Ausmaß der Ernteschäden noch nicht bekannt
Landwirtschaft
Witterungsreise durch die Regionen

Das Wetter stellte die Landwirte in diesem Jahr erneut vor besonderen Herausforderungen. Zum offiziellen Erntestart mit dem Bauernpräsidenten Joachim Rukwied waren viele Gerstenfelder bereits abgeerntet. Hitze und Trockenheit ließen viele Bestände in die Notreife gehen und so früh wie lange nicht liegt das Stroh auf den abgeernteten Feldern. Bundesweit sinkt die Getreideernte auf 41 Millionen Tonnen ab [1].
Bayern
Landwirte arbeiten in der Natur und sind wechselnde Witterungsbedingungen gewohnt. Doch purzeln auch verdächtig Rekorde. Der Reisestart zur Wetterlage beginnt im Freistaat Bayern. Bislang fielen nur 40 Prozetn der üblichen Regenmengen und der April war der heißeste seit den Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. „Diese extreme Wettersituation sowie viele Unwetter und andere Wetterkapriolen spüren die bayerischen Bauern nun schmerzlich bei der Ernte“, sagte Landesbauernpräsident Walter Heidl. Dort, wo der Boden ausreichend Wasser hat speichern können, hat sich die Vegetation auf Grund von Wärme und vielen Sonnenstunden schnell entwickelt. Aber landesweit sind die Unterschiede sehr groß, ergänzt Getreidepräsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Hermann Greif. Einige Regionen in Niederbayern verzeichnen 90 Prozent Ausfall nach starken Hagelschäden. Die Knospenwelke beim blühenden Raps traf alle Landwirte im Freistaat. Fehlende Niederschläge haben vor allem im Getreide nur ein schwaches Wurzelwerk ausbilden lassen. Damit rechnen die Bayern mit einer unterdurchschnittlichen Ernte in Höhe von 6,7 Millionen Tonnen ohne Körnermais. Der ertrag soll bei 72 dt/ha liegen.
Hessen
Hessen hat den Mai als wärmsten seit den Wetteraufzeichnungen gemessen. Die Hitze im Jui hat auf der Hälfte der 282.000 ha Getreide zur Notreife geführt. Die Mähdrescher sind zum Teil schon drei Wochen im Einsatz. Im Hessischen Ried wurde bereits der erste Weizen eingefahren. In der Wetterau und im Rhein-Main-Gebiet starteten die Drescher erst am Wochenende. Hessische Rapsbauern mussten bereits zur Aussat im letzten Jahr die Saat unter nassen Bedingungen in die Krume bringen. Ohne Ertragseinbußen kommen sie nicht davon. Im Norden Hessens war es im Werra-Meißner-Kreis so trocken, dass der zweite Silageschnitt für die Futtergewinnung ausgefallen ist. Wie in anderen Bundesländern auch, hat sich Landesbauernpräsident Karsten Schmal an die Ministerin Priska Hinz gewandt, den Aufwuchs von Ökologischen Vorrangflächen für die Fütterung gewinnen zu dürfen.
Rheinland
Hingegen atmen die rheinsichen Bauern auf. Auch ihre Feldfrüchte hatten es in diesem Jahr nicht leicht, aber noch immer besser als in vielen anderen Regionen Deutschlands. Zehn Tage sind die Drescher früher unterwegs und schon 70 Prozent der Gerste sind bereits eingefahren. Vereinzelt fährt der Mähdrescher heute bereits in den Weizen. Drei Wochen früher als üblich. Bei der Gerste rechnet der Rheinische Lanwirtschaftsverband mit einer ernte von 8,5 t/ha was rund eine halbe Tonne unter dem Vorjahresniveau liegt. Im Rheinland wird Gerste auf 32.000 ha und Weizen auf 90.000 ha angebaut.
Niedersachsen
Die Reise nach Niedersachsen führt zu Landwirten, die erhebliche Sorgen um die Futterversorgung haben. Nicht nur die schwache Getreideernte verringert die Körner im Trog, sondern auch Grassilage wird Mangelware. Betriebe müssen nach einer Umfrage des Landvolk Presse-Dienstes (LPD) Futter zukaufen und stehen vor nicht einberechneten Kosten. Das mit Stroh befeuerte Bioenergiekraftwerk Emsland (BEKW) sucht schon händeringend nach Alternativen. Nach Stafan Endt vom BEKW liegt der Jahresbedarf an Stroh bei 75.000 Tonnen. Endt wendet scih an die Landwirte, die in diesem AJhr auch ihr Rapsstroh an das BEKW verkaufen sollen. Im Gegenzug bietet er zertifizierte Rostasche als Dünger für die Felder an. Die BEKW könnte auf 50.000 Tonnen Raps- und Erbsenstroh zurückgreifen. Je nach Entfernung und Qualität bietet die BEKW zwischen 75 und 95 Euro je Tonne an.
Das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Acker. Landesbauernpräsident Albert Schulte to Brinke stellt fest, dass die Ernte 2018 die dritte enttäuschende hintereinander ist. Vom Wetter wird das Jahr ähnlich wie der Sommer 2013 und 1959 eingeschätzt. Trotz allem dürfen die Landwirte nicht mit steigenden Preisen rechnen. Die Trockneheit ist auf den Ostseeraum begrenzt und Frankreich als großer Getreideproduzent und -händler ist davon nicht betroffen. Daher sendet der Handel keine Preisimpulse für die Landwirte aus, die mit einer guten Ernte rechnen. Olaf Jäger von der Mühle Rüningen prognostiziert Engpässe bei Qualitätsweizen.
Sachsen-Anhalt
Für die Reise nach Osten weisen Rauchwolken den Weg. Ein Stein im Dreschwerk reicht für einen Funkenflug. Der Dauerbetrieb der Mähdrescher erzeugt heiß laufende Maschinenteile. Auch Glasscherben auf dem Feld reichen aus, um einen Feldbrand zu entfachen. Der Landesbauernverband Sachsen-Anhalt verzeichnet eine steigende Zahl an Bränden. Mähdrescher haben Feuerlöscher an Bord, um im Norfall ein Feuer im Keim zu ersticken. Mit einer Egge oder einem Pflug kann schnell ein Brandschutzstreifen um den Brandherd gezogen werden. Aufmerksame Nachbarn haben in den vergangenen Tagen ebenfalls schlimmes verhindert.
Sachsen
In Sachsen konnten die Landwirte im Herbst 2017 die Saat noch unter guten Bedingungen einbringen. Dieser Sommer hat sie aber auch erwischt. Wenn vereinzelter Neiderschalg regional die Trockenheit unterbrach, kam es aber auch glecihzeitig zu Hagelschäden und Abschwemmungen von Boden. Massive Trockenschäden sind auf allen leichten Böden zu sehen. Die Qualitäten des Getreides sind sehr unterschiedlich. Problematisch sind der hohe Anteil an Schmachtkörner und das geringe Hektolitergewicht. Landesbauernpräsident Werner Vogel rechnet mit ertragseinbußen von 30 bis 50 Prozent gegenüber dem langjährigen Durchschnitt.
Brandenburg
In Brandenburg zeigt auch der Mais Trockenschäden. Landesbauernpräsident Hendrik Wendorff rechnet ebenfalls mit Einbußen in Höhe von 20 bis 50 Prozent. Massive Ausfälle gibt es auch auf dem märkischen Grünland, so dass viele Landwirte in Existenznöte geraten könnten. Nach 2017 ist ein neuer Tiefpunkt erreicht: „Unser vorrangiges Problem sind die niedrigen Preise für landwirtschaftliche Produkte. Wir fordern deshalb eine steuerfreie Risikorücklage, die es den Bauern erlecihtert, in guten Jahren etwas für schlechtere Jahre zurückzulegen, erklärte LBV-Pressesprecher Dr. Tino Ernstling. Die Lage der Bauern hat auf Verbracuher wohl kaum Einfluss. Die Getreideregionen in den USA, in Russland und Australien rechnen mit guten Erträgen.
Mecklenburg-Vorpommern
„Ichhabe schon einen großen Feldbrand erlebt, da war ein ganzes Dorf vom Feuer bedroht. Wer so etwas gesehen hat, wird die Bilder nicht los.“ Die letzte Station der Wetterreise führt nach Mecklenburg-Vorpommern, wo Landesbauernpräsident Detlef Kurreck den Erntestart nutzt, um seinen besonderen Dank an die „Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren und der Berufsfeuerwehren“ zu entsenden. In kaum einer Region des Flächenlandes an der Ostsee hat es in diesem Jahr nicht gebrandt.
Berlin
Zurück nach Berlin: Für Erleichterungen und Hilfe sind in erster Linie die Bundesländer zuständig. „Das Ganze ist mit Sorge zu betrachten“, sagte am Freitag eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Zu einer Bundesangelegenheit wird es, wenn der Schaden ein großes Ausmaß angenommen hat. Daher wird die Regierung das Ausmaß der Schäden erst im August einstufen, wenn ein Gesamtbericht der Ernte vorliegt. „Kein Bauer fährt freiwillig seine notreife Ernte früher ein. Das ganze Jahr arbeiten die Bauern für unsere Lebensmittel – und dann stehen sie vor trockenen Böden und Pflanzen. Das ist bitter“, sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Samstag. Sie steht mit den Bauern im engen Austausch – kann aber auch feststellen, dass im Obstanbau keine Beeinträchtigung der Ernte festzustellen ist.
Lesestoff:
[1] Ackerbaubetriebe erneut in Schwierigkeiten: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/frueher-erntestart-mit-geringer-ertragserwartung.html
roRo; VLE; Foto: roRo