Almosen statt Konzepte

Landwirtschaft

EU-Agrarrat-Hilfe wie bestellt

Der wichtigste Punkt des letzten EU-Agrarrates vor der Sommerpause ist die Hilfe in der Dauerpreiskrise gewesen. Alle Märkte sind betroffen, auch wenn der Schweinepreis derzeit wieder leicht angezogen hat. Die EU stellt wie beim letzten Hilfspaket erneut 500 Millionen Euro zur Verfügung, die allerdings für alle Sektoren gelten. Auch die Getreidebauern können von derzeit 140 Euro je Tonne Weizen ihre Kosten nicht decken. Von den 500 Millionen Euro sind 150 Millionen für den Milchbereich bestimmt. Die sollen ausbezahlt werden, wenn die Erzeuger freiwillig auf eine Anlieferung von Milch verzichten. Die restlichen 350 Millionen Euro sind für eine Überbrückung von Liquiditätsengpässen vorgesehen und können nationale im gleichen Umfang kofinanziert werden. Geholfen werden sollen kleinen Betrieben, eine Extensivierung der Produktion, die Umsetzung von Umweltprogrammen, der Aufbau von Qualitätsprogrammen für höherwertige Produkte und Ausstattung finanzieller Programme.

Im Bereich der Milch stehen nach wie vor gekoppelte Auszahlungen auf freiwilliger Basis auf der Werkzeugliste, die Ausdehnung nationaler Intervention ohne Anhebung des Interventionspreises für Milchpulver bis Ende Februar 2017 und auch in diesem Jahr vorgezogene Auszahlungen der Direktzahlungen (bis 70 Prozent) und 85 Prozent für die zweite Säule. Nicht neu, aber aufgeführt, ist die Verlängerung der Hilfe für den Obst- und Gemüsesektor vor dem Hintergrund des Russland-Embargos. Gegenstimmen habe es bei der Vorstellung nicht gegeben.

Ein anderes Ergebnis war auch nicht abzusehen. Das hatte schon die unnütze Verlagerung der deutschen Agrarministerkonferenz (AMK) nach Brüssel am vergangenen Freitag gezeigt. Die Milchbauern bekommen wenige Hunderte Euro, müssen aber monatlich schmerzliche Tausende und Zehntausend von Euro den Tankwagen hinterherwerfen. Wurde Volker Wissing seines Veto für Rheinland-Pfalz in der AMK wegen noch als Buhmann ausgemacht, so hat sich seine Meinung vor dem europäischen Agrarministerhintergrund doch als realistisch erweisen. Der FDP-Politiker, neu auf der Agrarbühne, vermisst ein Konzept in dieser und gegen künftige Agrarkrisen [1].

Entsprechend fallen die Reaktionen aus. Landwirtschaftsminister Christian Meyer aus Niedersachsen: „Nur bessere Preise helfen in der aktuellen Milchkrise. Ich bedauere, dass weiterhin keine europaweite Mengendeckelung in Sicht ist.“ Meyer hat schnell gerechnet. Für die Milchbauern in Deutschland bedeutet das Hilfspaket rund 800 Euro je Betrieb. Im letzten Jahr haben die niedersächsischen Milchbauern insgesamt 1,2 Milliarden Euro Verlust gemacht. „Europaweit Menge runter, Preis rauf“, lautet sein Credo.

Ein Problem ist die Freiwilligkeit, da es genug Länder wie die Niederlande oder Irland gibt, die ihre Milchproduktion ausweiten wollen. Das kritisiert die Europagrüne Maria Heubuch: „Die von Hogan vorgelegten Maßnahmen sind aber unzureichend und kommen viel zu spät. Sie hätten außerdem verpflichtend für alle Mitgliedsländer sein müssen und nicht freiwillig.“ Die EU hat in den ersten vier Monaten 2,8 Millionen Tonnen mehr Milch als im Vergleichszeitraum 2015 erzeugt.

Unzufrieden ist auch Bauernpräsident Joachim Rukwied: Jetzt kommt es darauf an, dass diese Maßnahmen schnell und effizient umgesetzt werden und bei den Milchbauern zeitnah ankommen. Mit der Kopplung finanzieller Unterstützungsmaßnahmen soll in einzelbetriebliche Produktionsentscheidungen eingegriffen werden. Dies führt zu Mitnahmeeffekten und Marktverzerrungen sowie zu steigenden bürokratischen Kosten für Antragsstellung und Mengennachweise.“

Lesestoff:

[1] Milch: Ende der Fahnenstange

Roland Krieg

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