Aktion Wolf
Landwirtschaft
Lösungen für den Wolf werden dringlicher
„Keine Rede ohne Biber“, rief Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger auf der Landesbauernversammlung auf der Brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung aus. Der eigenwillige Deichwirt hat in Sachen Schlagzeilen den Wolf überholt. Aber das Thema Wolf ist nach seiner Rückkehr drängender geworden und ein Gespräch mit allen Beteiligten ist nicht in Sicht. Der Wolf als Stellvertreter für andere Wildtiere, die der Mensch verdrängt und auf die Rote Liste gesetzt hat, hat europäisches Niveau. Doch ausgerechnet die Hauptleidtragenden, die Landwirte, haben sich vom „Runden Tisch“ zurückgezogen [1]. So kann man nicht mitreden.
Es ist schon zu spät
Der Naturschutzbund hat eine Wanderausstellung konzipiert, die Willkommenskultur für den Wolf in der Bevölkerung zu erhöhen. Derweil verziehen Jäger, Damwildhalter und auch schon mancher Rinderhalter sein Gesicht, wenn es um den Wolf geht. Und Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund hat am 16. April die Ausweisung eines ersten Wolfsgebietes angekündigt.
Es ist schon passiert. Weil der Naturschutz mehr parlamentarische Freunde findet, als Weidetierhalter mit ihren Nutztieren, ist das Kind schon längst in den Brunnen gefallen. 22 illegale Wolfstötungen sind der Bundesregierung seit 1991 bekannt. Waren es zu Beginn meist vereinzelte pro Jahr, mussten Sachsen und Brandenburg im letzten Jahr insgesamt fünf verzeichnen, teilt das Bundesumweltministerium den Bundesgrünen auf eine Anfrage mit. Die beiden Länder sind nicht nur die ersten, die Wolfsrudel beherbergten, sie stehen mit 15 illegalen Tötungen seit 1991 auch der Spitze des Bürgerzorns, der sich an dieser Statistik ablesen lässt. Wurden die Übeltäter festgestellt, gab es Geldstrafen – oder eine Einstellung des Verfahrens.
Mehr Wölfe, mehr Risse – höhere Gefahr für den Mensch?
Wie viele Wölfe in Deutschland sind, ist nicht genau bekannt. Das darf nicht dazu führen, dass ungesicherte Daten zu Gigapopulationen hochgerechnet werden. Der Landesbauernverband Brandenburg verbreitet, alleine in der Mark lebten zwischen 350 und 400 Wölfe. Sicher ist, dass beim letzten Wolfsmonitoring im April des vergangenen Jahres 25 Rudel, acht Paare und drei residente Einzelwölfe im gesamten Bundesgebiet herum streifen. Die aktuellen Zahlen zum April 2015 werden im Herbst auf einer speziellen Bund-Länder-Arbeitsgruppe veröffentlicht.
Der Grund für eine Warnung durch Übertreibung ist verständlich. Allein in Niedersachsen wurden bis zum 19. März seit Jahresanfang 13 Nutztierrisse eindeutig dem Wolf zugeordnet. Einige Fälle bis dahin und alle danach noch in Bearbeitung. Niedersachsen verzeichnete 23 geprüfte Wolfsrisse im letzten Jahr. Seit Herd-und-Hof.de Mitte Februar die Brandenburger Statistik veröffentlichte, sind weitere fünf Wolfsrisse erfasst worden.
Eine neue Dimension hat das Thema durch eine Verdächtigung des Landes Schleswig-Holstein erfahren. Das Wolfsrudel auf dem Truppenübungsplatz Munster würde gefüttert und verlöre dadurch die Scheu durch den Menschen. Auf entsprechende Rückfrage von Herd-und-Hof.de konnte Florian Rölfing von der Landesjägerschaft Niedersachsen bestätigen, dass das Munsteraner Rudel „sich tatsächlich teilweise weniger scheu, als bei Tieren in anderen Rudeln“ verhalte. Rölfing schrieb aber auch zurück: „Grundsätzlich werden alle Meldungen über Nahkontakte sehr ernst genommen und genauestens beobachtet.“ Die Ursache für die Verhaltensauffälligkeit in Munster sei nicht bekannt.
Anfang Mai hat das niedersächsische Umweltministerium eine intensivere Überwachung der Munsteraner Wölfe angekündigt. Es wird sogar eine zusätzliche Fachkraft für das Monitoring angestellt. Die Bundesregierung spricht nur von zwei auffälligen Wölfen, die derzeit eingefangen und mit einem Sender ausgestattet werden sollen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen damit die Einzeltiere gezielt beobachten und über sie beraten.
Was tun?
Es gibt feste Regeln bei einem verhaltensauffälligen Wolf, der folgenden Rechtsvorschriften unterliegt:
Nach internationalem Recht dem Washingtoner Artenschutzabkommen (Anhang II) und der Berner Konvention (Anhang II).
Nach europäischem Recht der EG-Verordnung 338/97 (Anhang A) und der FFH Richtlinie 92/43/EWG (Anhang II, prioritäre Art, und Anhang IV, Art. 12 und 16).
Nach Bundesrecht dem Bundesnaturschutzgesetz (streng geschützte Art nach § 10 Abs. 2 Nr. 11 i. V. mit § 42) und dem Tierschutzgesetz (§ 1)
Nach speziellem Landesrecht: In Mecklenburg-Vorpommern nach dem Naturschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - (NatSchAG M-V)
„Das heißt, wer den Wolf ohne Genehmigung tötet, verstößt gegen internationales-, europäisches-, Bundes- und Landesrecht. Dies sollte jedem klar sein. Daher ist eine Aufnahme ins Jagdrecht auch kein seriöser Vorschlag“, erklärt Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus.
Darüber hinaus ist nach §45 Abs. 7 BNatSchG die Bejagung des Wolfes im begründeten Einzelfall bereits zulässig. Außerdem ist bei Gefahr in Verzug nach § 4 Abs. 3 des Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV für unaufschiebbare Maßnahmen jede örtlich zuständige Ordnungsbehörde auch sachlich zuständig. Das wäre der Bürgermeister, der Abgeordnete oder die Polizei.
Mittlerweile haben elf Bundesländer ein eigenes Wolfsmanagement, Leitlinien oder Konzepte. Den Landwirten, Damwildhalter und Schäfern reicht das nicht. Um gerade den geschützten Wolf nicht wirklich gefährlich werden zu lassen, muss Sachlichkeit das oberste Gebot sein.
Das Bundesumweltministerium hat im letzten Jahr einen Runden Tisch „Wolf“ eingerichtet, wo alle Beteiligten sich über ihre Ziele austauschen sollen. Das Bundesamt für Naturschutz will ein Dokumentations- und Beratungszentrum auf Bundesebene einrichten.
Für spezielle Fragen zur Wiederansiedlung sind jedoch die einzelnen Länder zuständig. Nur das „Nein“ gegen eine Änderung des Jagdgesetzes bleibt nach Ansicht des Umweltministeriums Bundessache.
Lesestoff:
[1] Copa Cogeca verlässt EU-Umweltplattform
Roland Krieg