Agrarpolitiker nicht unzufrieden mit der GAP

Landwirtschaft

Agrarpolitische Runde auf dem Berliner Milchforum

Das 4. Berliner Milchforum wagt den Spagat, die globale und regionale Milchproduktion zu betrachten. An zwei Forumstage wollen Bauern, Molkereien und Verarbeiter ausloten, wo sie sich im System des globalen Milchmarktes wiederfinden können, erklärte Udo Folgart, Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), am Donnerstagabend.
Zeitlich perfekt abgestimmt konnte die traditionelle Runde mit den agrarpolitischen Sprechern der Parteien gleich eine erste Einschätzung zur Gemeinsamen Agrarpolitik abgeben, für die das Europäische Parlament in dieser Woche ein Mandat für den Trilog gefunden hat. So richtig unzufrieden ist niemand gewesen. Für jede Kritik, gab es auch ein Lob.

GAP

Alexander Süßmair, Sprecher für den Ländlichen Raum der Fraktion Die Linke; bezeichnete das Mandat zwar als „großen Schritt auf der Stelle“, doch gab es Punkte, mit denen die Linke „gut leben kann“. So gibt es zwar eine Kappung für Betriebe ab 300.000 Euro und eine Degression ab 150.000 Euro Agrarzahlungen, doch wenn sich die Analyse bewahrheitet, dass Ausnahmen an den Arbeitskräftebesatz gebunden sind und Genossenschaften ausgenommen sein sollen, könnten die großen Betriebe in Ostdeutschland noch zufrieden sein.

Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich einen ambitionierteren GAP-Vorschlag gewünscht, aber die Richtung des Politikwechsels stimme. Die Triloge geben noch eine Chance das „deutliche Schleifen lassen“ des Greenings nachzubessern. Es habe sich gezeigt, dass große Lobbyisten wie der europäische Bauern und Genossenschaftsverband doch nicht alles durchsetzen könnten.

Dass die ökologische Vorrangfläche in Schritten von drei, dann fünf und zum Schluss mit sieben Prozent eingeführt werde, ist für Rainer Erdel (FDP) ein Gewinn. Gerade Deutschland spüre mehr als andere Länder durch den Anbau von Energiepflanzen den Druck auf die Bodenpreise. Um den nicht zu erhöhen, dürfe es aber nicht zur letzten Ausweitung kommen. Generell zu hinterfragen ist das Bonus-Malus-System für die Milchbauern, die zu viel produzieren oder auf Anlieferungen verzichten wollen. Es sei noch vollkommen unklar, in wessen Verantwortung das System liege und welcher Aufwand damit verbunden sei.

Mehr Mut in der Milchpolitik hätte sich auch Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) gewünscht. Durch den Versuch den Milchausstieg mit einem freiwilligen Lieferverzicht abzufedern wurde eine halbe Quote beibehalten, obwohl staatlicher Dirigismus noch nie zu einem guten Ergebnis geführt habe. Eine Überwachungsstelle für Lebensmittelpreise soll eine Art flexible Mengensteuerung umsetzen.

Bei der Milch äußerte sich Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) ähnlich. Ein staatliches Nachfolgequotensystem werde keine Zukunft haben. Holzenkamp will das beschlossene Greening an seiner Umsetzung bewerten. Wie letztlich die Umsetzung der Fruchtfolgegestaltung realisiert werden kann, muss erst noch festgelegt werden.

Erzeugerzusammenschlüsse

Dass die Bauern mit Erzeugerzusammenschlüssen ihre Marktmacht erhöhen können gilt als unstrittig. Wie es jedoch bei Doppelmitgliedsschaften zu halten ist, darüber gingen die Meinungen weit auseinander. Für Süßmair verringert sich dadurch die Abhängigkeit vom Preisniveau einer einzigen Molkerei, während Rainer Erdel davor warnt, dass Bauern ihre Milch nicht einmal an die eine und dann an eine andere Molkerei liefern könnten. Dazu müssten die Molkereien zunächst einmal ihre Andienpflicht aufgeben, ergänzte Holzenkamp. Sie bräuchten für ihre Produktion eine Planungssicherheit. Nach Holzenkamp solle der Markt über die Lieferverträge entscheiden. Auch die Bauern sind Unternehmer, die ihr Risiko tragen müssten.

Hans Holtorf vom frischli Milchwerk sprach über die Molkereipraxis. Seine Molkerei lege Wert auf die volle Anlieferung der Milchproduktion, arbeite aber mit Einjahresverträgen, so dass die Bauern auch wieder wechseln könnten. Da die Bauern von den Molkereien eine höhere Wertschöpfungstiefe aus ihrer Milch erwarten, lasse sich das nach Dr. Hans-Jürgen Seufferlein vom Verband der Milcherzeuger Bayern nicht mit kurzen Lieferverträgen kombinieren. Doppelmitgliedschaften funktionieren eher bei großen Betrieben, die ihre Milch aufteilen können. Nach Hans Foldenhauer vom Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter werde die Planungssicherheit der Milchbauern zu wenig berücksichtigt. Die brauchen für ihre betriebliche Planung eine langfristige Perspektive für einen auskömmlichen Milchpreis. Peter Lüschow vom Bauernverband Schleswig-Holstein hinterfragte, ob es wirklich noch einen Unterschied zwischen einer großen Erzeugergemeinschaft und einer Genossenschaft gebe?

Weltmarkt oder Region?

Während Holzenkamp keine Fokussierung der deutschen Milchproduktion auf den Weltmarkt sieht, ist das für Süßmair Realität. Die Bauern, die ihren Betrieb nach „Menge, Masse und Marktanteil“ ausrichten, werden von den steigenden Kosten aufgefressen. Nur die Fokussierung auf Qualität rechne sich. Für Rainer Erdel ist Markterkundung das Zauberwort, mit dem Bauern und Molkereien regionale Nischen besetzen können. Regionale Produkte haben auch eine Chance auf dem Weltmarkt. Priesmeier ergänzt, dass die deutschen Milcherzeuger die Erfahrung gemacht haben, Milch als Standardware nach Italien zu liefern, wo daraus hochwertiger Gorgonzola gemacht wurde. Die Molkerei Arla hat das erkannt und eine hochwertige Produktdiversifizierung für den deutschen und polnischen Markt angekündigt. Priesmeier vermisst eine Reaktion der deutschen Molkereien.

Ob der Weltmarkt für alle negativen Bilder taugt, bezweifelt Jan Heusmann von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft in Niedersachsen. Derzeit kommen positive Preissignale eher vom Welt- als aus dem Binnenmarkt, so Heusmann. Auch Eckhard Heuser vom Milchindustrie-Verband möchte den Weltmarkt nicht schlecht reden. Die neuseeländische Molkerei Fronterra habe gezeigt, dass sich auch bei niedrigen Preisen viel Milch bündeln lasse. Die Erzeugerpreise sind erst angestiegen, als Milchpulver und Butter auf dem Weltmarkt anzogen. Nach Heuser werden Bündelung, Lieferverträge und Mengensteuerung langfristig keinen Einfluss auf die Preisstabilität haben. Am Ende bestimme die Knappheit eines Gutes den Preis noch immer besser als die Politik.

Friedrich Ostendorff ist skeptisch. Wer sich auf Märkte wie Russland und China verlasse, der verlasse sich auf keinen verlässlichen Handelspartner. Die aktuelle Entwicklung im Russlandhandel zeige, dass das Wohl im Handel von Animositäten einer einzigen Person abhänge. Die Chinesen hätten gezeigt, dass sie erfolgreiche Geschäftsmodelle bald erfolgreich selbst kopieren und der ausländische Partner den Markt wieder verliert.

Bayern setze nach Süßmair bereits Zeichen. Heumilch und eine Strategie für den heimischen Futteranbau sind eindeutige Aspekte der Regionalität. Priesmeier erinnert, dass der Strukturwandel nicht alle Milchbauern glücklich macht. Die Politik solle sich dabei genau überlegen, welche Bauern sie sich als Referenzmodell aussucht.

Roland Krieg

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