Arbeit an einer Nationalen Wasserstrategie

Landwirtschaft

Nachhaltiger Umgang mit Wasser auch in humiden Regionen

Nach einigen Jahren der Trockenheit Jahren zwei Millionen Menschen in den USA durch haben Staubstürme in den 1930er ihre Heimat verloren. Was an Feldkulturen noch auf den Feldern stand, verstaubte, die Aussaat ging nicht auf und die Menschen zogen mit Planwagen bis nach Kalifornien. Vor 90 Jahren hat sich der Name „Dust Bowl“ in die Köpfe der Amerikaner festgesetzt. Kurz darauf entstanden die ersten Gesetze zur Verhinderung von Winderosion.

Im Kleinen sind die Geschehnisse auch schon auf Deutschland übertragbar: 2011 verursachte ein Sandsturm südlich von Rostock einen Massenunfall. Die Mischung aus mangelndem Niederschlag, fehlender Vegetation und Windereignissen sind kein Einzelfall mehr. Die Wetterlage in den vergangenen Tagen hat im Gegenteil durch Starkregen viel Schaden in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verursacht. Die Trockenheit in 1,80 Meter Bodentiefe ist dennoch seit 2018 weiterhin vorhanden, wie der neue Service des Deutschen Wetterdienstes täglich aktuell belegt [1].

Wasser ist ein lokales Problem

Neue Warnungen gibt es auch in den USA. Der Sommer 2021 könnte im Westen der trockenste des vergangenen Jahrhunderts werden. Wasserknappheit seit mehr als 20 Jahren veranlassen die Menschen erneut, ihre Heimat zu verlassen.

Regionen, in denen mehr Niederschlag fällt als verdunstet, gelten als humid. Wo die Verdunstung größer als der Niederschlag ist, heißen arid. Das sind längst nicht mehr nur die subtropischen Zonen. Der gesamte Mittelmeerraum hat sich durch anthropogene Veränderungen vom flächendeckenden Wald vor 2000 Jahren zu einer wasserknappen Gegend verändert. Lokale Ereignisse zeigen, dass auch im humiden Deutschland das Wasser im Bewusstsein eine immer stärkere Rolle einnimmt. Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze, hat im Rahmen des dritten Wasserdialogs in Berlin am Dienstag Simmern in Rheinland-Pfalz genannt. Der Ort hat im vergangenen Jahr  die Wassernutzung wegen Knappheit eingeschränkt. Hinter den Schlagzeilen nehmen Wassernutzungskonflikte in Deutschland seit Jahren zu. Auch Brandenburg schränkte im Spreewald die Privatentnahme aus der Spree mangels Durchfluss schon wiederholt ein. In Mecklenburg-Vorpommern sinken die Wasserspiegel der bei Touristen beliebten Seenplatte.

Keine Gewissheiten mehr

Damit es in Deutschland nicht soweit wie in den USA oder am Mittelmeer kommt, muss mehr über Wasser nachgedacht werden. Das hat das Ministerium seit 2018 intensiv getan. Drei Wasserforen und eine Bürgerbeteiligung wurden organisiert. Jetzt liegt eine Gesetzesentwurf zur Nationalen Wasserstrategie vor. Svenja Schulze: „Beim Wasser steht Deutschland vor enormen Herausforderungen. Der Klimawandel stellt alte Gewissheiten zusehends in Frage. Drei Dürrejahre in Folge haben gezeigt, dass Deutschlands Wasserreichtum keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Auch das Thema Wasserverschmutzung ist trotz einiger Erfolge noch lange nicht vom Tisch. Mein Ziel ist, dass auch in 30 Jahren sauberes Wasser immer und überall in Deutschland ausreichend verfügbar ist. Damit das gelingt, müssen Grundwasser, Seen, Bäche und Flüsse in Deutschland sauberer werden. Auch brauchen Infrastruktur, Landnutzung und Stadtentwicklung eine bessere Anpassung an die Folgen des Klimawandels“

Insgesamt sollen 57 Maßnahmen schrittweise bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden. Der Aufschlag aus dem BMU ist ein interner Vorschlag, nicht mit anderen Ressorts abgestimmt und gilt Schulze als Weg für die nächsten Legislaturperioden.

Prävention

„Wasserknappheit soll gar nicht erst entstehen.“ Die Forderung der Ministerin muss komplex umgesetzt werden. Wasser muss in der Landschaft gehalten werden. Die ganzjährige Bodenbedeckung und pfluglose Bodenbearbeitung rücken als Maßnahmen zur Reduzierung der Verdunstung in den Fokus der Landwirtschaft. Die Renaturierung von Gewässern und vor allem Auen verlangsamt den Abfluss in Richtung Meer. Schulze geht es auch um die Wasserqualität. Alles was nicht in die Wasserkörper eingetragen wird, muss nicht von den Wasserwerken bei der Trinkwassergewinnung aufwendig herausgeholt werden.

Dazu hat im März dieses Jahres das Spurenstoffzentrum des Bundes in Leipzig beim Umweltbundesamt seine Arbeit aufgenommen. Mit Herstellern und der Wasserwirtschaft sollen an Runden Tischen weitere Maßnahmen vorgeschlagen werden, um die Einträge in Gewässer zu reduzieren und die Bundesländer bei der Einführung einer 4. Klärstufe in Kläranlagen zu beraten. Auch, wenn die Belastung der Gewässer in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist.

Im Fokus

Die Klimaforscher haben den Wasserexperten eines voraus: Szenarien für die künftige Klimaveränderung. Bei der Ressource Wasser werden Prognosen nur lokal bei Bauvorhaben umgesetzt, sagte Schulze. Generell müsse die Datenbasis und damit eine Prognosefähigkeit verbessert werden. Das soll Nutzungskonflikte entschärfen. Industrie, Private, die Landwirtschaft und Kommunen drängen um das Nass. Die einen für ihren Garten, die andere für Prozesswasser, die anderen für Trinkwasser oder Grundlage für die Tier- und Pflanzenproduktion.

Schon heute gibt es lange Leitungen, die Regionen mit hohem Wasseraufkommen mit Regionen mit hohem Wasserverbrauch verbinden. Beispiel Hamburg: Die Millionenstadt ist zwar an der Elbe gebaut, hat aber nicht genug Trinkwasser für seine Bevölkerung. Die Hamburger Wasserwerke haben Leitungen für die Trinkwassergewinnung in den Landkreis Harburg gebaut. Nach zahlreichen Auseinandersetzungen mit der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide e.V. wurde die Grundwasserentnahme aus insgesamt 30 Tiefbrunnen 1986 von einst 25 auf 16 Millionen Kubikmeter reduziert. Die Nutzungserlaubnis wurde erst wieder verlängert. Dagegen hat die IG Grundwasserschutz 2019 geklagt. Geschäftsführer Gerhard Schiehorn verweist auf das ausgetrocknete Bachbett der Este oberhalb von Cordshagen [2].

Schulze spricht sich für eine Novellierung der Abwasserabgabe aus. Die müsse sich an dem Verursacherprinzip orientieren. Das läuft auf den „Smarten Wassertarif“ hinaus, der zum Wassersparen im Privatbereich anreizen soll. Größere Umbauprobleme stehen für den Bereich der wassersensiblen Stadt an. Mehr Grünflächen sorgen für ein gesünderes Mikroklima, brauchen aber Wasser für ihr Wachstum.

Landwirtschaft

Die Bauern kennen das Problem seit Jahren. Die Landwirtschaft ist ein wesentlicher Nutzer der Wasserressourcen. Die Branche hat vielfältige Auswirkungen auf die Qualität des Wassers [3]. Moderne Technik hilft den Landwirten bei der punktgenauen und bedarfsgerechten Bewässerung [4]. In der vergangenen Woche hat der Zentralverband Gartenbau bereits eine eigene Wasserstrategie vorgelegt [5].

Wasserstrategie verankern

Das Thema Wasser spielt im Klimabereich eine große Rolle. Für das Thema Energie und Nachhaltigkeit gibt es zahllose Initiativen vom Bund bis hinunter zur Gemeinde. Da sind die Infrastrukturen von der Gesetzgebung bis zur individuellen Energieberatung vorhanden und gehören zum Alltag der Kommunalpolitik. Das Forum „Was brauchen wir für einen effektiven Klimaschutz vor Ort?“ des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie am Dienstagabend kam aber auch nicht ohne Wasser aus. Die Blockbuster Energie, Gebäude, Verkehr und Industrie sind die Platzhirsche der Energiewende. Michael Geißler ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands e. V. und verwies auf 13 erfolgreiche Jahre des Stromsparchecks, bei dem Kunden sich beispielsweise einen energiearmen Kühlschrank fördern lassen können. Zu der Beratung gehört aber auch der wassersparende Duschkopf.

Die Nationale Wasserstrategie des BMU kann die Lücke in der Transformationsökonomie schließen, die derzeit bei dem Thema Wasser nur tröpfchenweise vorhanden ist. Denn, so Geißler, die Niederlande machen den Ölmulti Shell für seine Emissionen beim Verbraucher verantwortlich und „das Bundesverfassungsgericht hat den Klimaschutz in den Rang eines Grundrechtes erhoben.“ Wassergebrauch und Wassernutzung gehören auch dazu.

Lesestoff:

Nationale Wasserstrategie des BMU: www.bmu.de

[1] Bodenfeuchte-Dienst des DWD: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/neuer-bodenfeuchte-dienst-des-dwd.html

[2] IG Grundwasserschutz Nordheide: https://neu.ign-hanstedt.de/

[3] KTBL-Tagung:https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/management-der-ressource-wasser.html

[4] Intelligent bewässern.: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/intelligent-bewaessern.html und https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/ist-die-beregnung-nach-dem-trockensommern-18-19-eine-loesung.html

[5] Wasserstrategie ZVG: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wasserstrategie-fuer-den-gartenbau.html

Roland Krieg

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