ARIWA-Video in Putenbetrieben

Landwirtschaft

Wie sich Bilder und Aussagen gleichen

Geflügelfleisch boomt. Vom Hühnchen bis zur Pute wandern Brust und Keule vermehrt in Töpfe und Pfannen. Beim Verzehr von Schweinefleisch ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen, Rind stagniert, aber der Verzehr von Geflügelfleisch hat  sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf rund 24 Kilogramm pro Kopf und Jahr verdoppelt. Geflügelfleisch gilt als gesündere Alternative und erreichte 2019 ein Schlachtgewicht von bundesweit 8,6 Millionen Tonnen. Rechnerisch ist Deutschland über alle Geflügelarten hinweg Selbstversorger.

Die Betriebe

Wenn da nicht die Haltung von Tieren wäre. Die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (ARIWA) hat dem Nachrichtenmagazin Spiegel ein Video zugesteckt, das nicht nur verletzte Puten zeigt, sondern Mitarbeiter, die Tiere beim Verladen treten, ihnen Federn ausreißen und damit spielen. Das Besondere: Die Betriebe im Video gehören Thomas Storck, der nicht nur Vizepräsident des Zentralverbandes Deutscher Geflügelwirtschaft (ZDG), sondern auch Präsident des Verbandes Deutscher Putenerzeuger (VDP) ist. Ein Geflügel-VIP, der 2015 dem damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt die Geflügelcharta 2015 für eine bessere Haltung überreichte.

Bilder, die sich gleichen

Die Bilder sind nicht neu, sie stammen aus verschiedenen Monaten Oktober bis Dezember aus den beiden Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Das wird beim Hamburger Nachrichtenmagazin nicht klar. Die Redakteure sprechen von Bildern aus dem November, bei denen Thomas Storck seinen Rechtsanwalt eingeschaltet hat. Dessen Einschätzung soll der Veterinärbehörde gefolgt sein, die zufällig zur gleichen Zeit den Betrieb kontrollierte und kein Fehlverhalten feststellte.

Stellungnahme Gut Jäcklitz

In seiner am Dienstag übermittelten Stellungnahme von Gut Jäcklitz zeigte sich die Geschäftsführung in höchstem Maße betroffen. Das Video zeige „aus der Sicht eines Putenhalters schlimme Bilder. Der Mitarbeiter, von dessen groben Fehlverhalten wir erst mit diesem Video Kenntnis erlangt haben, ist heute von uns verwarnt und freigesetzt worden.“ Kritik hält Thomas Storck für ARIWA und den Journalisten bereit: Eine frühere Zusendung der Bilder hätte eine frühere Reaktion der Geschäftsführung eingeleitet.

Einzelne wenige verletzte Tiere erlaubten nach Mitteilung von Gut Jäcklitz keinen „Rückschluss auf eine in ihrer Gesamtheit vermeintlich tierschutzwidrige Tierhaltung“.

Aussagen, die sich gleichen

Da weder ARIWA noch das Nachrichtenmagazin eine exakte Datierung des Videos angaben, hat sich Herd-und-Hof.de selbst auf den Weg gemacht. Die Videosequenzen stammen alle aus den Monaten Oktober bis November 2020. Die aktuellsten aus dem  Dezember 2020 sind bislang noch nicht veröffentlicht. Eine frühere Mitteilung an den Betrieb statt an eine Zeitung, hält ARIWA-Pressesprecherin Sandra Franz für kaum möglich. Thomas Storck hätte alles versucht, die Veröffentlichung zu verhindern, sagte sie am Telefon am späten Dienstagabend.

Zudem seine die Bilder strukturell typisch für alle Putenbetriebe und bezieht die Biobetriebe ausdrücklich mit ein. Mit der vorhersehbaren Entlassung eines Mitarbeiters ändere sich keine Tierhaltung und übertrage die Geschäftsführung die Verantwortung an andere. In den deutschen Puten-Mastbetrieben bliebe alles beim Alten.

Einladung

Zu ARIWA gehört die Fußnote, dass der Verein jede Form der Tierhaltung ablehnt, weil eine artgerechte Haltung grundsätzlich nicht  möglich sei. Vor allem aus diesem Grund mutmaßte die Interessengemeinschaft der deutschen Schweinehalter (ISN) über die Existenz eines professionellen Netzwerkes, das gezielt über die Presse lange Spenden-Kampagnen fahre [1].

Gut Jäcklitz lädt Besucher ein, sich jenseits dieser Bilder vor Ort ein persönliches Bild der Haltung zu machen.

Lesestoff:

[1] Lässt das kranke Schwein die Spenden sprudeln? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/ein-netzwerk-der-professionellen-tierretter.html

Roland Krieg

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