Agrarministerkonferenz in Cottbus
Landwirtschaft
+++ 15:30 Uhr
Agrarministerkonferenz in Cottbus
Die Frühjahrskonferenz der Agrarminister (AMK) in
Cottbus steht kurz vor der Umsetzung der GAP-Beschlüsse in nationales Recht und
findet zeitlich zwischen der Bundestagsdebatte zum Direktzahlungen-Durchführungsgesetz
[1] und einer weiteren Anhörung im Agrarausschuss statt. Daher wurde der große
Tagesordnungspunkt 2 „Umsetzung der GAP-Reform“ zurückgezogen – war dennoch
allgegenwärtig. Brandenburg als Gastgeber der AMK bot eine Neuheit auf.
Erstmals saßen in Vertretung durch Ulrike Höfken, Landwirtschaftsministerin in Rheinland-Pfalz, auch die G-Länder auf dem
Podium der Pressekonferenz. Sechs Bundesländer mit grünen Agrarministern sind
nicht mehr zu leugnen. Die Abschlüsse werden dennoch einstimmig gefast und Dr.
Till Backhaus lobte den Willen aller Beteiligten, sich einigen zu müssen.
Weiteres Übergangsjahr?
Das ist auch notwendig. Denn durch das Votum gegen die
delegierten Rechtsakte durch Deutschland ist der wesentliche Prozess der
Umsetzung der Direktzahlungen gestoppt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian
Schmidt (li. im Bild) zeigte sich zuversichtlich, dass die Kommission sich neu bewegt und der
Agrarausschuss bereits in der kommenden Woche den neuen Durchführungsbestimmungen
zustimmt. Dem würde sich der Ministerrat am 14. April nicht in den Weg stellen.
Wenn das nicht klappt, droht großes Chaos. Brandenburgs Landwirtschaftsminister
Jörg Vogelsänger (re. im Bild) blickte schon auf den Mai. Zum Termin der Europawahl. Keine
Einigung im April würde den GAP-Prozess bis über den Juni hinaus blockieren und
die EU bräuchte ein weiteres Übergangsjahr.
Differenzen statt Einigkeit
Auch wenn die Länderminister nach außen hin
Geschlossenheit zeigen, so sind die Differenzen noch immer da. Was am
Donnerstag im Bundestag auseinander lag, liegt auch bei der AMK auseinander:
Welche Pflanzen dürfen in welcher Weise auf den ökologischen Vorrangflächen
angebaut werden. Ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel, wie es Ulrike Höfken
fordert oder doch auf eine wirtschaftlich rentable Weise, auf die Dr. Hermann Onko
Aeikens, Landwirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt, es formulierte?
Ausgleichszulage und ELER-Mittel
Die AMK hat sich für eine möglichst späte, dafür aber bundesweit einheitliche Gebietskulisse für die Ausgleichszulage ausgesprochen. Bundesländer sollen die Möglichkeit für Ausnahmen erhalten. Programme der ELER-Verordnung sollen künftig auf das ganze Fördervolumen ausgerichtet sein, was die Einbeziehung der ersten Säule der Direktzahlungen neu einschließen wird.
Breitband
Unter den gegebenen Fördermitteln werden die Ausbauziele für das Breitbandnetz im ländlichen Raum bis 2018 nicht erreicht werden. Zusatzmittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) sind knapp. Die AMK fordert daher die Bundesregierung auf, ein spezielles Förderprogramm außerhalb der GAK aufzustellen.
Erneuerbare Energien
Das schlimmste wurde verhindert, sagte Dr. Till Backhaus,
Landwirtschaftsminister aus Mecklenburg-Vorpommern. Der erste Eindruck der
EEG-Reform drohte die Biomasse nahezu komplett abzuwürgen. Doch „Ohne Biomasse
ist die Energiewende nicht leistbar.“ Das gilt für Strom, Wärme und Mobilität.
Die Biomasse zeichnet sich durch ihre Flexibilität und Speicherbarkeit aus.
Bedauerlicherweise habe sich der Energiegipfel im Bundeskanzleramt nicht auf eine
Stichtagsregelung einigen können [2]. Darauf warten die Betreiber noch.
Die Biomasse ist Wesentlicher Bestandteil des ländlichen Raumes und Vogelsänger betonte, dass die Bundesländer die Energie in regionalen Kreisläufen behalten möchten. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Nachhaltige Landentwicklung“ soll bis zur Herbst-AMK einen Bericht mit Best-Practice-Beispielen zusammen stellen. In einer Protokollerklärung der meisten G-Länder plus Mecklenburg-Vorpommern unterstreichen die Länder, dass die Biomassenutzung mehr als 130.000 Beschäftigte sichert und das Eigenstromanlagen aus Biomasse von der EEG-Umlage befreit bleiben müssen.
Öko-Verordnung
Der Entwurf der Öko-Verordnung [3] trifft einhellig auf Nachbesserungswillen. Eine Totalrevision, wie sie derzeit vorläge lehnen die Länder ab. Verbesserungen, die sie begrüßen sind intensivere Importkontrollen, Beseitigung von Teilbetriebsumstellungen sowie Gruppenzertifizierungen.
Nitratrichtlinie
Christian Schmidt hat die Bildung einer Task Force angekündigt, die bis Sommer eine ausgewogene Dünge-Verordnung ausarbeiten will, um Deutschland vor allem ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Nitratrichtlinie zu ersparen. Die Arbeitsgruppe soll eine Balance für gesundes Wasser und praktikablen Vorschlägen erarbeiten. Die AMK bittet den Bund, bei der Kommission die Wiedereinführung der Derogationsregelung zu erbitten.

Maiswurzelbohrer
Die EU hat den Maiswurzelbohrer aus der Liste der Quarantäneschädlinge entfernt. Daher „dürfen“ die Bauern den Käfer im Rahmen der turnusmäßigen Schädlingsbekämpfung bekämpfen. Den einzelnen Landwirten kommt nach Ansicht der AMK nun eine besondere Bedeutung zu, die Ausbreitung in bislang nicht befallene zu unterbinden. Die Länder BW, HB, B, HH, MV, NI, NRW, RP und SL bestehen in einer Protokollerklärung darauf, dass die Grundsätze einer Fruchtfolge zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers als gute fachliche Praxis in das Pflanzenschutzgesetzes gemäß § Abs. 2 aufgenommen wird. Eine Maismonokultur gehöre nicht zur guten fachlichen Praxis.
Mobile Hühnerställe
Sie sind schick und bieten viele Lösungen für die ökologische Hühnerhaltung an: Mobile Hühnerställe [4]. Bislang allerdings ist deren Zulassung je nach Bundesland unterschiedlich. Die AMK bittet die Bauministerkonferenz, eine bundesweit einheitliche Zulassung zu sichern. In einer Protokollerklärung weisen Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt darauf hin, dass bei Baugenehmigungen eine einmalige Prüfung ausreiche.
Glyphosat
Beim Thema Glyphosat hat sich nichts bewegt. Alle warten auf die offizielle Neubewertung durch die EU. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sieht derzeit keine rechtliche Grundlage für Verbote und Einschränkungen. Dem widdersprechen BW, B, BB, HB, HH, HE, MV, NI, NRW, RP, SL und SH: Eine Einschränkung für die Verwendung bei Sikkation und in Haus- und Kleingärten sei möglich. Zudem soll die Sikkation in die Grundsätze der Guten Fachlichen Praxis aufgenommen werden. Belastungspfade der Verbraucher über Lebens- und Futtermittel sollen bis zur nächsten AMK aufgezeichnet werden.
Gentechnik
Im Bereich der Gentechnik tun sich „Gräben“ auf, sagte Dr. Backhaus. Es wurde kein Beschluss gefasst. Höfken sieht in dem Siegel „Ohne Gentechnik“ eine gute Vorlage, zweifelhaft bleibt, ob es wirklich noch einen Markt für gentechnikfreie Futtermittel gebe. Einigkeit besteht darin, dass das Thema für die Stärkung einer europäischen Eiweißstrategie tauge.
Geflügel
Die Forschungsaktivitäten für Alternativen zur Tötung männlicher Legehybriden sollen forciert werden. Auch das Kürzen der Schnäbel soll einheitlich bis 2016 beendet werden. Was Österreich bereits umgesetzt habe und in den Niederlanden in Planung ist, könne ein Vorbild für die deutschen Legehennenhalter sein, unterstrich Höfken.
Afrikanische Schweinepest
Das Thema blieb Dr. Backhaus vorbehalten, der schon seit Jahren mahnt. Die Beschlusslage ist aber dünn. Mehr als Betriebshygiene und Forschung für einen Impfstoff stehen nicht auf der Agenda. Backhaus zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass in Litauen und Polen keine neuen Krankheitsfälle aufgetreten sind. Möglicherweise werden Wildschweine erstmals befallen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium soll geeignete Bejagungsmodelle entwickeln, um dann die Krankheit zu kontrollieren [5].
Bundesweit bleifrei jagen
Nachdem einige Länder schon in der Landesjagd auf bleihaltige Munition verzichten [6], zeigt die Bundesregierung sich offen, nun zügig eine entsprechende Novelle des Bundesjagdgesetzes einzuleiten.
Lesestoff
[1] Bundestagsdebatte zu Direktzahlungen
[2] Energiegipfel
[3] EU-Ökoverordnung
[5] EFSA sieht in der Jagd kaum Kontrollmöglichkeiten
[6] Bleifrei Jagen
Roland Krieg; Fotos: roRo