Agri-Studie zum Umsetzungsmodell

Landwirtschaft

Sind die Mitgliedsländer für das Delivery Modell gerüstet?

Europaparlament

Brüssel gibt Verantwortung ab. Ausgerechnet beim letzten noch gemeinschaftlich organisierten Agrarbereich sollen die Mitgliedsstaaten über das neue Delivery Model neue Verantwortung übernehmen, einen Strategieplan einreichen und diesen von der EU genehmigen und bewerten lassen. Der Agrarausschuss des Europaparlaments hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben, deren Autoren am Montag die Ergebnisse vorstellten. Zeitgleich, während der Agrarministerat in Luxemburg ebenfalls über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) debattierte [1].

Das Umsetzungsmodell

Das neue Modell beinhaltet einen Strategiewechsel in Richtung wissensbasierter Politikentscheidung mit mehr Verantwortung in den Mitgliedsländern selbst. Die Umsetzung dafür ist nach Ansicht der Wissenschaftler komplex und dabei stark vom politischen Willen der einzelnen Regierungen abhängig. Der Erfolg resultiert aus der Unterstützungsbereitschaft, umfassenden Vorbereitung des Prozesses und einer sanften Umsetzung der neuen Hierarchien.

Emil Erjavec von der Biotechnischen Universität in Ljubljana in Slowenien ist skeptisch. Erwartung und Realität des Umsetzungsmodells könnten eine große Lücke aufweisen, weil die Komplexität unterschätzt werde. Die Subsidiarität verspricht eine moderne Politik und kann auch zu einer Entbürokratisierung führen; doch: Verwaltungen in den Ländern tendieren ebenfalls zur Bürokratisierung und eine falsche Schwerpunktsetzung kann europäische Standards in einem negativen Wettbewerb nach unten setzen. Die größten Begrenzungen sieht Erjavec im Fehlen von Erfahrung und personellen Kapazitäten für eine strategische Planung. Für die Datensammlung und Analyse von Indikatoren müssen die Länder investieren. Die nächste GAP-Förderperiode werde ein politischer Lernzeitraum, für den eine Plattform zum Austausch von Erfahrungen aufgebaut werden sollte. Aus den Erfahrungen im Agrarsektor könnten die Länder Erfahrungen für andere politische Sektoren ziehen.

Stärkung der Wertschöpfungskette

Thomas Garcìa Azcàrate vom spanischen Forschungsinstitut CSIC begutachtete die Auswirkungen der Reform auf die Wertschöpfungskette. Hier kann die Hogan-Reform eher punkten. Vor allem die Herkunftskennzeichnung und sektorale Hilfe in spezifischen Märkten kann die Wertschöpfungsketten stärken. Für den Bereich der Risikovorsorge sollte die EU ihre Schwellenwerte für politische Interventionen überprüfen. Zudem erschwerten das Ausschusswesen und interne Kommissions-Regeln präaktive Maßnahmen. Für das zurückliegende Milchpaket zur Hilfe gegen den gefallenen Milchpreis hat die Kommission durch verschiedene Bedeutungen des Begriffs „Erzeugerorganisationen“ selbst zur Verwirrung beigetragen. Die Gegenmaßnahmen aus der Studie sind nicht neu: Mehrjähriger Krisenfonds, Beendigung unlauterer Handelspraktiken, Risikovorsorge und Anreize für eine Diversifizierung der Betriebe und Fruchtfolgen. Im Rahmen der Marktordnung sollten Erzeugerorganisationen auch Mitglieder aus dem Raum außerhalb der EU aufnehmen dürfen.

GAP und ländliche Entwicklung

Agrarökonom Ruud Jongeneel von der Universität Wageningen in den Niederlanden sieht die GAP 2020 auf richtigem Pfad. Sie will die unzufriedenen Betriebseinkommen verbessern, die aus Gründen der Ungleichheit, Ziellosigkeit und fehlenden Kriterien zur Verbesserung entstanden sind. Allerdings fehlen der GAP noch immer geeignete Politiken für die Verbesserung der Einkommen. Lediglich die Konditionalisierung der Direktzahlungen bieten Raum für eine höhere Entlohung. Die Kappung auf freiwilliger Basis entfalte genauso wenig Raum für die ländliche Entwicklung wie die gekoppelte Zahlung. Die Hilfe für Jungbauern und eine bessere Risikovorsorge sowie die Bildung von Erzeugergemeinschaften und eine bessere Beratung seien wertvoller. Falls gekappt wird, sollten nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Umwelt- und Klimamaßnahmen als Korrektur eingeführt werden. Investitionshilfen sollten gezielt und prioritär Marktversagen ausgleichen. Für die Risikovorsorge sollte der Privatsektor, wie beispielsweise Versicherungen, eingebunden werden. Die zweite Säule dürfe nicht gekürzt werden. Länder, die dort weniger als der EU-Durchschnitt ausgeben, dürften keine weiteren Gelder in die erste Säule mehr verschieben können.

Lesestoff:

Erjavec, E. et al.; Jongeneel, R.A. et al.; Garcia Azcárate, T., 2018- Research for AGRI Committee - The CAP Strategic Plans beyond 2020: appraisal of the EC legislative proposals, European Parliament, Policy; Department for Structural and Cohesion Policies, Brussels. Volltext: http://bit.ly/2NoBVQa

[1] Brüssel müsse klare „Leitplanken“ definieren: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/europaeische-agrarpolitik-braucht-klare-leitplanken.html

Roland Krieg

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