Agrarpolitik im Bundeskanzleramt

Landwirtschaft

Wann beschäftigt sich die Kanzlerin mit der Agrarpolitik?

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat ein „Spiegelreferat“ im Bundeskanzleramt. Mit zwei Referenten, einer Sekretärin und einem Referatsleiter liegt in der Willy-Brandt-Straße 1 nicht das Herz der fachlichen Expertise, aber der Geist der Koordination. Das Referat für Ernährung und Landwirtschaft vertritt daher nicht die reinen Interessen des BMEL, führt Referatsleiter Dr. Georg Starke bei einem Besuch von Berlin-Brandenburger Agrarjournalisten aus, sondern kümmert sich um die Ressortübergreifende Politik.

Das Thema Landwirtschaft und Ernährung ist mittlerweile über eine Vielzahl von Ressorts verteilt. Das Wirtschaftsministerium berührt den Agrarsektor im Rahmen der Energiewende und der Rolle der Biomasse, das Forschungsministerium hat im Bereich der Gentechnik andere Sorgen als der bäuerliche Berufsstand und die traditionellen Schubsereien zwischen Agar- und Umweltressort, derzeit auch noch auf zwei Koalitionspartner verteilt, bringen eine Menge Ansichten höchster Unterschiedlichkeit hervor. Daher liegt die Hauptaufgabe des Referats im Bundeskanzleramt in der Koordination zur demokratischen Mehrheitsbildung. Als „Frühwarnsystem“ wollen die Mitarbeiter „eventuellen Ärger“ frühzeitig erkennen und empfehlen schon mal, sich die Angelegenheit lieber noch einmal anzuschauen.

Seitdem die Landwirtschaft stark in die Öffentlichkeit gerückt ist, mehren sich auch die Aufgaben. Das Nutztiergutachten des Wissenschaftlichen Beirats zur Agrarpolitik wird dann auch bis zur Hausleitung durchgeroutet. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel wird informiert, weil das Thema die gesamte Gesellschaft bewegt, weil es politisch besetzt ist und die grünen Länderressorts das Thema unter anderem über den Bundesrat vorantreiben. Zu Redegelegenheiten erhält sie „Turbos“, inhaltsdichte Sprechzettel mit den wichtigsten Punkten.

Das Referat schreibt auch Kabinettsvorlagen und begnügt sich mit abgestuften Informationen zu den Amtschefs oder dem Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier. Die Kanzlerin wird also kaum die Augen verdrehen und abwinken, wenn die Bauern wiederholt „mit ihrem Agrardiesel“ ankommen. Die Agrarpolitik besetzt nicht immer die TOP 1-Themen im Kanzleramt. Die auch für den Agrarbereich vorhandene Richtlinienkompetenz hat sie noch nie aussprechen müssen.

Drehpunkt ist das Referat dennoch. Eine Idee aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium muss bei einer Ressortabstimmung und Länder- und Verbandsbeteiligung erst vom Bundeskanzleramt abgesegnet sein. Dabei schaut das Referat nicht nur auf die Reibflächen zwischen den Ressorts, sondern auch auf die zwischen den Fraktionspartnern.

Merkel wird aber nicht nur mit den Problemen im Agrarressort konfrontiert. Das Apfelkabinett, wenn die Kanzlerin Proben der heimischen Ernte erhält, oder das Aufstellen des Weihnachtsbaums, der in diesem Jahr aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf stammt, erinnern sie jährlich an die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft.

Roland Krieg

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