Auf was „Dominette“ neidisch ist
Landwirtschaft
Neue Gene im Rinder-Pangenom entdeckt
Mit domestizierten Nutztieren ist es wie mit domestizierten Nutzpflanzen. Im Zeitlauf entfernen sich die Tiere genetisch von ihren wilden Vorfahren. Der Blick zurück kann die Zukunft mitgestalten. So finden sich in Wildpflanzen wichtige Gene, die Proteine codieren, die Kulturpflanzen gegen Krankheiten helfen.
Dominette
Das ist bei Nutztieren nicht anders. Bislang nutzten Wissenschaftler das Genom von „Dominette“ als Referenzgenom, um Rinder voneinander zu unterscheiden. Die Kuh gehörte der Rinderrasse „Hereford“ an und war praktisch das genetische Vergleichstier für Hausrinder (Bos taurus). Dazu müssen die Genetiker das gesamte Genom entschlüsseln. Doch Individuen oder selbst Teilpopulationen spiegeln die Wirklichkeit nicht genau ab. Schnelle Sequenziermaschinen auf der Basis ausgefeilter Algorithmen sind in der Lage, kostengünstig Referenzgenome zu entschlüsseln.
Lücke gefüllt
Das Team um Hubert Pausch, Professor für Tiergenomik an der ETH Zürich, hat jetzt ein neues Referenzgenom erschlossen. Zusammen mit den Genomen des Original Schweizer Braunviehs, zwei nahen Verwandten des Zebus-Rindes und des Yak stehen den Forschern nicht nur die Gene von „Dominette“ zur Verfügung. Das so genannte Pangenom zeigt auf, was beispielsweise bei den Hereford-Rindern während der Domestizierung verloren gegangen ist. Aber auch, was dem Schweizer Braunvieh fehlt.
Was fehlt?
Die Schweizer fanden neben DNS-Sequenzen ganze Gene, die bislang unbekannt waren und konnten einige Sequenzen als funktional und biologisch relevant einstufen. Viele der gefundenen Gene stehen beispielsweise in Zusammenhang mit Immunfunktionen: Bei Tieren, die mit pathogenen Bakterien Kontakt hatten, waren diese Gene stärker oder weniger aktiv als bei jenen, die keinen Kontakt mit den Erregern hatten.
Und jetzt?
Hubert Pausch will Genvarianten finden, die es bei den domestizierten Rindern nicht mehr gibt, aber wertvoll sind. „Spannend wird es besonders, wenn man unsere heimischen Rinder mit dem Zebu vergleicht oder mit Rassen, die an andere klimatische Begebenheiten angepasst sind.“ So wäre im Klimawandel „Dominette“ sicher froh, so hitzebeständig wie das Zebu zu sein. Bis das Wissen in der Praxis genutzt werden kann, ist es noch ein langer Weg.
Lesestoff:
Crysnanto D, Leonard AS, Fang Z-H, Pausch H. Novel functional sequences uncovered through a bovine multiassembly graph. PNAS, 18. Mai 2021, 118 (20) e2101056118; doi: 10.1073/pnas.2101056118
Roland Krieg
© Herd-und-Hof.de Nutzungswünsche: https://herd-und-hof.de/impressum.html