Bällchen-Bad fürs Borstenvieh
Landwirtschaft
Der Wühlkegel hält Mastschweine munter
Die
„Wühlkegel“ sollen die Tiergerechtheit des Haltungssystems verbessern und in
zwei Jahren reif für den Markt sein. Schließlich ist Langeweile auf Dauer nicht
nur für den Menschen schlecht. Auch Schweinen bekommt im Maststall die
Untätigkeit nicht gut. Die Folge sind aggressives Verhalten, Rempeleien oder
gar Verletzungen, wenn es zu Beißereien zwischen den Tieren kommt. Das nervt
nicht nur das Schwein, sondern hat außerdem häufig negative wirtschaftliche
Folgen für den Schweinemäster. Denn derart gestresste Schweine müssten nach
Blessuren medikamentös behandelt und von der Gruppe getrennt werden, sie nähmen
weniger an Gewicht zu und müssten länger gemästet werden, bis sie der
Schlachthof akzeptiert, sagt Nicola Jathe. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin
und Doktorandin am Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Universität
Kassel in Witzenhausen entwickelt mit ih-rem Kollegen Dr. Uwe Richter im Rahmen
eines vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
mit über 200.000 Euro dotierten Verbundprojekts ein Wühltrogsystem, das das
Wohlbefinden von Schweinen in der intensiven Haltung verbessern soll.
Natürliches Verhalten
Der Wühltrieb gehört zum genetischen Verhaltensprogramm der Hausschweine. Denn sie stammen vom Wildschwein ab. Dieses verbringe die meiste Zeit damit, mit seiner Schnauze im Boden nach Nahrung zu suchen und die Umgebung zu erkunden, erläutert Jathe. Bisher versuchten die meisten Landwirte, ihre Schweine mit einer 30 Zentimeter langen Kette, die ursprünglich Bestandteil des Futtertransportsystems ist, zu unterhalten, sagt Dr. Richter. Die Schweine verlören aber schnell das Interesse an dieser Beschäftigungsmöglichkeit. Auch Versuche, das Borstenvieh mit Kinderbällen in der Schweinebucht bei Laune zu halten, seien fehlgeschlagen. Den Betonspaltenboden mit Stroh auszulegen, gehe aus arbeitswirtschaftlichen und technischen Gründen nicht.
Erfolgreiche Tests
Die
Forscher haben nun einen Plastikball aus Polyurethan entwickelt, der an einer
speziellen Feder befestigt wird. Die Idee haben sie dem Bällchen-Bad einer
bekannten skandinavischen Möbelhauskette entlehnt, in dem die Kinder gern
toben. Ein industrieller Partner der Wissenschaftler, die Firma Internorm
Kunststofftechnik GmbH aus Damme, in Nordrhein-Westfalen, hat bereits einige
dieser Spielzeuge gebaut. Sie werden derzeit in verschiedenen
Schweinemastbetrieben getestet.
Die
ersten Ergebnisse der Forscher sind viel versprechend. Die Schweine
beschäftigten sich bereits seit drei Monaten mit den Bällen, die später im Trog
verschraubt werden sollen, sagt Dr. Richter. Das Verhalten der Tiere überwachen
die Wissenschaftler mit Videokameras. Sie sind optimistisch, dass bis zum Ende
des Projekts, Mitte 2013, das neue Trogsystem in die Serienfertigung gehen
kann, zumal dann europaweit strengere gesetzliche Anforderungen an die Qualität
des Spielzeugs für Schweine gelten werden.
Christine Mandel (Uni Kassel); Foto: Dr. Uwe Richter (präsentiert den Wühlkegel)