Aktuelle Stunde zur GAP
Landwirtschaft
GAP-Vorlagen finden keine einheitliche Bewertung
In der vergangenen Woche haben der Rat der EU-Agrarminister und das Europaparlament ihre Vorlagen für den Trilog zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefasst. Als Verlierer fühlen sich die Umweltverbände. Sowohl bei der Mehrheitsentscheidung des Parlaments, als auch unter Einbeziehung anderer Interessen in Osteuropa im Rat konnten sie ihre weitergehenden Schritte, wie sie in den Strategien Farm-to-Fork (F2F) und zur Biodiversität als Teile des europäischen Green Deals nicht durchsetzen.
Das hat sich am Mittwoch in der Aktuellen Stunde des Bundestages fortgesetzt. Der Grünen-Politiker Friedrich Ostendorff bedauert, dass die beiden Strategien keinen Einfluss auf die GAP hatten. Ostendorff will die GAP an den Reduktionsstrategien in der F2F messen. Ostendorff, der bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten wird, macht Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner persönlich dafür verantwortlich.
„Die Grünen halten demokratisch gefundene Einigungen zwischen 27 Mitgliedsstaaten für nicht erwähnenswert“, hält die Ministerin Ostendorff entgegen. „Respektlos wollen sie wie eine Dampfwalze mit ihrer Sichtweise über ganz Europa fahren. Das macht Europa kaputt und einigt nicht Europa.“ Klöckner blickt auf die erstmals eingeführte Konditionalisierung von Geldern für das Tierwohl und das Mindestbudget als Erfolg im Kompromiss. Der Rat hat sich für eine GAP entschieden, die „strenger als die GAP-Reformvorschläge der Kommission“. Wo Klöckner die Mitte sieht, sagte sie auch: „Von 100 Prozent Blühstreifen wird keiner satt. Und wenn sie auch noch ganz auf Pflanzenschutz verzichten wollen, dann opfern sie ernten und Ressourcen, und das macht den CO2-Fußabdruck schlechter.“ Selbst die Kommission werde für F2F erst noch eine Folgeabschätzung durchführen, bevor legislative Entscheidungen fallen.
Matthias Miersch (SPD) erkennt die „Herkulesaufgabe Kompromiss“ an, sagt aber auch, er reiche nicht für die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. „Dieses System ist krank Wir überfordern die Landwirte, wir überfordern die Tiere, wir überfordern den Boden.“ Das sage sowohl der Wissenschaftliche Beirat der Ministerin, als auch die Kommission, die im diskutierten EU-Etat die Ziele von F2F und Biodiversität nicht wiederfinde.
„Ein rotes Herz“ schreibt Sozialdemokrat Carsten Träger der GAP zu. Betrieben, die Schwarzarbeiter beschäftigen, werden die Gelder gestrichen. Es mache Sinn, die Details der Vorgaben zu beachten. Träger wirft bereits einen Blick auf die folgende nationale Umsetzungsstrategie, nach dem Trilog die GAP beim Umwelt- und Klimaschutz weiter zu verbessern. So könne Klöckner mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz europaweit vorgehen. Parteikollege Rainer Spiering kündigte eine Strategie der SPD mit einem Bekenntnis zur Landwirtschaft in Deutschland an.
Hermann Färber (CDU) nennt weitere Details. Auflagen für den Schutz von Feuchtgebieten und Moore, Leguminosen in der Fruchtfolge sind mehr als das bisherige Greening. Die nationalen Eco-Schemes können weitere Verbesserungen umsetzen.
Falsches Spiel wirft die FDP-Abgeordnete Carina Konrad den Grünen vor. Die ehemalige Agrarministerin Renate Künast habe morgens den Agrarausschuss verlassen, als die Bundesministerin den Ratskompromiss vorstellte. „Dass Sie dann nicht mitbekommen, was da inhaltlich gelaufen ist, kann ich verstehen“, sagte Konrad. Die Grünen waren auch nicht der Einladung eines Labors gefolgt, die neuen Züchtungstechniken zu verstehen.
Hin- und Hergerissen fühlt sich Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Partei „Die Linke“. Zum einen reichten die Vorschläge nicht, zum anderen sei aber auch die „Blockade gegen jede Änderung gescheitert“. „Wir sollten jetzt trotz aller Enttäuschung über das Ergebnis unsere eigene Kraft, für Veränderungen zu sorgen, nicht kleiner reden, als sie ist.“ Die Gelder müssen bei den Landwirten vor dem Hintergrund der Klima- und Ökokrise ankommen. Es gehe weder um öko oder konventionell, sondern um die Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft. Flächen, die keine Hofnachfolger mehr finden, gehen nicht zu Ökobetrieben oder Jungbauern, bedauert Tackmann, sondern zu „Agrarholdings und Bodenspekulanten“.
Die kritisierte Renate Künast reagierte eher nüchtern und hinterfragte, warum die Bundesministerin die Grünen als „Dampfwalze“ bezeichnete und die Köchin Sarah Wiener mehrmals erwähnte, weil sie 400.000 Euro Agrargelder erhalte. Grundsätzlichen Fragen um die Agrarstruktur, beispielsweise über die Exportorientierung, stelle sich das Ministerium nicht.
Albert Stegemann (CDU) rief eine Umweltstudie der Yale-Universität zusammen mit dem Zentrum für Internationale Bodenwissenschaften der Columbia-Universität auf. Von 180 untersuchten Staaten wurden 2018 unter den ersten 20 Ländern 14 EU-Länder aufgeführt [1]. Die Kritik an der GAP findet auf hohem Niveau statt: „von einer fehlgeleiteten Politik zu sprechen, ist einfach nicht zutreffend“, sagte Stegemann. In seiner Verrechnung der oft kritisierten fünf Milliarden Euro Agrargelder pro Jahr, entspreche das gerade einmal 0,3 Prozent der deutschen Staatsausgaben für die Lebensmittelproduktion.
Der AfD-Abgeordnete Andreas Bleck bezichtigt Bündnis 90/Die Grünen als „Totengräber unserer Bauern“, die in eine „ideologisch motivierten Kreuzzug gegen die konventionelle Landwirtschaft“ ziehen. Er kritisiert aber auch die Bundesregierung, „die mit Auflagen und ihrer Bürokratie die Erzeugerkosten in die Höhe treibt.“ Deshalb sind nach Parteikollegen Stephan Protschka die Erzeugerpreise „auch im Keller.“ Deutschland hätte mit der Verschärfung der Dünge-Verordnung einen Kotau vor der EU-Kommission gemacht, fuhr Bleck fort. Nur einen Lösungsansatz stellte Bleck in Aussicht: „Die rasante Explosion der Weltbevölkerung.“
Protschka wechselt dann die Begründung für niedrige Preise. Es sind dann nicht mehr die Auflagen, sondern die Auslegung des landwirtschaftlichen Systems auf „billige Rohstofferzeugung und Dumpingimporte“. Der größte Teil der Wertschöpfung lande nicht mehr bei den Landwirten. Durch eine Änderung des Systems würden auch Umwelt- und Tierschutz profitieren. Den Grünen wirft er die Umschichtung der Agrargelder für Naturschutzverbände vor, die neben der Landwirtschaft auch die Wirtschaft insgesamt vernichten. Das stecke hinter dem Artenschutz. Bleck und Protschka bedanken sich ausdrücklich bei den Landwirten für die Arbeit und versuchen mit dem Kritikreigen, Stimmen zu generieren.
Lesestoff:
[1] Environmental Performance Index 2018: https://sedac.ciesin.columbia.edu/data/set/epi-environmental-performance-index-2018
Roland Krieg
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