AMK: Alle gegen Grün

Landwirtschaft

Bärendienst für die Landwirte

Nach dem Abbruch der Sonder-Agrarministerkonferenz in der Nacht [1], ist offen, wie es weitergeht. Die Wiederaufnahme der Sitzung in der nächsten Woche wird von den äußeren Bedingungen keine Veränderung erfahren. Der Trilog über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird zwar im Agarrat und auf einer Sondersitzung Ende der Woche diskutiert, es sind aber keine Ergebnisse zu erwarten.

Nicht-Beschlüsse berücksichtigen

Auch wenn die Agrarminister zum zweiten Mal kein Ergebnis erzielen konnte, bleibe der Ort der Festlegung der künftigen Agrarförderung die Agrarministerkonferenz, betonte Sachsens Wolfram Günther (Bündnis 90/Die Grünen). „Es gab Einigungswillen auf allen Seiten, aber auch Dissens in entscheidenden Fragen“, teilte Günther mit. Ohne Beschlüsse wird die Bundesministerin Julia Klöckner Vorschläge machen müssen, damit Deutschland am Ende überhaupt an der GAP teilnehmen kann. Günther weiß das, fordert aber auch, dass Klöckner „die Willensbildung der Agrarminister“ berücksichtigen solle.

Humorige Aussage

Die angesprochen Ministerin bezeichnet das Statement von Günther als Aussage, „nicht frei von Humor“. Julia Klöckner würde gerne Beschlüsse berücksichtigen, die aber unter seinem Vorsitz erneut nicht gefasst wurden. „Das grüne Vorsitzland scheint ein Faible für Marathonsitzungen zu haben - an deren Ende dann leider nichts rauskommt. Als Bundesministerium sind wir nur Gast bei der Agrarministerkonferenz und geben Auskunft, wenn die Länder Nachfragen haben. Es ist bedauerlich, dass es dem grünen Vorsitz wie schon bei der Sitzung Anfang Februar erneut nicht gelungen ist, die Länder in der zentralen Frage der nationalen Umsetzung der neuen GAP zusammenzubringen. Eine weitere Chance, diesen Prozess konstruktiv mitzugestalten, wurde von den Ländern damit verpasst. Es hilft ja nichts, auf Maximalforderungen zu beharren, so werden keine Gesetze gemacht, aussitzen hilft nichts, man muss auch den Mut zu Entscheidungen haben. Zumal es gestern viel Bewegung und Einigung unter den unterschiedlichen Parteifarben gegeben hat, bis auf die Grünen.“

Die Grünen haben nach Aussage von Klöckner sogar schon informell gefasste Beschlüsse, wie die Mittelverteilung für die Entwicklung ländliche Räume (ELER) in Frage gestellt. Die Grünen fänden auch untereinander keinen Konsens. Die einen wollen die Mittel für die kleinen Betriebe stärken, die meisten grünen Agrarminister kommen aber aus Ostdeutschland und sperrten sich gegen die Umverteilung von den großen Betrieben.

„Kein Herz für die Bauern“

Die Grünen haben sich in der Landwirtschaft keinen Gefallen getan, Kompromisse erneut zu verhindern. Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) ist eindeutig: „Wer aus rein ideologischen Gründen die künftige EU-Agrarpolitik blockiert, der hat kein Herz für die Bauern. Es war bei den Kolleginnen und Kollegen leider wenig Wille zu ernsthaften Lösungen zu erkennen. Wir alle wollen, dass die Gemeinsame Agrarpolitik noch mehr als bisher zum Umwelt- und Klimaschutz beiträgt.“

Alle anderen wollten

Nach Till Backhaus, Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern (SPD), haben sich alle anderen Parteifarben kompromissbereit gegenüber den Grünen gezeigt. „Wir sind der grünen Position erheblich entgegengekommen, doch an der Kompromisslosigkeit der anderen Seite gescheitert. Dabei ist es ein fragwürdiges Verhalten der Grünen, sich zu einer Verhandlung treffen zu wollen und vorher eine Unterschriftensammlung für die eigene Position zu starten. Es hat sich gezeigt, dass die grünen Länder sich untereinander nicht einmal grün sind und unterschiedliche Interessen vertreten“, unterstreicht er Klöckners Beobachtungen für den Dissens der Grünen untereinander. Wir müssen das große Ganze im Blick behalten. Die konventionelle Landwirtschaft zum Feindbild zu erklären, ist der völlig falsche Ansatz. Sie ist für mich nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, wenn wir es richtig anstellen. Ziel meiner Politik ist es, Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung in Einklang zu bringen.“ Backhaus forderte die Grünen zum Verzicht auf Maximalforderungen auf. Alle wollten mehr Umweltschutz, Artenvielfalt und sauberes Wasser sowie eine andere Landwirtschaftspolitik. „Wer den Landwirten einen großen Teil ihres Einkommens wegnehmen will, indem er Flächenprämien kürzt, muss Alternativen anbieten. Genau das passiert bisher nicht. Ich bezweifele, dass die Grünen durchgerechnet haben, was ihre Umverteilung zum Beispiel für ökologisch wirtschaftende Betriebe bedeutet.“

Kaniber zum grünen Dissens

Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sagte: „Wir müssen insbesondere die kleineren und mittleren Betriebe mit einem Zuschlag auf die ersten Hektar in die Lage versetzen, wirtschaftlich überleben zu können. Mit Umweltleistungen alleine kann das nicht gelingen! Die Landwirte brauchen ein ausreichendes Einkommen für ihre Familien, das ist im Übrigen auch ein in den EU-Verträgen verankertes Ziel der GAP.“ Bereits heute würden mehr als 50 Prozent der Gelder für Agrarumweltmaßnahmen ausbezahlt. „Diese Sichtweise wird von den Grünen aber aus ideologisch-taktischen Gründen abgelehnt. Offenbar wollen sie sich vor den Bundestagswahlen vor einem klaren Bekenntnis herumdrücken. Denn einerseits geben sie vor, die Belange der kleinen Betriebe zu vertreten, andererseits blockieren sie die Umverteilung. Das sollten wir ihnen nicht durchgehen lassen“, so Kaniber.

Das Feindbild der Grünen

Parallel zu den Verhandlungen in der Agrarministerkonferenz startete die Bundespartei Bündnis 90/Die Grünen eine Unterschriftenkampagne. Mit der Aussage ‚Gemeinsam mit Agrarministerin Julia Klöckner versucht eine übergroße ‚Weiter-so‘-Koalition aus CDU/CSU, SPD, FDP, und LINKEN den Status Quo der rückwärtsgewandten EU-Agrarpolitik zu zementieren‘. Damit war nach Thüringens Agrarminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) die Strategie klar vorgegeben. Thüringen hat sich an den Verhandlungen konstruktiv und zielorientiert beteiligt. „Als rot-rot-grüne Koalition mit ambitionierten Zielen beim Klimaschutz sowie dem Ausbau des Ökolandbaus und überwiegend ländlich geprägtes ostdeutsches Bundesland sehen wir es als unverzichtbar an, Klimawende, Einkommenssicherheit für die Landwirtinnen und Landwirte sowie gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen unseres Freistaates zu sichern“, so Minister Hoff.

Was sagen die Grünen?

Axel Vogel ist Vorsitzender der so genannten G-Länder und vertritt das Bundesland Brandenburg. Seinen Worten nach, war der Einigungswille groß. Vogel sagt aber auch: „Als Brandenburger Agrarminister kann ich allerdings keinem Kompromiss zuzustimmen, der einen erheblichen Mittelabfluss aus dem Land zur Folge gehabt – und damit ein tiefes Loch in die Kasse des Landes und die der Landwirtinnen und Landwirte gerissen hätte. Das würde sich sehr negativ auf unsere Möglichkeiten zur Gestaltung der ländlichen Räume in Brandenburg auswirken. Eine Kürzung dieser Mittel der sogenannten ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik zugunsten einer erhöhten Umverteilungsprämie an kleine Betriebe und damit von Ost nach West lehnen wir, vor allem bei Ausschluss bestimmter Betriebsgrößen, ab. Umweltleistungen können von Betrieben jeder Betriebsgröße erbracht werden.“ Eine entsprechende Umverteilung aus der ersten in die zweite Säule sei unerlässlich.

Was ist nächste Woche zu erwarten?

Diese Frage haben Friedrich Ostendorff und Renate Künast von den Grünen beantwortet. Der agrarpolitische Sprecher und die Sprecherin für Tierschutzpolitik geben vor: „Die Verteilung von Agrarmilliarden auf Jahre hinweg festzuschreiben, noch bevor Brüssel überhaupt die finalen Rechtsgrundlagen vorgelegt hat, muss zurückgewiesen werden. In einer Nacht- und Nebelaktion, die Umsetzung der Europäischen Agrarpolitik in Deutschland zu erreichen, wird der Bedeutung für eine Ökologisierung der Agrarzahlungen nicht gerecht.“ Die Unions-, SPD-, FDP- und sogar von der Linken geführte Agrarministerien der Länder ließen sich von Julia Klöckners Vorschlägen instrumentalisieren.

Lesestoff:

[1] Abbruch der AMK ohne Ergebnis: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/sonder-amk-abgebrochen.html

Roland Krieg

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