer die Weg zur Eigenversorgung ist, legte
kenianische Landwirtschafts-ministerin Sally Jemng´etich Kosgei dar. Vor allem
in Norden und Nordosten mangelt es Wasser. Wenn dass flutartige Regenfälle
auftreten, wie im letzten Jahr, werde ein Teil der Getreidelagerung einfach
fortgespült. Kenia woll die Rahmenbedingungen so stärken, dass Kleinbauern
leichteren Zugang zu Betriebsmitteln und Land habe. Der gerade entflammte Krieg
mit Somalia binde jedoch nicht nur in Kenia Mittel, die für eine bessere
Selbstversorgung notwendig seien.
In Kenia müssten bessere Lagermöglichkeiten entstehen.
Außerdem müsse der Mais in schlechten Jahren vor dem einlagern getrocknet
werden, um die Bildung von Aflatoxinen zu verhindern. Die staatlichen
Trocknungsstellen werden jedoch noch zu wenig angenommen, solange es trockene
und gute Jahre für die Maisernte gibt. Auch bei der Bewässerung muss die
Regierung ihre Beratung intensivieren. Das Wort löse bei den Bauern
Vorstellungen von großen Dämmen aus, dabei geht es vor allem um kleine
effiziente Bewässerungssysteme.
Nicht alle haben die Themen verstanden
Die Agrarminister haben vom großen Rahmen bis hinunter
zur Bewässerung bäuerlicher Betriebe alles angesprochen, was auch von den
nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen ständig bemängelt wird. Das ist ein
Fortschritt.
Nicht alle haben jedoch alles verstanden. So ist das
Thema Land Grabing für die chinesische Vize-Landwirtschaftsministerin Yuziang
Zhang kein Thema. Sie verstieg sich sogar zu der Behauptung, China kaufe und
pachte keine Ländereien in Übersee und verfolge das Thema Selbstversorgung3).
Agrar- oder Entwicklungspolitik
Nach EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos müsse zwar die
EU-Agrarpolitik so gestaltet werden, dass sie keine negativen Auswirkungen auf
andere Länder habe, doch zur Umsetzung von Entwicklung seien die
Entwicklungsministerien zuständig.
Zum Abschluss des Gipfels
überreichte Aigner das Kommuniqué mit dem Titel „Ernährungssicherung durch
nachhaltiges Wachstum – Landwirtschaftliche Nutzung knapper Ressourcen“
symbolisch an ihren brasilianischen Amtskollegen Jorge Alberto Mendes Ribeiro.
Die Ergebnisse sollen in laufende internationale Verhandlungen eingespeist und
insbesondere auf der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung im Juni 2012 in
Rio de Janeiro diskutiert werden.
Lesestoff:
1) Antrittsrede da Silva in Rom
2) Exportnation Brasilien
3) Chinesische Firma will 300.000 Hektar Land in Patagonien pachten, ist auch schon in Bulgarien aktiv. Das US Grains Council legte im Herbst dar, dass China sein Selbstversorungsziel bei Soja aufgegeben hat.
Roland Krieg (Text und Fotos)
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