Aus dem BMZ wird das BIZ

Landwirtschaft

Grünen-Papier: Entwicklungspolitik der Zukunft

Am Donnerstag haben Ute Koczy, Sprecherin für Entwicklungspolitik, Thilo Hoppe, Sprecher für Welternährung und Uwe Kekeritz, zuständig für die globale Sozial- und Gesundheitspolitik von Bündnis 90/Die Grünen ihr Autorenpapier „Entwicklungspolitik der Zukunft“ vorgestellt. Hintergrund ist die immer weiter auseinander klaffende Lücke zwischen der sich verändernden Welt und falsch aufgestellten Institutionen zur Bekämpfung von Hunger, Armut, ungerechtem Handel und Geschlechterungleichheit.
Die Entwicklungspolitik in Deutschland braucht nach Ute Koczy eine Neuausrichtung. Die neue Basis wird eine „menschenrechtsbasierte, nachhaltige Entwicklung“ sein, die diesen Tenor auch in einem neuen Bundesministerium für Internationale Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung (Arbeitstitel BIZ) nach außen trägt.

Alle statt Wenige

Im Gegensatz zur heutigen Ausrichtung des BMZ, bei der Bundesminister Dirk Niebel den Autoren nach die privatwirtschaftliche Ausrichtung auf ausgesuchte Geschäftspartnerländer fokussiert, soll sich das BIZ auf die Nicht-OECD-Länder konzentrieren. Der Bezug zu den Menschenrechten war nach Koczy zwar schon immer ein Teil der Entwicklungspolitik, jetzt soll dieser Fokus aber auch im Namen sichtbar werden.
Das BIZ soll die Zuschnitte der Ministerien nicht neu zusammenstellen, erklärte Thilo Hoppe, aber die bestehenden Divergenzen sollen überwunden werden. Beispiel: Das BMZ zieht sich heute aus einem Land wegen dessen überbordender Korruption zurück, doch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als Partner vor Ort, kommt mit einer Neuausrichtung auf die Klimapolitik über das Bundesumweltministerium wieder ins Land zurück.
Das BIZ soll die Kohärenz der Entwicklungspolitik über alle Ressorts sicher stellen und sich nur noch auf die öffentliche Entwicklungspolitik konzentrieren.

ODA 0,7 bis 2017

Den langwierigen Streit über die öffentliche Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) wollen die Grünen bis 2017 erfolgreich beendet haben. Den Anteil von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens wollten die Industrieländer bis 2015 erreicht haben. Dazu ist die Lücke in Deutschland bereits zu groß. Aber bis 2017 wird es gehen, rechnet Hoppe vor. Jährlich sollen die Entwicklungshilfegelder um 1,2 Milliarden Euro aufgestockt werden und weitere 500 Millionen Euro fließen jährlich in die Klimafinanzierung.

Privates Kapital

Das BMZ setzt derzeit verstärkt auf privates Kapital. Thilo Hoppe will das nicht ausschließen. Gegenüber Herd-und-Hof.de erläutert er, dass die ODA-Quote wichtig für die eingegangenen internationalen Verpflichtungen Deutschlands sind. Beim privaten Kapital „kommt es auf den Inhalt an.“ So investieren Firmen in Projekte, die Land Grabbing vorantreiben, und es investieren Firmen in eine echte nachhaltige Entwicklung. Die Unternehmen stehen durchaus in der Pflicht und müssen ihr Engagement offen legen.
Transparenz würde heute schon den Kapitalfluss aus dem Süden in den Norden unterbinden. So belaufen sich die Steuerhinterziehungen in den Entwicklungsländern nach Uwe Kekeritz auf 160 Milliarden jährlich und der Kapitalexport in den Norden auf jährlich 900 Milliarden Euro.

Sozial-ökologische Transformation

Für die sozial-ökologische Transformation ist eine globale Strukturpolitik erforderlich, die schon in Europa mit der Hinterfragung des Konsumverhaltens beginnt. Daher weist das Papier vier Profilthemen auf, die zunächst einmal innerhalb der Partei in einem offenen Dialog weiter entwickelt werden sollen:

- Friedensentwicklung befördern: zivile Prävention statt Eskalation

- Soziale Wende befördern: soziale Sicherungssysteme und gute Arbeit

- Agrarwende: Recht auf Nahrung, Verlagerung der Wertschöpfung in die Entwicklungsländer, Zugang zu Betriebsmitteln sichern, Förderung standortangepasster ökologischer, nachhaltiger Landwirtschaft, Agrarmodell nach Weltagrarbericht, Beenden von Land-, Sea- und Water Grabbing, Priorisierung der Lebensmittelproduktion vor der Produktion von Futtermitteln und energetischer Verwertung der Biomasse.

- Energiewende befördern: Bekämpfung von Energiearmut

Die ersten Schritte

Neben der Erfüllung der ODA-Quote und der Neuausrichtung des BMZ soll das starre 1:2 - Verhältnis zwischen bilateraler und multilateraler Zusammenarbeit aufgelöst werden. Die multilateralen Beziehungen und die Budgethilfe als gemeinschaftliches Instrument verschiedener Geber sollen befördert werden.
Die Neuausrichtung der Entwicklungspolitik wird nach Ute Koczy auch deshalb notwendig, weil die Nehmerländer mittlerweile das Nord-Süd-Denken als überholt empfinden. Partnerschaft auf Augenhöhe heißt die Devise. Der Unterschied zum gegenwärtigen BMZ steht in den entscheidenden Details, so die Autoren.

Lesestoff:

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Roland Krieg

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