Armut in Chinas ländlichem Raum

Landwirtschaft

Armut in Chinas ländlichen Räumen: temporär oder chronisch?

Seit Beginn der ökonomischen Reformen Ende der 1970er Jahre hat sich die Anzahl der Armen in China erheblich reduziert. Dennoch sind nach Angaben der Weltbank immer noch ca. 170 Millionen Menschen in dieser Region von Armut betroffen. Die Bekämpfung von Armut kann sicherlich als eines der wichtigsten Ziele gesellschaftspolitischer Agenden angesehen werde. Im aktuellen Policy Brief befassen sich die IAMO-Direktoren Thomas Glauben und Thomas Herzfeld sowie die Wissenschaftler Scott Rozelle (Standford Universität, USA) und Xiaobing Wang (Chinesisches Zentrum für Agrarpolitik, Peking; Akademie der Wissenschaften) mit den Fragen, ob Armut in Chinas ländlichen Regionen eher temporärer oder chronischer Natur ist und welche Faktoren Armut eher begünstigen oder entgegenwirken.

Große Fortschritte in der Armutsbekämpfung

Trotz der erfreulichen Gesamtentwicklung, dass in der Volksrepublik China der Anteil an Armen von ursprünglich über 80 auf 13 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2008 zurückgegangen ist, bestehen innerhalb des Landes große regionale Unterschiede. Insbesondere zwischen Land und Stadt sowie den westlichen und östlichen Provinzen ist ein enormes Armutsgefälle zu beobachten. Während die Armutsrate in den Städten schon seit einem Jahrzehnt unter einem Prozent liegt, sind durchschnittlich etwa 15 Prozent der ländlichen Bevölkerung arm. Die ländliche Armutsrate in den westlichen Provinzen Chinas ist mit knapp 30 Prozent deutlich ausgeprägter als in den boomenden Küstenregionen im Südosten, wo rund sieben Prozent der Bevölkerung auf dem Land von weniger als einem Dollar pro Tag leben müssen.
Verschiedene Aspekte, wie beispielsweise Ursachen, Folgen und Strategien der Bekämpfung von Armut sowie die geeignete Messung des Ausmaßes, werden in der gesellschaftspolitischen Debatte kontrovers diskutiert. Dabei werden jedoch bedeutende dynamische Gesichtspunkte, ob unterschiedliche Individuen nur zeitweise arm sind oder immer dieselben Menschen über einen längeren Zeitraum von Armut betroffen sind, zumeist vernachlässigt.

Eher temporär als permanent arm

Im Rahmen der Untersuchung haben die Wissenschaftler des IAMO (Leibniz-Institut für für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa) festgestellt, dass im ländlichen Raum der betrachteten drei Provinzen weniger permanente und eher temporäre Armut herrscht. Die temporäre Natur der Armut lässt darauf schließen, dass diese die Folge kurzfristiger Einkommensschwankungen ist. Demnach sind Maßnahmen vorteilhaft, die diesen Schwankungen entgegenwirken und einen intertemporalen Ausgleich der Einkommen begünstigen. Größere Familien in dünn besiedelten stadtfernen Regionen, wo zudem noch eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit herrscht, sind eher von dauerhafter Armut betroffen. Sind Menschen permanent arm, dann sind Sozialpolitiken oder auch langfristig ausgerichtete Arbeitsmarktprogramme zur Armutsreduktion geeignet. Insgesamt scheint Bildung dauerhafte Armut zu vermeiden und somit kann der Ausbau von Bildungsmöglichkeiten nach wie vor einen Hauptansatzpunkt zur Armutsbekämpfung darstellen.

Lesestoff:

Der ausführliche Beitrag des IAMO Policy Briefs 8 kann auf der folgenden Homepage eingesehen werden: www.iamo.de

Daniela Schimming, IAMO

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