Aktion Fußabdruck vor dem Kanzleramt

Landwirtschaft

Bäuerinnen und Bauern starten die Grüne Woche 2021

Wir haben es satt Demo 2021

Selbst das Wetter vermisst die Internationale Grüne Woche. Pünktlich zum Start wurde es frostig und ein bisschen Eis lag auf den Straßen. Lediglich die Messe unter dem Funkturm findet in diesem Jahr digital statt.

Ebenso fanden am Samstag die Organisatoren von „Wir haben es satt“ auch einen Weg, 2021 auf sich aufmerksam zu machen und sammelten im Vorfeld von denjenigen, die sonst nach Berlin angereist wären, Fußabdrücke ein, die bemalt, bunt und mit Sprüchen einen Teppich vor dem Bundeskanzleramt ausfüllten. 10.000 Fußabdrücke kamen nach den Organisatoren zusammen, die zum Superwahljahr mit sechs Landtagswahlen und einer Bundestagswahl das Thema Agrarwende vielfach thematisieren werden.

Statt für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft auf die Straße zu gehen, beteiligten sich in diesem Jahr rund 10.000 Menschen von zu Hause aus: Sie schickten unzählige Fuß- und Stiefelabdrücke sowie Treckerspuren mit Forderungen nach Berlin: „Insekten retten“, „kleinbäuerliche Strukturen statt Agrarsteppen“, „lieber Gülle am Schuh als CDU“ oder „Bewegungsfreiheit auch für Schweine“ – so stand es auf den Abdrücken.

Wir haben es satt Demo 2021
Fußabdrücke vor dem Bundeslanzleramt

Auswahl an Zitaten

Thomas Schröder, Präsident Deutscher Tierschutzbund: „Unser Kampf gegen ein tierfeindliches System geht weiter – trotz Corona. Wir werden das Superwahljahr dafür nutzen, um klarzustellen: Nur die, die mit uns gemeinsam einen Systemwechsel in der Agrarwirtschaft fordern, sollen auch in die Parlamente einziehen. Ein „Weiter so“ kann und darf es nicht geben.“

Anke Kähler, Bäckermeisterin und Vorstand Die Freien Bäcker: „Mit der Aktion BODEN-BROT treten wir gezielt dem Verlust von Boden und Bodenfruchtbarkeit entgegen. Land und Boden gehören in die Hände von Bäuerinnen und Bauern, damit sie Humus aufbauend ackern können. Nur wenn sie dafür fair entlohnt werden, können wir – mit Biodiversität in und auf dem Boden – für Vielfalt im Brotregal sorgen.“

Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer Voer Pfoten Deutschland: „Die derzeitige Agrarpolitik führt in die Sackgasse. Leidtragende sind die Tiere, die Umwelt, aber auch bäuerliche Betriebe. Leichte Kurskorrekturen reichen nicht mehr. Nötig ist eine Tierschutz- und Agrarwende: Weniger Tiere, jedem Tier ein artgemäßes Leben und Schluss mit dem verheerenden Fokus auf Export.“

Johann Lütke Schwienhorst, Imker und Agrarreferent der Aurelia Stiftung: „Im Fall der Zulassungen von Neonicotinoiden wägt Ministerin Klöckner wieder einmal völlig einseitig wirtschaftliche Interessen der Agrarindustrie gegen den dringend notwendigen Schutz der Bienen und Biodiversität und die Interessen der Imker*innen ab. Wer der Biene derart schadet, gehört abgewählt!“

Gottfried Erves, Bio-Bauer und bundespolitischer Sprecher von Biokreis: „Wir stehen an einem Wendepunkt: Die Politik muss jetzt die richtigen Weichen stellen, damit wir Bäuerinnen und Bauern uns um Klimaschutz, Artenvielfalt und gesunde Böden kümmern können. Denn eines ist klar: Die Landwirtschaft der Zukunft muss nachhaltig sein!“

Lena Bassermann von INKOTA: „Wir brauchen endlich gerechte, gesunde und nachhaltige Ernährungssysteme – und zwar weltweit. Deshalb fordern wir: Giftexporte stoppen. Wenn ein Pestizidwirkstoff in Europa verboten ist, weil er Menschen oder Umwelt schadet, warum sollte er dann exportiert werden dürfen? Wir brauchen ein Ende von Doppelstandards in der Pestizidvermarktung und ein konsequentes Verbot für den Export.“

Elisabeth Fresen, Mutterkuhhalterin und Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL): „Wir tragen heute auch die Proteste für faire Erzeuger*innenpreise der vergangenen Wochen nach Berlin. Bäuerinnen und Bauern fordern gemeinsam mit der Gesellschaft von Frau Klöckner eine andere Agrarpolitik. Es braucht ein Marktkriseninstrument für faire Preise, einen qualifizierten Welthandel, gemeinwohlorientierte Agrarzahlungen und Zugang zu Land für Existenzgründer und Existenzgründerinnen.“

Nicht nur Ökologie und Nachhaltigkeit

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner befand von „Wir haben es satt“ übergebenen den Forderungskatalog zu einseitig, weil dieser „ausschließlich auf ihre Vorstellung von Ökologie und Nachhaltigkeit setzt.“ Die Forderungen seien jedes Jahr dieselben und die Organisatoren „verharren in einem Standbild, dass die Realität, die Entwicklungen und vor allem die Fakten ausblendet.“ Es könne keine „staatlich verordnete Ernährungsumgebung geben. Klöckner kommen die zahlreichen Bauernfamilien zu kurz, die „sich auf große Veränderungen eingelassen haben“.

In einem Papier hat sie der vorgeworfenen Blockadehaltung im Ministerium den Rekordhaushalt von 7,6 Milliarden gegenübergestellt, auf den eingeleiteten Systemwechsel der neuen GAP verwiesen und auf die speziellen Förderungen für Jung- und Ökobauern. Mittlerweile kann die Technik in digitaler Form präziser Teilflächen auf den Feldern als die Landwirte selbst beschreiben. Mit 14 digitalen Experimentierfeldern werden betriebsindividuelle Zukunftsperspektiven angeboten.  

„Differenziert an aktuellen Maßnahmen entlang kann man streiten und diskutieren, aber nicht an pauschalen Überschriften.“ Die Landwirte selbst haben sich mit der Zukunftskommission Landwirtschaft an deren Umsetzung gemacht – aber die verläuft äußerst schwerfällig und hat kaum mehr als fünf Monate für ein Ergebnis Zeit.

Roland Krieg; Fotos: roRo

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