Agrarministerkonferenz in Bad Homburg

Landwirtschaft

Agrarministerkonferenz in Bad Homburg

EU-Ökoverordnung

Die Frühjahrs-Agrarministerkonferenz (AMK) in Bad Homburg hat sich mehrheitlich gegen die Revision der EU-Ökoverordnung gewandt. Die Vorsitzende Landwirtschaftsministerin Priska Hinz kommentiert den Beschluss: „Es kann nicht sein, dass eine durchaus notwendige Weiterentwicklung einer in die Jahre gekommenen Verordnung dazu führt, dass gerade die vielen kleinen Ökobetriebe in ihrer Existenz bedroht werden.“ Eine Vielzahl an Regelungen behindere die Betriebe und zahlreiche delegierte Rechtsakten sollen am Europaparlament vorbei geschleust werden. Änderungen im Kontrollsystem würden keine Verbesserungen bei der Einfuhr aus Drittstaaten erzielen [1].

Milchquote

Die AMK unterstützte nach Wegfall der Milchquote die von der EU ausgearbeiteten Sicherungssysteme für den Milchmarkt. Ein effizientes Frühwarnsystem auf der Basis der Milchmarkt-Beobachtungsstelle plus Sicherheitsnetze soll ausreichen. Um das Gleichgewicht zwischen Erzeugern und Verarbeitern zu gewährleisten werden sich Milchbauern bündeln dürfen. „Ich glaube, dass der Wegfall der Milchquote die Milchviehhalter vor einschneidende Veränderungen stellt. Die Politik darf diesen wichtigen Teil der heimischen Landwirtschaft nicht alleine lassen, wenn es zu einem stärkeren Verfall der Milchpreise auf den Märkten kommen sollte“, kommentierte Hinz.

Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wollen sich weiter für eine flexible Mengensteuerung einsetzen. „Leider weigern sich Bund und CDU-geführte Länder, den Milchbauern nach dem Quotenende wirklich zu helfen“, kritisierte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer.

Für verbesserungswürdig hält Staatsekretär Dr. Peter Sanftleben aus Mecklenburg-Vorpommern die aktuellen Kriseninstrumente. Wichtig sei eine Überprüfung der Interventionspreise hinsichtlich steigender Produktionspreise.

Gentechnik

Gegenwind bekam Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt. „Ein länderbezogenes Verbot wie es Bundesagrarminister Schmidt wiederholt vorgeschlagen hat, ist aus Sicht der AMK nicht vertretbar. Dies führt zu einem Flickenteppich von Ländern in denen GVO angebaut wird und solchen in denen das nicht geschieht. Der Pollenflug macht vor Ländergrenzen aber nicht Schluss. Dieses Risiko sind wir nicht bereit zu tragen und auch die überwiegende Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel strikt ab“, sagte Hinz [2]. Christian Meyer in Niedersachsen ergänzt: „Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich daher der Auffassung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks anschließen, die eine ausschließlich nationale Verbotsregelung fordert."

Tierwohl

Beim Enthornen von Kälbern soll die künftige Methode eine schmerz- und stressfeie sein. Verbindlichkeit hat Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck versprochen: „Schleswig-Holstein konnte sich im Verbund mit anderen Ländern wie Bayern und Niedersachen durchsetzen, dass neben der Gabe von Schmerzmitteln auch die Sedierung von Kälbern, also die Vergabe von Beruhigungsmitteln, nun in allen Ländern als verbindlich anerkannt wird.“

Die AMK hat vom Bund eine Liste mit Antibiotika eingefordert, die künftig nicht mehr oder nur noch in klar definierten Fällen durch Tierärzte verabreicht werden dürfen. Das soll nicht nur die Verwendung von Antibiotika eingrenzen, sondern auch den Einsatz von Reserveantibiotika für den Menschen ausschließen. Vor allem geht es um Stoffklassen der Flourchinolone und Cephalosporine, deren Anwendung zwischen 2011 und 2013 um die Hälfte zugenommen hat, erklärte Christian Meyer. Die Hälfte davon wurde an Tierarzneipraxen in Niedersachsen geliefert.

„Der Dialog zwischen Landwirten und Verbrauchern zum Tierwohl und über artgerechte Haltung mit allen Beteiligten bleibt ein Schwerpunkt in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“, sagte Brandenburgs Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger. Wettbewerbsfähigkeit und Tierwohl müssen dabei eine Einheit bilden.

Im Diskurs und ohne Einigung ist die Frage nach der „richtigen Betriebsgröße“. „Ich persönlich bin der festen Überzeugung, wir müssen hier neue Wege gehen. Aber bevor wir uns an konkreten Zahlen verkämpfen, brauchen wir zunächst eine solide wissenschaftliche Grundlage“, sagte Dr. Sanftleben. Die AMK folgte damit dem Antrag Thüringens, Bestandsgrößen und Flächenbindung zu thematisieren. „Thüringen hatte dieses Thema auf die Agenda gesetzt, weil wir eine Versachlichung der Diskussion brauchen. Wir müssen Wege finden, unsere Landwirtschaft wettbewerbstauglich zu halten und trotzdem die Tierschutzstandards weiterentwickeln“, sagte Agrarministerin Birgit Keller.

Bodenschutz

Im internationalen Jahr des Bodens soll dieser mehr Aufmerksamkeit durch die Bundesregierung erfahren. Bodenerosion und Erhalt der organischen Substanz sollen auch ohne Bodenschutzgesetz verbessert werden. Die von Bündnis 90/Die Grünen geführten Länder sprachen sich für eine europäische Bodenrahmenrichtlinie aus. Das aber fand keine Mehrheit. „Wir brauchen vielmehr regionale Lösungen, die an die individuellen, örtlichen Gegebenheiten angepasst sind“, sagte Sachsens Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt. Bis 2020 will Sachsen den Flächenverbrauch in seinem Land auf täglich zwei Hektar reduzieren.

Brandenburg ist die Eindämmung der „extremen Entwicklungen beim Bodenverbrauch und bei den Bodenpreisen“ wichtig. Der vorliegende Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Bodenmarkt sei eine wichtige Grundlage zur Weiterentwicklung des Bodenrechts.

Zu den wichtigsten Zielen einer zukunftsorientierten Bodenpolitik zählen laut Bundesagrarminister Christian Schmidt der Vorrang aktiver Landwirte auf dem Bodenmarkt, eine breite Eigentumsstreuung, eine Vermeidung marktbeherrschender Positionen auf regionalen Bodenmärkten, die Dämpfung spekulativer Tendenzen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt sowie die deutliche Reduzierung der Verluste an Agrarflächen. „Um die Position der aktiven Bauern zu stärken, brauchen wir mehr Transparenz sowie einen flächendeckenden und konsequenten Vollzug des bestehenden landwirtschaftlichen Bodenrechts“, sagte Schmidt.

GAK

Die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) ist hinsichtlich der Aufstockungen, die in den Eckwerten des neuen Haushalts eingeplant sind, allgemein begrüßt worden [3].

In Niedersachsen sei das ein gutes Signal an die Handwerksbetriebe. Wichtig und notwendig sei allerdings auch, dass der Bund nicht nur den Anwendungsbereich auf mittelständische Betriebe erweitert, sondern auch 200 Millionen Euro mehr zur Ko-Finanzierung bereitstellt“, forderte Meyer.

„Wir werden jetzt alles daran setzen, diese zugesagten GAK-Bundesmittel durch entsprechende Landesmittel zu untersetzen, um möglichst kein Geld zu verschenken und damit die dringend notwendigen Investitionen im Bereich der Agrarstruktur, aber vor allem im Hochwasserschutz auf den Weg zu bringen. Dies wird jedoch sicher keine einfache Aufgabe.“, sagte Agrarstaatssekretär Dr. Peter Sanftleben, der Minister Dr. Till Backhaus vertrat.

Mindestlohn

Sachsens Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt zeigte sich auf der Agrarministerkonferenz in Bad Homburg besorgt über die Bürokratie im Zusammenhang mit der Umsetzung des Mindestlohngesetzes. „Die Aufzeichnungspflichten für Saisonarbeitskräfte und mitarbeitende Familienangehörige, die mit einem Arbeitsvertrag beschäftigt sind, müssen auf den Prüfstand“, so Schmidt. Es geht nicht um die Abschaffung des Mindestlohns. Ziel müsse es aber sein, die Beschäftigten in der Landwirtschaft angemessen zu entlohnen und gleichzeitig die derzeit bestehenden Aufzeichnungspflichten den Besonderheiten des Agrarsektors anzupassen [4].

Wölfe

Mecklenburg-Vorpommern hatte einen Beschluss zum Wolfsmanagement eingebracht, der sich an seinem landeseigenen orientiert. „Es liegt mir jedoch sehr daran, dass bei aller Freude des Naturschutzes über die Rückkehr des Wolfes die möglichen Auswirkungen auf unsere heimische Land- und Forstwirtschaft sowie die Existenz der Nutztierhalter nicht aus den Augen verloren werden. Der Wolf hält sich bekanntlich nicht an Ländergrenzen. Ich werde mich daher weiterhin für länderübergreifende Strategien im Umgang mit dem Wolf einsetzen.“, fasste Dr. Sanftleben zusammen.

Mehr Politik

Nach Ansicht von Robert Habeck wird die Agrarministerkonferenz immer politischer. „Das begrüße ich außerordentlich. Da allerdings die Beschlüsse immer nur einstimmig gefasst werden können, werden viele, inzwischen von der übergroßen Mehrheit der Landesregierungen anerkannt wichtige Themen immer wieder verwässert oder verhindert. Wie lange will man eigentlich noch warten, um wissenschaftliche Erkenntnisse in konkretes Handel umzusetzen?“

Lesestoff:

[1] EU-Agrarrat: Nichts ist vom Tisch

[2] Wer entscheidet über opt out?

[3] Kabinett stellt Eckwerte für den Agrarhaushalt vor

[4] Mindestlohn zwischen existenzieller Bedrohung und Innovationstreiber

roRo; VLE

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