Albrecht Dürer im Oderbruch?

Landwirtschaft

Querschnittsaufgabe Landtourismus

Nürnberg ist mit Marktplatz und Kaiserburg schon aus sich heraus einen Besuch wert. Die Albrecht Dürer-Ausstellung bringt zusätzlich zahlende Gäste in die Stadt.
Im Oderbruch in Brandenburg lockt zwar der possierliche Biber manchen Landtourist in Deutschlands größte Polderlandschaft, doch wer ihn beim Namen stellt sich gegen die Hausbesitzer von nassen Kellern und Bauern mit überschwemmten Feldern. Wäre die Dürer-Ausstellung im Oderbruch die Alternative für die Wirtschaft?

Wirtschaftsfaktor

Niemand streitet dem Tourismus und dem Landtourismus seine Wirtschaftskraft ab. Der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung ländlicher Räume vom Januar 2012 sieht im Tourismus einen wichtigen Sektor für die ländliche Wirtschaft. Mit 2,9 Millionen Menschen sind rund sieben Prozent der Beschäftigten in diesem Sektor tätig. Zusammen mit den vor- und nachgelagerten Bereichen sind es sogar 12 Prozent. Dort wo die Menschen Urlaub machen geben sie Geld aus, profitieren Ortsansässige und, so die Hoffnung für das Land, verhindert den Wegzug junger Menschen vom Land.
Urlauber und Geschäftsreisende haben im Jahr 2010 fast 280 Milliarden Euro für Güter und Dienstleistungen in Deutschland ausgegeben. Dennoch ist der Landurlaub trotz Trend kein Selbstläufer, schon gar nicht ein Allheilmittel für den ländlichen Raum. Das zeigte sich im Bundestag bei der Debatte über den Landtourismus. Das Land steht im Wettbewerb mit spezialisierten Städtereisen – Dürer bleibt in Nürnberg.
Auf der nächsten Internationalen Grünen Woche wird die Interministerielle Arbeitsgruppe „Ländliche Räume“ „Best Practise“-Beispiele vorstellen, wie der Landtourismus in den Regionen seine Wirtschaftskraft entfalten kann, erläuterte Marlene Mortler (CDU/CSU). Vielleicht gehört auch das Kletterfestival im Pegniz-Tal dazu, das, so die Tourismusexpertin mehr als 10.000 Menschen nach Oberfranken lockte. Der große Hebel für die Umsetzung allerdings liege in den Ländern.

Querschnittsaufgabe

Auch wenn die Lust auf das Land boomt. Der Landtourismus ist nicht flächengerecht verteilt und die meisten Zahlen beziehen sich auf den Deutschlandtourismus insgesamt. Belastbare Zahlen für den ländlichen Raum fehlen, bemängelte Heinz Paula (SPD). Aber nicht nur das. Gilt der Tourismus für den ländlichen Raum als Querschnittsaufgabe, muss auch die Vorarbeit ressortübergreifend geleistet werden. Alexander Süßmaier (Die Linke) benannte die Minderungspotenziale für den ländlichen Raum: fehlende Regionalproduktion, Intensivierung der Landwirtschaft, mangelnder öffentlicher Nahverkehr, damit die Reisenden überhaupt erst an die Ziele gelangen, und Abbau der Zuzahlungen im Rahmen der Gesundheitsreform, der das neue Kind Gesundheitstourismus veröden lasse. Den Kurorten bleiben die Kurgäste fern. Außerdem werde zu wenig auf Barrierefreiheit geachtet und die Kommunen haben zu wenig Geld, Potenziale zu erschließen. Zu wenig Geld haben nach Süßmaier auch viele Menschen, die sich keinen Urlaub im eigenen Land mehr leisten können.

Kaufkraft und Infrastruktur

Von 100 Euro verbleiben nach Markus Tressel (Bündnis 90/Die Grünen) nur 36 Euro im ländlichen Raum. Das ist nach Willi Brase (SPD) selbst verschuldet. Auf der einen Seite sei die Bundesregierung stolz auf das „Minimodell Land Zukunft“, auf der anderen Seite werde der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz als ein möglicher Fördertopf für den Tourismus um 100 Millionen Euro gekürzt. Brase fehlt es an einer integrierten Vorgehensweise. Dazu gehört auch ein Ende der Minijobs in Hotel- und Gastgewerbe, in der rund die Hälfte der Beschäftigten gefangen sind. Auch die osteuropäischen Schlachtarbeiter, die für 2,78 Euro je Stunde arbeiten müssen, haben kein Geld für den Konsum im ländlichen Raum.
Der Autobahn A1 von der Ostsee bis nach Saarbrücken fehlen gut 33 Kilometer in der Eifel zwischen Blankenheim (NRW) und Daun (RP). Über diesen Lückenschluss wurde in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren heftig diskutiert: Zerstört die Autobahn die Eifel oder bringt sie Gäste überhaupt erst in die Region? Die Landesregierunen haben nach Dr. Edmund Geisen (FDP) die „offene Wunde an der Hauptschlagader“ A1 zu lange offen gelassen und die Entwicklung dieser Region verhindert. In der letzten Woche meldete die Eifelzeitung jedoch, hat NRW das letzte Planfeststellungsverfahren eingeleitet.
Der Tourismus ist kein Allheilmittel für die Entwicklung des ländlichen Raums. Der Antrag der CDU/CSU wurde an die Ausschüsse verweisen.

Lesestoff:

Internetplattform: www.tourismus-fuers-land.de

Wege zum Tourismuskonzept

Tourismusbarometer Ostdeutscher Sparkassenverband

Modellprojekte Land.Zukunft

Roland Krieg

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