ASP – Nur das Virus macht Fortschritte

Landwirtschaft

Fazit nach sieben Monaten ASP

Deichkilometer Null

Lebus, malerisches Dorf im Oderbruch zwischen Frankfurt/O. und Küstrin. Die steil aufragenden Oderberge wurden um das Jahr 1000 zu einer wehrhaften Festung ausgebaut. Die Trockenrasenflächen sind im Frühling mit blühenden Adonisröschen übersät. Im Norden zieht sich ein neu gebauter Zaun gen Norden. Am kleinen Campingplatz beginnt der Deichkilometer 0. Je nach Wanderung beginnt oder endet hier der Oderdeich, der sich in das Oderbruch zieht.

Zwischenfazit

Deichkilometer 0 ist auch ein geeigneter Treffpunkt, um nach sieben Monaten ein Zwischenfazit nach dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) zu ziehen. Endet hier der Einbruch der für den Menschen ungefährlichen Viruserkrankung, die für Haus- und Wildschweine tödlich ist, oder hat der Kampf gegen die ASP einen Nullpunkt erreicht?

Die ASP ist seit Jahren Thema auf allen Tagungen zur Schweinehaltung und auf Veterinärveranstaltungen gewesen. 2014 hatte das Russland nach Westen vordringende Virus die Kleinhaltungen in Ostpolen erreicht. Seitdem galt „ein Alarmzustand für die deutsche Schweinewirtschaft“. Man müsse die Exportmärkte für ein Regionalsierungskonzept sensibilisieren, die Betriebe wurden mit Infomaterial zur Biosicherheit angehalten, die hohe Wildschweinkonzentration solle durch eine intensive Bejagung reduziert werden. Lagerbestände für den Zaunbau wurden aufgebaut. Seit 2014 wanderte das Virus westwärts und ist in Westpolen aus den großen Hausschweinbeständen und kleinen Schweinehaltungen kaum mehr wegzudenken. Der letzte Seuchenbericht des Friedrich-Löffler-Instituts macht den hohen Infektionsdruck aus dem deutsch-polnischen Wildschweinbestand deutlich [1]. Die Vorbereitungszeit hat zu Beginn des Ausbruchs in Brandenburg zum Glauben geführt, Deutschland könne das Virus so schnell los werden wie Belgien oder Tschechien [2].

Wildschweinzaun

Bekämpfungskilometer Null

Dem aber ist nicht so. Im Gegenteil. Am Deichkilometer 0 kamen am Donnerstag Uwe Feiler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die Tierseuchenkoordinatorin des Landes Brandenburg, Anna Heyer Stuffer, der Staatssekretär im brandenburgischen Innenministerium, Uwe Schüler mit dem Landrat für den Kreis Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt zusammen und stellten sich neben Journalisten auch dem Geschäftsführer der anliegenden Schweinehaltung Gut Klessin, dem Präsidenten des Jagdverbandes Brandenburg, Dirk-Henner Wellershof, und dem Landesbauernpräsidenten Hendrik Wendorff, sowie einigen weiteren Bauern. Es gibt Zäune, es gibt Restriktionsgebiete, es gibt eine intensivere Jagd, Entnahmepläne für das Schwarzwild sind vorhanden, Absprachen zwischen den Landkreisen in Brandenburg und zwischen Deutschland und Polen und: Das Virus ist bislang noch nicht in einen Hausschweinebestand eingedrungen. Aber sonst: Das Virus hat sich seit September 2020 ausgebreitet. Die Kerngebiete und die Restriktionsgebiete wurden größer. Neben 800 erlegten Wildschweinen wurden rund 800 an der Seuche erlegte Wildschweine geborgen und das neue Modell der so genannten Weißen Zone geistert herum.

Aber eben auch: Weil sich das Virus weiter ausgebreitet hat liegen auch mehr Schweinehaltende Betriebe in den Risikogebieten. Das Risiko, Gefährdungs- und Infektionspotenzial ist seit September 2020 stetig angewachsen. Hat Deutschland am Deichkilometer 0 das Ende der Bekämpfungsstrategie gegen die ASP erreicht oder geht von hier ein Ruck durch Kreis, Bundesland und Berlin, um auch zu einem Erfolg zu kommen?

Es fehlt ein Erfolgskriterium

Mit dabei war auch Die Veterinärin Sabine Buder, die in ihrem Wahlkreis in Frankfurt/O. für Georg von der Marwitz im Herbst in den Bundestag einziehen will. Sie legt den Fokus auf die Praxis. Im vergangenen September mussten Landwirte in den Kerngebieten zum Teil auf ihre Maisernte verzichten. In diesem Jahr fällt jede Sommerung aus, weil die Ackerbauern nicht auf ihre Felder dürfen. Die wirtschaftlichen Verluste schreiben sich fort. Auch bei den Schweinehaltern. Die Solidarität mit den Brandenburger Bauern endete schnell und selbst der grüne Agrarminister Axel Vogel musste bei Tönnies um Wiederaufnahme der Schlachtungen für Brandenburger Schweine bitten. Die Betriebe erhalten einen ASP-Abschlag, müssen längere Wege zurücklegen und sind so direkt mit wirtschaftlichen Einbußen betroffen. Sabine Buder will eine Entschädigung durchsetzen. Die Forderung hilft zwar bei der Wahl, aber nicht im Kampf gegen das Virus. Uwe Feiler hält entgegen, dass Schweinehalter in das Überbrückungsgeld III der Corona-Hilfen eingegliedert wurden. Landrat Gernot Schmidt sagt, er habe ohne Verzögerung jeden finanziellen Aufwand für Zaunbau, Bundeswehrpersonal und Hubschrauberflüge sofort und ohne zögern von Potsdam und Berlin erhalten. Die Gelder sind zwar keine Soforthilfe, aber eine langfristige, im Falle, das Virus verschwindet wieder und die Landwirte nehmen am normalen Marktgeschehen teil. Die Ackerbauern haben bereits 1,7 Millionen Euro Entschädigung erhalten, ergänzt Hendrik Wendorff.

Informationsschild

Ob der Zaunbau die richtige Wahl ist, bleibt fraglich. Es gibt zwar keine Alternative, aber nach Jäger Wellershof, lasse sich kein einziges Wildschwein von Strom aufhalten, die Zäune sind zu schwach und weisen Lücken auf. Die so genannte Zone soll eine Doppelbarriere mit mehreren Kilometern Breite sein, die als Puffer Wildschweinfrei gejagt werden soll. Die Weiße Zonen für Brandenburg sind aber noch nicht geplant, für die aktuelle Vergrößerung der Kernzone in Märkisch Oderland müssen 50 Kilometer Zaun erst einmal neu gebaut werden. Polen sieht die Doppelbarriere kritisch, weil bei einer Absperrung von Grünbrücken jeglicher Wildwechsel gegen die Sicherung der Artenvielfalt behindert wird. Warschau befürchtet Kritik von der EU.

Nach Wellershof wissen Jäger nicht, wo sie gerade jagen dürfen und wo nicht. Der Wildschweinmarkt sei zusammengebrochen und niemand wüsste, wo die Kadaver hingebracht werden sollen. Die eingerichteten Sammelstellen hätten nur stundenweise auf und die Kadaver seien über hohe Containerwände zu hieven. Es fehle an Kühlmöglichkeiten. Einige Sammelstellen sollen aber mittlerweile mit Flaschenzügen für die Entsorgung ausgestattet worden sein.

Andere Jäger finden die Entnahmepläne für das Schwarzwild nicht – die anderen sagen, sie sind EU-notifiziert im Internet zu finden. Die einen beklagen die fehlende Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden, Gernot Schmidt sagt, wir müssten auf uns selbst schauen.

Fortschritte in der ASP-Bekämpfung drücken sich nicht durch Millionen Euro an Entschädigungen aus, nicht durch Kilometer an Zaunbau oder der Idee von „Weißen Zonen“. Das Erfolgskriterium kann nur eine Verkleinerung der Restriktionsgebiete und Kernzonen sein. Wenn das gelingt, war das Treffen am Deichkilometer 0 der Anfang des Erfolgs.

Lesestoff:

[1] Die aktuelle Tierseuchenlage: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/die-tierseuchenlage.html

[2] Es ist passiert: Die ASP in Brandenburg: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/id-70-000-hektar-brandenburg-unter-generalverdacht.html

Roland Krieg; Fotos: roRo

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