Bauern fordern Schadensersatz
Landwirtschaft
Dioxin: Noch keine Schadensbilanz
„Unsere Landwirte müssen als Käufer von Mischfutter auf
einwandfreie Lieferungen vertrauen können“, sagte Landvolk-Präsident Werner
Hilse am Mittwoch. Den mittlerweile rund 1.000 gesperrten Betrieben entstehen
nicht nur aktuelle Vermarktungsverluste, sie müssen nach Angaben des
Landvolk-Pressedienstes auch zusätzliche Belastungen durch Laboranalysen und längere
Mastdauer ertragen. Vereinzelt sind Betriebe in ihrer Existenz gefährdet.
Betroffene Betriebe sollen von ihren Futtermittellieferanten
eine Erklärung einholen, dass die aktuellen Lieferungen frei von Dioxin sind.
Falls der Lieferant sich weigerte, sollen die Bauern auf Übernahme der
Probekosten und auf Rücknahme der noch auf dem Hof lagernden Lieferungen
drängen.
Im heute erscheinenden Berliner Tagesspiegel fordert der
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Helmut Born, eine Entschädigung
für die betroffenen Landwirte: „Wer den Schaden verursacht, muss ihn auch
bezahlen.“
Derweil bereitet ein breites Bündnis aus Umwelt- und
Agrarverbänden eine Demonstration zur Grünen Woche vor, die in rund zwei Wochen
beginnt. Für sie ist der aktuelle Dioxin-Skandal ein Symbol der
Massentierhaltung. Die Agrarindustrie bekomme ihre selbstproduzierten Risiken
nicht in den Griff, teilt der BUND mit. „Das Wachstum der Massentierhaltung und
der Futtermittelindustrie vergrößert das Risiko für die Verbraucher. Bei weiter
steigenden Rohstoffpreisen begünstigt der Kostendruck zudem Missstände wie die
Dioxinpanscherei in Futtermitteln“, sagte Jochen Fritz von der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).
Konsequenzen noch unklar
Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums teilte am
Mittwoch mit, dass am Vortag die EU darüber informiert wurde, dass keine
belastenden Futterfette in das europäische Ausland geliefert worden seien.
Lediglich Eier aus Sachsen-Anhalt wurden in die Niederlande verkauft. Bei zwei
Sendungen insgesamt 136.000 Stück. Die holländische Firma wurde informiert.
Bestätigt wurde noch einmal der Umfang der
Futterlieferungen. Bis zu 3.000 Tonnen belastetes Futter wurden an 25 Futtermittelhersteller
in fünf Bundesländern ausgeliefert. Das Mischfutter wurde in insgesamt acht
Bundesländer geliefert. Die Länderbehörden von Brandenburg, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Hamburg. Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen prüfen derzeit, an welche Betriebe das Futter ausgeliefert wurde. Was
Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner letztlich aus dem Dioxinfund für
Konsequenzen ziehen wird, ist noch unklar. Mit den Bundesländern soll geprüft
werden, ob die Zulassungsbedingungen verschärft werden müssen. Es könnte zu
einer betrieblichen Trennung zwischen Futtermittelproduktion und technischen
Rohstoffen kommen. Solange aber der Eintragspunkt des Dioxins in das Futter
immer noch nicht geklärt ist, warnte der Pressesprecher vor vorschnellen und
kurzfristigen „Patentrezepten“. Nach Ansicht des
Bundeslandwirtschaftsministeriums greift bei den Futtermittelunternehmen die
Produkthaftung, die gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben besteht. Die
Haftplicht soll für Schäden wie Betriebssperren und Erlösausfälle gelten. Eine
Bilanz der Schadenssumme gibt es derzeit noch nicht.
roRo