AT: Berlakovich unter Druck
Landwirtschaft
Österreich: Mit Transparenz gegen Lobbyismusvorwürfen
Ende April hat der EU-Vermittlungsausschuss ein temporäres Verbot von drei Neonicotinoide eingeleitet [1]. Es geht um die drei Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiomexan. In Österreich kommt es aktuell zu politischen Verwerfungen und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich gerät unter Lobbyismusverdacht.
Weitreichender Einsatz
In Österreich liegen 75 Prozent der Ackerflächen im Befallsgebiet des Maiswurzelbohrers. „Fruchtwechsel ist derzeit die wirksamste Bekämpfungsmethode und ist auch in der österreichischen Strategie zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers als wichtigste Maßnahme festgeschrieben“, schreibt das in Österreich „Lebensministerium“ genannte Landwirtschaftsministerium in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu gebeiztem Maissaatgut. Wo allerdings, so heißt es in der Antwort aus dem Jahr 2010 weiter, ein Fruchtwechsel nur eingeschränkt möglich sei, wird gebeiztes Saatgut verwendet. Im Wirtschaftsjahr 2009/2010 wurden beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) folgende Beizmengen beantragt:
Diese Mengen sind ein Grund,
warum Österreich im Vermittlungsausschuss gegen ein Verbot votiert hat,
argwöhnt die Opposition.
Pestizidanzeigen und Wissenschaftsgremium
Der Opposition ist
aufgefallen, dass in vielen Printmedien des Bauernbundes und der
Landwirtschaftskammer diverse Anzeigen von
Pflanzenschutzmitteln gehäuft auftreten und interpretiert das als „Dank“
an den Minister für sein Votum und fordert seinen Rücktritt.
Minister Berlakovich hat
Anfang Mai den Vorwurf „ein Erfüllungsgehilfe der chemischen Industrie“ zu sein
entschieden zurückgewiesen. Das Votum Österreichs basiere auf rein sachlichen
Argumenten. Selbst die EFSA will für weitere Daten noch mehr Forschung
betreiben. Dann hat er nachgelegt und will mit einer Gesetzesnovellierung mehr
Transparenz erreichen: „Nach dem bestehenden Umweltinformationsgesetz dürfen
genaue Daten wegen des Schutzes betrieblicher Interessen nicht veröffentlicht
werden.“ Daher will Berlakovich das Gesetz ändern: „Transparenz ist bei der
Anwendung von Neonicotinoiden und anderen Pflanzenschutzmitteln absolut
notwendig.“ Weil die Ursachen des Bienensterbens komplex sind und auch
Krankheiten wie die Varroa-Milbe dazugehören, will der Minister ein
Wissenschaftsgremium einsetzen, das aus den vorliegenden Studien eine Analyse
verfasst.
Lesestoff:
[1] Vermittlungsausschussleitet Verbot ein
Roland Krieg