Bauern haben große Erwartungen an die Agrarminister

Landwirtschaft

Die Zeit für Korrekturen für die GAP ist knapp

Bis Ende der Woche tagen die Agrarminister der Bundesländer in diesem Jahr zum letzten Mal im regulären Turnus. Als Gast ist wie immer die Landwirtschaftsministerin eingeladen, die seit dem Wochenende aber nur noch  bis zur neuen Bundesregierung die Geschäfte übergangsweise führt. Ob Julia Klöckner weitermachen kann, liegt derzeit in weiter Ferne.

Schlussspurt für die GAP

Die Agrarminister haben wieder eine ganze Menge Themen zu besprechen. Neben dem Schlussspurt für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) steht auch die bedrohliche Situation in der Schweine- und Geflügelhaltung auf dem Programm.

Die GAP ist für Brüssel abgeschlossen. Die Mitgliedsländer arbeiten bis Jahresende an der nationalen Umsetzung, die von der Kommission 2022 für das Inkrafttreten am 01. Januar 2023 notifiziert werden muss. Parallel müssen die Bundesländer in die neuen Antrags- und Kontrollsysteme eingearbeitet werden. Im Sommer spätestens wollen die Landwirte wissen, mit welchen Aufgaben sie ihre mehrjährigen Fruchtfolgen über die Winteraussaat 2022 hinaus wirtschaftlich planen können.

Die Bundestagswahl hat den Bauern viel Zeit gekostet, weil die Zeit bis Ende September drängt und es wohl eher nicht zu einer neuen Bundesregierung zu einem früheren Zeitpunkt kommt. Immerhin hat der Bundestag zum Ende der Sitzungsperiode im Sommer noch die Eckpunkte für die nationale Umsetzung geschafft. Für die Landwirte ist das kein Grund für ein Aufatmen.

Es hakt an der Summe der Details

Die Richtung hat die GAP vorgeben und findet nach Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV) auch Unterstützung bei den Bauern. Im Zuge der stärkeren Umweltorientierung der GAP ab 2023 gibt es deutliche Veränderungen. Von den aktuell 4,7 Milliarden Euro GAP-Gelder in der ersten Säule sind aktuell 1,4 Milliarden Euro an Greening-Auflagen konditioniert. Für Agrar- und Umweltmaßnahmen, die von den Bundesländern kofinanziert werden müssen stehen in der zweiten Säule rund 900 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Berechnungen für die neue GAP-Förderperiode 2023 bis 2027 zeigt die Reduzierung der unkonditionierten Agrargelder in der ersten Säule auf etwa 3,2 Milliarden Euro. Der Etat für die Agrar- und Umweltmaßnahmen wurde in der zweiten Säule auf etwa 1,3 Milliarden Euro aufgestockt. Zusätzlich werden so genannte Eco-Schemes definiert, die den Etat in der zweiten Säule um weitere 1,1 Milliarden Euro aufstocken.

Den Vorwurf von Umweltverbänden, die GAP mache weiter wie bisher, will Krüsken angesichts der Zahlen nicht gelten lassen. Die Umweltorientierung spiegelt sich in den veränderten Zahlen deutlich wider.

Dass die Bauern dennoch verunsichert sind, und warum der DBV am Mittwoch vor der Agrarministerkonferenz zum Pressegespräch lud, liegt an der Summe an unklaren und widersprüchlichen, fachlich falschen Details, die sich angehäuft haben. Krüskens Vorwurf ist, dass die Bundesregierung in der verbliebenen Zeit Umsetzungsbeschluss durch die Agrarminister im März 2021 und der Sommer(Wahl)pause 2021 Monate für die Formulierung ausgefeilter Details habe verstreichen lassen.

Hauptprobleme

Das größte Problem ist die Schnittstelle zwischen den Agrarumweltmaßnahmen und den Eco-Schemes innerhalb der zweiten Säule. Es gibt zahlreiche offene Fragen.

Für Grünland- und Futterbetriebe im konventionellen und ökologischen Segment fehlt für das Grünland ein Alleinstellungsmerkmal wie sie der Wald bekommen hat. Grünlandbetriebe können keinen Fruchtwechsel durchführen undbräuchten eine Grünlandprämie, um den Schutz des Grünlands, politisch immer wieder hervorgehoben, auch zu honorieren.

Die jüngste Studie der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) [1] zeigt die Klimawirksamkeit des Leguminosenanbaus auf. Dazu sind wirtschaftlich attraktive Prämien, wie von der Zukunftskommission Landwirtschaft empfohlen, wichtig. Der Bund will aber Leguminosen nur noch mit 30 Euro pro Hektar fördern und bleibt hinter seinen bisherigen Fördersätzen zurück. Das ist nach dem stellvertretenden Generalsekretär Udo Hemmerling eher als „Abwehrmaßnahme“ zu bewerten. Genauso wie die Förderung von Brachland und Altgrasflächen. Die werden nur bis zu einem Prozent der Betriebsfläche mit 900 und 1.300 Hektar gefördert. Darüber hinaus sinken die Gelder um die Hälfte.

Für die Landwirte ist trotz Eckpunkte offen, wer was fördert. Mehrjährige Programme sind bereits in der Förderung und drohen im Umfang von 300 Millionen Euro jährlich von den Eco-Schemes kannibalisiert zu werden. Während die Eco-Schemes jährlich geplant sind, können die Landwirte mit den Agrarumweltmaßnahmen für fünf Jahre planen. Bei den Bundesländern ist offen, ob sie beides anbieten oder sich wegen des Kombinationsverbotes wegen einer Doppelförderung nur noch auf eines der beiden Instrumente in der 2. Säule einlassen.

Die Zeit drängt (mal wieder)

An der Meldefrist für die nationale Strategie zum Jahresende gibt es nichts zu rütteln. Die Agrarministerkonferenz ist derzeit das einzige Forum, das noch offiziell für Nachbesserungen sorgen kann. Krüsken betont, dass Länder für „Extrarunden“ bereit sein müssen.

Weitere Themen

Die Agrarministerkonferenz beschäftigt sich aber nicht nur mit den GAP-Themen. Ein Thema ist der Erschwernisausgleich im Rahmen des Insektenschutzpaketes. 65 Millionen Euro stehen zur Verfügung, nachdem das Paket doch noch vor der Sommerpause verabschiedet wurde. Allerdings stehen die Konditionalitäten noch nicht. Nordrhein-Westfalen hat jüngst einen Weg angekündigt. In den Genuss der Ausgleichslage können Betriebe kommen, wenn deren Flächen zu 30 Prozent in Naturschutzgebieten liegen oder das Einkommen 15 Prozent unter dem Dreijahresschnitt liegt. Bernhard Krüsken findet den Vorschlag „gut. So etwas wollen wir“, wie er gegenüber Herd-und-Hof.de sagt. Das Insektenschutzpaket sei ein tiefer Eingriff  in die Betriebsführung. Der DBV wollte dazu sogar ein eigenes Eco-Scheme. Jetzt erfolgt es außerhalb der GAP. Der Landtag in Düsseldorf könnte eine bundesweite Blaupause liefern.

Prekäre Fleischwirtschaft

Kurzfristig auf die Tagesordnung gelangte das Thema Fleischwirtschaft. Die Geflügel- und Schweinehaltung steht vor leeren Ställen [2]. In der Diskussion um Lösungen wird von den Publikumsmedien gerne aufgenommen, die Verantwortlichen in der Politik und im Lebensmittelhandel zu suchen. Doch die Landwirte liefern in den seltensten Fällen an den Handel. Sie liefern ihre Erzeugnisse an die erste Verarbeitungsstufe, wie Mühlen, Schlachthöfe und Händler im Agrargewerbe. Darauf angesprochen bestätigt Krüsken, dass die Gründe für die prekäre Situation nicht nur beim LEH liegen, sondern auch bei der ersten Vermarktungsstufe. Die Differenz der Erzeugererlöse und Verbraucherpreise ist um ein Drittel gestiegen. „In dieser Vermarktungsspanne stecken auch der Vermarkter und die Schlachtbetriebe“, erklärte Krüsken. Zudem habe eine Abwärtsspirale eingesetzt. In dem Maße, in dem die Schweineproduktion in Deutschland sinke, steigt sie in anderen Ländern wie Spanien und Dänemark. Dort sind die Auflagen niedriger. Nach Krüsken zeigt sich hier ein Langzeiteffekt deutscher Sonderwege innerhalb des gemeinschaftlichen Wettbewerbes der EU. Die vernünftigste Lösung sei die Kenntlichmachung von Herkunft und Standards, damit Verbraucher ihre Wahl treffen können.

Lesestoff:

[1] Leguminosen sind Klimaschutz: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/leguminosen-fuer-den-klimaschutz.html

[2] Leere Ställe: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/leere-staelle.html

Roland Krieg

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