Auch die Futterversorgung ist gesichert
Landwirtschaft
Futterwirtschaft im Strukturwandel und bei SARS-CoV-2
Am Mittwochmorgen hat der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) seine Jahrespressekonferenz mit einer Telefonschalte abgehalten. Dabei zeigte sich, dass die Futtermittelversorgung in Deutschland und Europa gesichert ist, die Lieferungen von Zusatzstoffen aus China wieder in Gang kommen und die Grenzstaus für den Warenverkehr auf dem europäischen Binnenmarkt abgebaut sind.

Rückblick 2019
Die Futtermittelwirtschaft ist vom Status der Nutztierhaltung in Deutschland abhängig. 2019 haben die Futterwerke 23,995 Millionen Tonnen Mischfutter hergestellt. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von nur 0,34 Prozent. Reduzierte Tierzahlen und der Strukturwandel in Deutschland macht sich nach DVT-Sprecher Dr. Hermann-Josef Baaken. Bemerkbar macht sich der Rückgang in der Schweinehaltung. In Niedersachsen geht die Zahl der Betrieb und Sauenhalter zurück. Nur die Zahl der Mastschweine bleibt mit 4,1 Millionen stabil. „Es geht also abwärts“, sagte Baaken. Lediglich der zusätzliche Export nach China hat einen Teil des Verlustes kompensiert.
Deutliche Veränderungen in der Branche sind Konsumenten kaum bewusst. Nach Baaken sind beispielsweise 60 Prozent der Milchleistungsfutter frei von gentechnisch veränderten Bestandteilen. Dennoch sind die Nutztierhaltenden Landwirte auch ohne SARS-CoV-2 stark verunsichert. Tierwohl und die Dünge-Verordnung geben kaum Sicherheit, wohin die Investitionen fließen sollen. Zu den Vorgaben der am Ende der Woche zu beschließenden Dünge-Verordnung hat Baaken eine klare Ansicht: Sie solle jetzt endlich verabschiedet werden, „auch wenn diese nicht im Ansatz den Vorstellungen der Landwirte entsprechen und damit auch nicht den Erwartungen, die wir aus der Futtermittelwirtschaft formulieren.“ Baaken zieht eine Klarheit mit Schrecken einer weitergehenden Hängepartie vor.
Agrarpolitik: „Der Topf ist voll“
Die Bauern demonstrieren mit den Traktorenkonvois ihre Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik. Die Dünge-Verordnung ist nur ein Teil davon. Tierwohl, Umweltthemen und die globale Diskussion über Klima und Nachhaltigkeit sind weitere anstehende gesetzgeberische Rahmenbedingungen: „Der Topf ist voll“, so Baaken. Daher müssen Nutztierstrateghie, Ackerbaustrategie und die Zukunftskommission mit Augenmaß die Zielkonflikte lösen. Baaken kritisiert, dass nicht alle Fortschritte wahrgenommen werden. Mit Phytase- und Phasenfütterung sind Stickstoff- und Phosphorgehalte in der Gülle reduziert worden. 47 Prozent des Mischfutters stammen aus heimischem Getreide, weitere sieben Prozent aus Mühlennachprodukten. Das meiste Eiweiß stammt vom Grünland. Importiertes Soja komme zum großen Teil aus den USA. Dort wird es wie das Donau-Soja bereits entwaldungsfrei angebaut. Baaken bedauerte die Absage des Lieferkettengesetzes [1]. Haltungsmanagement und Züchtung haben Fortschritte erreicht, die sich auch auf die Futterwirtschaft beziehen. Für ein Kilo Schweinefleisch mussten in den 1950er Jahren fünf Kilo Futter verzehrt werden. Heute reichen dafür 2,4 bis 2,7 kg Futter im Trog.
SARS-CoV-2
Die grundsätzliche Tendenz in Zeiten der Pandemie ist auch bei der Futterversorgung positiv. Nach DVT-Geschäftsführer Peter Radewahn zeichnet sich die langjährige Koordination mit dem Deutschen Raiffeisenverband auch in der Krise aus. Der DVT entwickelt sich von einem reinen Fachverband hin zu einem Dienstleister für die Landwirte, so wie der DRV es in seiner Langfriststrategie auch plant [2]. Futterfragen, Agrarrecht, Tierernährung und Agrarpolitik werden gemeinsam bearbeitet.
Speziell zur Pandemie erklärte Radewahn, die Mitarbeiter in den Futterwerken, und besonders die Vormischer, müssen aus arbeitsrechtlichen Gründen einen Mundschutz gegen die Staubentwicklung tragen. Daher haben die Futterwerke Atemschutzmaslen auch noch für die nächsten Wochen vorrätig. Radewahn fordert die Politik auf, beim Nachschub, die Mitarbeiter der Futtermittelwerke nicht zu vergessen. Auch der Bedarf an Desinfektionsmitteln ist hoch. Derzeit arbeiten alle Werke. Es gibt außer vereinzelten Quarantänefällen keine Schichten die ausgefallen sind. Da nur wenige Mitarbeiter in einem Werk arbeiten, würde schnell Stillstand entstehen.
Mit Blick auf die Börse ist das Geschäft mit Futtermitteln nach Einbruch der Börsennotierung Ende der vergangenen Woche zum Stillstand gekommen. Jetzt ziehen die Preise leicht wieder an, weil Futterwerke früher als normal Nachschub ordern. Das aber hat nur Auswirkungen auf die Kassapreise. Die Langfristigen Notierungen bleiben unverändert.
Vergangene Woche hat das Schließen der Binnengrenzen in der EU zu langen Staus an den Grenzen geführt. Die haben sich mittlerweile aufgelöst. Ob das daran liegt, weil weniger streng kontrolliert wird oder weil „green lanes“ für den Güterverkehr eingerichtet wurden, konnte Radewahn nicht entscheiden. Am 16. März hat die EU „Leitlinien für Grenzmanagementmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherung der Verfügbarkeit von Waren und wesentlichen Dienstleistungen“ veröffentlicht. Dort ist die Einrichtung von „green lanes“ für die Aufrechterhaltung des Binnenmarktes festgeschrieben – und funktioniert.
Engpässe bestehen bei der Verfügbarkeit Transportkapazitäten, weil Fahrer fehlen. Der Fahrermangel in der Logistik ist aber schon ein jahrelanges Problem und wird durch Erkrankungen derzeit weltweit verstärkt.
Zukunftsaufgaben
Hermann-Josef Baaken blickte auf mögliche Lehren durch das Virus. Beispielsweise werden Aminosäuren für das Futter an verschiedenen Orten hergestellt, formuliert und verpackt. Solche Koordinaten werden nach der Pandemie neu geordnet. Die Frage, was essentiell für ein Land ist, wird gestellt und wenn möglich wieder ins Land zurückgeholt. Eine Abkehr vom Internationalen Handel sei das aber nicht, betonte der DVT-Sprecher.
Lesestoff:
[1] Rückschlag für Müller: https://herd-und-hof.de/handel-/lieferkettengesetz-abgesagt.html
[2] Dienstleister DRV: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/genossenschaften-im-jahr-2040.html
Roland Krieg; Grafik: DVT
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