Alles Bio - oder was?
Landwirtschaft
BioFach lädt Händler und Erzeuger ein
Morgen öffnet in Nürnberg mit der BioFach wieder die Weltleitmesse für Bioprodukte rund um den Globus. Die Messe ist ein Barometer der gesamten Branche und zeigt Neuigkeiten, mit denen sie mehr Kunden locken will. Partnerland der BioFach 2012 ist Indien, das Land, das als Subkontinent einen eigenen geografischen Status beansprucht und eine gesellschaftliche Vielfalt vom hochqualifizierten IT-Techniker bis zum Kindersklaven aufweist. Die größte Demokratie der Welt im Dauerumbruch.
Bio-Landwirte haben gut verdient
Nicht nur die konventionellen Betriebe haben im letzten
Jahr gut verdient. Die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) kann das auch
die deutschen Biobauern bescheinigen. Ursache waren allerdings zwei kleine
Getreideernten hintereinander und gestiegen Produktionskosten, die auf eine
anhalten hohe Nachfrage treffen. Die Erzeugerpreise für Getreide, Fleisch,
Milch und Eier sind im Laufe des Jahres nach oben geklettert. Die Produzenten
folgen langsam: vor allem die Auswahl an Biofleisch ist größer geworden.
Im Herbst haben Schweine der Spitzenklasse rund 2,90
Euro je Kilogramm erzielt. Zum Jahresende kamen zwischen fünf und fünfzehn Cent
dazu.
Bio-Milch als der klassische Biomarkt boomt ungebremst
weiter. Nachfrage und Angebot sind jeweils um zehn Prozent nach oben
geklettert, wobei der Milchauszahlungspreis bei 43,7 Cent je Kilogramm landete.
Allerdings stieg auch der konventionelle Milchpreis, so dass der Preisvorsprung
der Bio-Milch nur noch bei acht Cent je Kilo liegt.
Getreide wurde 2011 zum Problem. Die kleine ente 2010
wurde um drei Prozent unterboten, wobei das Wetter mit den teilweise
überfluteten Feldern auch die Biobranche traf. Dauersommerregen hat die
Qualität nach unten gebracht. Mit 400 Euro je Tonne haben die Getreidebauern
aber das gleiche Geld erhalten wie im Vorjahr. Da gab es nur 10 Euro mehr.
Insgesamt bleibt die Produktionssituation in der
tierischen Zweigen angespannt. Die hohen Investitions- und Futterkosten
verhindern nach Ansicht xer AMI Umstellungen auf den Biobereich in größerem
Maße.
Kunden mögen „Öko“
Zur BioFach zeigt das „Ökobarometer“, dass Ökoprodukte
nach wie vor bei Kunden hoch im Kurs stehen. Zuspruch findet Bio vor allem bei
jungen Menschen. 71 Prozent aller Befragten unter 30 Jahre kauft schon mal Bio
und 16 Prozent zumindest häufig. Ähnlich hoch ist auch die Gruppe, die nie Bio
kaufen möchte: 15 Prozent.
Bio ist jedoch kein Alleinstellungsmerkmal mehr, denn
in Bioprodukten suchen die Konsumenten die Herkunftsregion und eine
Erzeugeradresse, die dem Produkt „ein Gesicht“ verleiht. 81 Prozent der
Kundenwollen rasch erkennen, ob das Produkt aus der Region stammt, 90 Prozent
wollen fair gehandelte Waren.
Die wichtigsten zentralen Motive sind gleichgeblieben:
Die artgerechte Tierhaltung steht mit 94 Prozent ganz oben, 89 Prozent kaufen
wegen der Regionalität und 89 Prozent kaufen Bio, weil sie weniger Schadstoffe
haben wollen. Die Ernährung in der Schwangerschaft ist mit neun Prozent Zuwachs
in der Liste weiter nach oben gelangt.
Der Außer-Haus-Bereich wird für Bio immer wichtiger: Bioprodukte in Kitas und im Kindergarten halten 92 Prozent für wichtig, knapp darunter liegen die Wünsche für Krankenhäuser, Schulen und Seniorenheime. Restaurants, die sich abheben wollen, führen „Bio“ auf der Speisekarte. In 74 Prozent der Restaurants mit gehobener Küche gehört Bio in die Küche, gefolgt von Kantinen und Mensen. Bei 57 Prozent der Caterer gehört Bio zum Sortiment.
Traditioneller Streit im Vorfeld
Am Montag hat das Bundeslandwirtschaftsministerium
seine Zahlen für 2010 veröffentlicht. Demnach sind die Anbauflächen für Gemüse,
Obst und Wein erweitert worden. Es wird im Biosektor auch mehr Milch und
Geflügel produziert. Demgegenüber fielen bei Kartoffeln und Getreide die Flächen
zurück.
Elf Prozent der Gemüsefläche in Deutschland wird
ökologisch bewirtschaftet, Leitkultur bleibt die Möhre. Der Ökoweinbau wuchs um
zehn Prozent auf 5.200 Hektar. Auch die biologisch wirtschaftenden Apfelbauern
zählen schon 3.100 Hektar.
Die Biomilch wuchs um zehn Prozent und kommt auf einen
Anteil am Gesamtumsatz auf zwei Prozent.
Dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
reichen die Zahlen nicht aus und werfen Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner
„Schönfärberei“ vor. Die Nachfrage rufe zwar nach mehr Umstellungsbetrieben,
doch habe die Bundesregierung es versäumt, die Rahmenbedingungen dazu
einzustellen. Der Ökolandbau bleibe so dauerhaft nicht konkurrenzfähig
gegenüber dem konventionellen Anbau, sagte BÖLW-Vorsitzender Prinz Felix zu
Löwenstein am Montag. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung habe ausreichende
Maßnahmen zur Förderung des Ökolandbaus vorgelegt, die nicht umgesetzt würden.
Lesestoff:
Das komplette Ökobarometer finden sie unter www.oekolandbau.de
Bund sieht Vorteile, aber keinen Goldstandard Ökolandbau
Roland Krieg; Grafik: Böln
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