Agrarminister Friedrich in der VDAJ-Fragestunde
Landwirtschaft
Friedrich auf dem Weg zu einer eigenen Position
Selbstsicher, jovial und mit verschmitzten Gegenfragen präsentierte sich der neue Agrarminister Dr. Hans-Peter Friedrich erstmals außerhalb des Ministeriums gleich in der Fragestunde der Agrarjournalisten vor Beginn der Grünen Woche in Berlin.
Landwirtschaft und Ernährung sind seine politischen Leidenschaften, bekannte Friedrich und Landwirtschaft sei klassische Wirtschaftspolitik. Seine Heimat, das Frankenland, zeige, welche gestalterischen Prinzipien aus Landwirtschaft und Ernährung Wirkung für den ländlichen Raum haben. Auch auf den internationalen Märkten werbe das Gütesiegel „Made in Germany“ für qualitativ hochwertige Produkte. Zu Hause achten 57 Prozent der Verbraucher auf regionale Herkunft. Deshalb wird Friedrich das Regionalfenster auch auf der Grünen Woche fortführen. Eigens zur Grünen Woche hat das Bundeslandwirtschaftsministerium eine Umfrage dazu gestartet. Mehr als 40 Prozent achten beim Einkauf auch auf Tierschutz, Nachhaltigkeit und die biologischen Anbauverfahren.
Genauso wie die Charta für Landwirtschaft und Verbraucher, die seine Vorgängerin Ilse Aigner ebenfalls zur Grünen Woche vorstellte. Mit Blick auf das Forum der internationalen Landwirtschaftsminister fragte Friedrich: „Müssen wir mit der Zunahme von Monostrukturen leben und nicht vielmehr Vielfalt schaffen?“
Doch nicht immer sind die Aussagen so klar gewesen. Die 200 Millionen Euro, die von der Agrarministerkonferenz für die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) eingefordert wurden, fanden nicht den Weg in den Koalitionsvertrag. Dafür versprach Friedrich, die GAK zu einer Gemeinschaftsaufgabe für die ländliche Entwicklung zu machen.
Ökologischer Vorrang mit Düngung und Pflanzenschutz
Aus den von der EU geforderten ökologischen Vorrangflächen will Friedrich keine Stillegungsflächen machen. Bestimmte Auflagen würden aber faktisch zu einer Stilllegung führen. Zunächst noch umständlich, erklärte Friedrich, es sei nicht falsch, kranke Pflanzen mit Pflanzenschutzmitteln zu heilen – der Anbau auf den Flächen brauche aber einen ausreichenden Deckungsbeitrag – bis er dann doch Tacheles redete: Düngung und Pflanzenschutz müssen auf den ökologischen Vorrangflächen erlaubt sein.
Parlamentarisches Gentechnik-Chaos
Ähnlich wich er zunächst der Frage zur Zulassung des gentechnisch veränderten Mais 1507 aus. Den Wunsch der Verbraucher müsse die Politik in einem demokratischen Gemeinwesen berücksichtigen, genauso wie der Wunsch der Landwirte, in bestimmten Regionen auf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu verzichten. „Das sollte ein Kriterium für die Stellungnahme der Politik sein“, erklärte Friedrich zunächst. Eine Absage an die Zulassung formulierte er dann aber doch nicht, weil selbst bei einer überwiegenden Ablehnung der Verbraucher „der Meinungsbildungsprozess komplex ist.“ Bis Donnerstagmittag hatte die Bundesregierung noch keine Stellungnahme gefasst, bestätigte Friedrich. Welche sich einfindet, bleibt im Dunkel. Das Thema wurde noch am Donnerstag von der Tagesordnung des Bundestages gestrichen. So fände die nächste Abstimmung am 28. Januar bereits im Ministerrat der EU statt. Für Harald Ebner, Sprecher für Agrogentechnik bei Bündnis 90/Die Grünen, habe sich die „übergroße Koalitionsmehrheit selbst kastriert“: „Der Bundestag hatte die Gelegenheit gehabt, sich noch rechtzeitig vor der EU-Abstimmung mit der wichtigen Frage „Zulassung neuer Gentech-Pflanzen in Europa – ja oder nein“ zu befassen und die Bundesregierung zu entsprechendem Handeln zu verpflichten.“ Dieses „parlamentarisches Fiasko“ sei ein „bitterer Vorgeschmack auf die kommenden vier Jahre“.
Das Parlament in Brüssel hingegen hat eine Entscheidung gefunden und begründet sie in der ablehnenden Haltung von 61 Prozent der europäischen Bürger. Mit 385 zu 201 Stimmen bei 30 Enthaltungen hat das Parlament die Kommission aufgefordert, den umstrittenen Mais nicht zuzulassen.
G-Länder, Tierschutz und Agrarexporte
Mittlerweile sitzen in der Agrarministerkonferenz und im Bundestag sechs so genannte G-Länder mit grünen Landwirtschaftsministerien. Innerhalb eines föderalen Systems sei es Pflicht, miteinander ins Gespräch zu kommen. Friedrich zeigte sich zuversichtlich, dass auch bei unterschiedlichen Meinungen am Ende ein gemeinsames Ziel formuliert werden kann.
Um das Thema Tierschutz kommt der Landwirtschaftsminister nicht herum. Die Initiative Tierwohl sei ein weiterer Schritt, dem allgemeinen Wunsch nach artgerechter Haltung zu entsprechen. „Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt“, sagte Friedrich und kann sich als Teilvorschlag in einem komplexen Plan für das Tierwohl auch einen Förderstopp für bestimmte Haltungsgrößen vorstellen. Die internationalen Wertschöpfungsketten in der Fleischproduktion bezieht Friedrich ausdrücklich mit ein. Die deutschen Standards haben zu einer Anerkennung von tierischen Produkten auf fremden Märkten geführt – aber mit Nebenwirkungen. „Das Problem ist so erkannt!“. Friedrich will mit allen Akteuren Lösungen erarbeiten. Auf seiner ersten Agenda stehen die Düngeverordnung und die verstärkte Nutzung von Gülle und Reststoffen als Substrat für Biogasanlagen.
Roland Krieg, Fotos: roRo
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