ASP: Werben um Vertrauen
Landwirtschaft
Zäune sollen Regionalisierung sichtbar machen
Für die meisten Menschen ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) gar kein Thema. Die für Wild- und Hausschwein tödliche, für den Menschen ungefährliche Krankheit klingt auch noch so, als wäre sie auf einem anderen Kontinent. Doch die Politik nimmt die Situation gebotener Maßen „sehr ernst“, wie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am Montag zur Bund-Länder-Konferenz über die ASP unterstrich.
Weil es keinen Impfstoff gibt, muss der erste auftretende Fall entsprechend eingedämmt werden [1]. Dazu zählt auch das mögliche Keulen eines Nutzviehbestandes. Die Tagespresse stellte sich gleich das Töten eines Bestandes von mehr als 40.000 Schweinen vor. Christina Schulz Föcking, Landwirtschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen, verwies darauf, dass es solche Bestände nur in Ostdeutschland gebe. Im Falle von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind die Bestände deutlich kleiner, gleichwohl dafür viele Familien betroffen, deren Sauenhaltung oder Mast vor dem betrieblichen Aus stehen. Die Tierseuchenkasse ist gar nicht in der Lage den vollen Schaden zu ersetzen, ergänzte Schmidt.
Der Mensch
Der Erreger wird zwangsläufig auch nach Deutschland kommen. Doch gelte es, die Einschleppung so lange als möglich hinauszuzögern. Im Gegensatz zu vorherigen Konferenzen lag der Schwerpunkt diesmal nicht beim Wildschwein. Hauptübertragungsweg sind Lebensmittel, die das Virus schnell über große Entfernungen verbringen können. Und die werden das Virus auch nach Westeuropa bringen. Dabei stehen vor allem die kleinen Schweinehaltungen und privat erzeugten Lebensmittel im Fokus, die an den Standards der Biosicherheit vorbei dem Virus Verbreitungsgelegenheit geben. Dort sieht auch Prof. Dr. Franz Conraths, Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts die Grenzen der Tracebility der Lebensmittelwirtschaft. Daher stehen saisonale Arbeitskräfte, LKW-Fahrer aus Osteuropa, aber auch die 150 Firmen, die Jagdreisen nach Osteuropa vermitteln im Vordergrund der Aufklärungskampagnen.
Seuchenübungen
Schmidt betonte, dass auch die westpolnischen größeren Betriebe kein Interesse haben, das sich das Virus weiter westwärts ausbreitet. Demnächst startet daher eine gemeinsame Übung der Bundesländer und Woiwodschaften, die an der Oder liegen. Auch Bund und Bundesländer werden sich weiterhin auf den Fall X vorbereiten. Die ASP-Konferenz hat diesbezüglich eine hohe Bereitschaft für gemeinsame und geteilte Kommunikation und Zusammenarbeit hervorgebracht [2].
Derzeit gilt Tschechien als Vorbild. Dort konnte der Ausbruch der ASP auf ein Gebiet von 40 Quadratkilometer eingegrenzt und gehalten werden. Im Falle des Falles werden in Deutschland Katastrophenschutz und Bundeswehr die notwendigen Maßnahmen treffen. Im Vordergrund steht dabei die Regionalisierung des Ausbruchs, um das vom Virus betroffene vom Virusfreien Gebiet zu trennen. Dabei will Schmidt beispielsweise klären, ob genug Zaunmaterial vorhanden ist. Der Aufwand ist erheblich. Bei einem angenommenen gleichmäßigen Viereck von 40 qkm sind 160 Kilometer Zaun erforderlich. Plus Streckenabweichungen durch das Gelände. Dieses Material muss erst einmal vorhanden sein. Plus Arbeitskräfte.
Schulze Föcking berichtet von grenzüberschreitenden Absprachen zwischen den Benelux-Ländern und NRW.
Verbraucheraufklärung nicht vergessen
Doch während sich die Politik vorbereitet, hat das jüngste Beispiel der polnischen Rohwurst eher gezeigt, dass außerhalb der Branche ein Vielfaches an Aufklärung ebenfalls nötig ist [3]. Die heimische Nachfrage wird auf ein Seuchengeschehen reagieren. Selbst Landwirte zeigen mit ihren Reaktionen, dass sie den EU-Maßnahmen im Seuchenfall nicht trauen, oder diese nicht kennen. Der Zaun kann im internationalen Handel Vertrauen über Regionalisierung signalisieren. Ob ein Importland dieses anerkennt ist „Verhandlungssache“, gesteht Schmidt. Damit aber Verbraucher nicht gleich ein ganzes Sortiment verwerfen, müssen ihnen ebenfalls die Zusammenhänge klar sein. Schmidt sagte wohl gegenüber Herd-und-Hof.de, dass es nicht die Aufgabe der Bundesregierung sei, zu einzelnen Produkten Stellung zu nehmen, aber von einer umfassenden und inhaltlichen Vorbereitung vor allem durch die vielfältigen neuen Medien sind Bund und Länder noch weit entfernt. Gerade jetzt, wo das Virus noch nicht in Deutschland angekommen ist, sollte im Rahmen des vorbeugenden Verbraucherschutzes auch an Filme, Animationen und Beispielen gearbeitet werden, wo die Grenze zwischen notwendigen Aktionen und vertrauensvollem Umgang mit Produkten liegt, die nahezu täglich auf den Teller kommen. Sonst gähnt da bald eine Lücke.
Lesestoff:
[1] Was passiert bei einem Virusbefund? Das legt die Verordnung zur Afrikanischen Schweinepest genau fest:
Wird das Virus bei einem Wildschwein gefunden, gilt das Gebiet 15 Kilometer rund um das Tier als gefährdeter Bezirk. Hausschweine müssen aufgestallt, dürfen nicht mehr transportiert werden und Grünfutter darf nicht mehr vorgelegt werden. Hausschweine dürfen unter strengen Auflagen transportiert werden, wenn der Veterinär 24 Stunden vor dem Transport die Abwesenheit des Virus bescheinigt. Der gefährdete Bezirk bleibt sechs Monate bestehen.
Wird das Virus bei einem Hausschwein festgestellt werden ein Sperr- und ein Beobachtungsbezirk eingerichtet. Im drei Kilometer um den Betrieb festgelegten Sperrbezirk werden die Tiere des betroffenen Betriebes und eventueller „Kontaktbetriebe“ gekeult. Ausnahmen für Kontaktbetriebe können beantragt werden. Schweine dürfen nicht transportiert werden, die künstliche Besamung von Schweinen wird verboten und Haustiere dürfen nur mit Genehmigung in das Sperrgebiet.
Mit einem Radius von weiteren sieben Kilometern wird ein Beobachtungsbezirk eingerichtet. Hier gelten ein Transportverbot und das Verbot der künstlichen Besamung von Schweinen. Transporte dürfen per Antrag nach einer klinischen Untersuchung der Schweine genehmigt werden.
[2] Wie so eine Übung aussieht hat das Szenarium „Roter Adler“ bei einem simulierten MKS-Ausbruch in Brandenburg gezeigt: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/roter-adler-2008.html
[3] Das Märchen von der Regionalisierung: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/asp-das-maerchen-von-der-regionalisierung.html
Roland Krieg; Fotos: roRo