Bald mehr Bio in Brandenburg?
Landwirtschaft
Brandenburger Bio-Bauern freuen sich auf die neue Regierung
So grün waren sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg nicht. Das Volksbegehren zur Massentierhaltung und die aktuelle Befragung zur Bienenrettung hat ein woanders glückliches Paar in Potsdam getrennt. Jetzt aber wendet sich das Blatt. Die SPD wird demnächst mit der CDU und den Grünen gemeinsam regieren und hat am Freitag nach dem Koalitionsvertrag auch die Zuordnung der Ressorts nach Parteien benannt. Die Grünen bekommen die Ministerien „Landwirtschaft und Umwelt“ sowie „Soziales, Gesundheit, Familie“. Nach Abstimmung in allen Parteien werden Mitte November die personellen Besetzungen veröffentlicht.
Viel zu tun gibt es in dem Land. Deshalb soll der Koalitionsvertrag gleich „Ein neues Kapitel für Brandenburg“ aufschlagen. Die Pflege älterer Menschen, die Beitragsbefreiung für Kitas ab drei Jahren bis 2024 und Stärkung von Polizei und Justiz sollen die Menschen zufriedener machen. Gerade in den Randregionen erhob sich der Unmut vieler Wähler gegen die Zweiteilung des Landes: Die Fokussierung auf die Filetstücke um Potsdam und Berlin zog die Vernachlässigung Grenzregionen nach sich.
Das will Ministerpräsident Dietmar Woidke durch Regionalbeauftragte in allen Regionen ändern und so die Wähler vom rechten und linken Rand wieder in die Mitte locken.
Die Grünen freuen sich über die Stärkung des ÖPNV und der Absage an neue Tagebaue. Vor allem über den folgenden Satz: „Die Ausgestaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER für die flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) wird sich daran orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen, Weideprämien, Agroforstsysteme bis hin zu moorschonenden und moorerhaltenden Landwirtschaft fortzuführen bzw. neu zu etablieren.“ Es sollen regionale Wertschöpfungsketten entwickelt werden.
Gegenüber den letzten Jahren ist das ein Modellwechsel. Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, kommentierte: „Die Festlegungen im Koalitionsvertrag reagieren auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in der Landwirtschaft und schalten die Brandenburger Bio-Ampel endlich klar auf Grün! So werden vor allem die strukturellen Rahmenbedingungen für den ökologischen Landbau nachhaltig im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe verbessert. Und Brandenburg soll endlich eine Umstellungsprämie für den betriebswirtschaftlich riskanten Einstieg in diesen zukunftsträchtigen Markt einführen.“
Der Aufbau für regionale Wertschöpfung, nicht nur für bio, ein geplanter Aktionsplan Ökolandbau, Einführung eines Kontrollkostenzuschusses, die Bildung eines Kompetenzzentrums für landwirtschaftliche Beratung, die Förderung von regionalen und Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen sowie die Abschaffung länderspezifischer Zusatzauflagen, zählen zur Wunschliste der Brandenburger Ökolandwirtschaft.
Wie sich das real umsetzt wird sich zeigen. Ohne eine Marktentwicklung auf der Bio-Nachfrageseite werden die Betriebe ihre Produkte nicht los. Das gilt auch für die Metropole Berlin. Ein Problem ist die Verfügbarkeit neuer Flächen. Stellen große Betriebe um, geht die Marktbalance schnell verloren. Kleine Betriebe finden kaum Fläche für die Bewirtschaftung.
Daher will Brandenburg ein Agrarstrukturgesetz schaffen. Voraussetzung ist das bis 2021 zu entwickelnde agrarstrukturelles Leitbild. Ziel ist es, den Flächen- und Anteilserwerb von außerlandwirtschaftlichen Investoren zu erschweren. Die noch in der Bodenverwertung- und -verwaltungs GmbH befindlichen Brandenburger Flächen sollen dem Land übergeben werden. Da hat das Land die Vergabe selbst in der Hand, Bei den anderen Flächen wird das ein Stück harte Arbeit. Der von 2009 bis 2016 amtierende Landwirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt, Dr. Hermann Onko Aeikens, hatte zu seiner Zeit die Einführung eines Agrarstrukturgesetzes gestartet und scheiterte letztlich am Landesbauernverband.
Flaute beim Wind?
Nachdem zwar das Ende des Braunkohletagesbaus in der Lausitz feststeht, bleibt die Frage nach der Energiealternative offen. „Eine Weichenstellung für die Energiewende wurde verpasst“, sagte Jan Hinrich Glahr, Landesvorsitzender des Bundesverbandes WindEnergie (BEW). „Die Vereinbarungen zu den Tagebauen in der Lausitz passen nicht zum „weiter so“ beim Umbau des Energiesystems.“
Bis 2030 soll die Leistung der in Brandenburg installierten Windenergieanlagen von derzeit 7.000 Megawatt (MW) auf 10.500 MW ausgebaut werden. Damit bestätigt die kommende Landesregierung in Brandenburg lediglich die seit 2012 bestehenden Ausbauziele. „Angesichts des aktuellen Einbruchs beim Ausbau der Windenergie in Brandenburg müsste im Koalitionsvertrag stehen, wie die Landesregierung dieses Ziel erreichen will. Zudem steigt die Nachfrage nach erneuerbaren Energien, denn neben dem Stromsektor müssen auch in den Bereichen Wärme und Mobilität die CO2-Emissionen gesenkt werden“, so Glahr.
Wichtige Fragen zu Genehmigungsverfahren und Abstandsregeln lasse die neue Koalition offen und werde den geregelten Ausbau der Windenergie „auf lange Zeit unmöglich machen.“ Im ersten Halbjahr 2019 wurden lediglich acht Windenergieanlagen errichtet. Das sind 80 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Roland Krieg