Bauern legen Blühstreifen an
Landwirtschaft
Aktuellen Unruhen, wachsenden Unsicherheiten und möglichen neuen Vorgaben zum Trotz werden die Landwirte in Niedersachsen auch in diesem Jahr ihrer Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt gerecht werden und Blühflächen anlegen. Besonders auf sandigen oder steinigen Böden, auf denen der Anbau von Weizen oder Raps unrentabel ist, sind sie eine gute Möglichkeit, die intensive Bewirtschaftung auf den für die Lebensmittelversorgung gut geeigneten Böden auszugleichen.
Anders als bei Blühmischungen aus dem Baumarkt, in denen auch viele Pflanzen aus anderen Ländern stecken, enthalten die landwirtschaftlichen Blühmischungen große Anteile regionaler Samen, von denen auch spezialisierte Arten profitieren. Denn gerade Insekten, die auf den Pollen und Nektar bestimmter Blüten angewiesen sind, gehören zu den gefährdeten Spezies. Daher hat der Ammerländer Landvolkverband und der Biotopfonds der Jägerschaft Oldenburg-Delmenhorst sowie weitere Kooperationspartner untersuchen lassen, wie Blühflächen auf dem Acker zur Förderung der Bestäuberdiversität am besten gestaltet werden können, um ein breites Artenspektrum heimischer Wildbestäuber zu fördern.
Wissenschaftlerinnen der Leuphana-Universität Lüneburg haben bei dreijährigen Untersuchungen auf sechs Praxisflächen im Ammerland und in Oldenburg herausgefunden, dass folgende Pflanzen die höchste Bestäuberdiversität haben und daher in einer Mischung sein sollten: Saatwucherblume, Ringelblume, Kornblume, Ackerrettich, Weißer Senf, Hundskamille, Buchweizen, Rainfarn, Wilde Möhre, Ackerkratzdistel, Ackerstiefmütterchen, Gelber und Weißer Steinklee, Graukresse, Ackerkratzdistel und Sonnenblume. „Insgesamt zeigte sich eine gute Vielfalt an Pflanzenarten und Insekten auf den Untersuchungsflächen“, fasst Dr. Tatjana Hoppe vom Ammerländer Landvolkverband zusammen. Am wenigsten Insektenarten fanden sich auf der Brachfläche, dort tummelte sich jedoch der größte Anteil der solitären Wildbienen. „Angesäte Blühflächen leisten einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität, nicht nur über die ausgesäten Arten, sondern auch über die Arten aus dem natürlichen Samenpool des Bodens“, schließt Hoppe daraus.
Der Ammerländer Landvolkverband hat seine Mischung aufgrund der faunistischen und botanischen Untersuchungen nochmals optimiert. „Sie hat jetzt 24 Arten und enthält 40 Prozent Wildpflanzen, kostet allerdings auch 27,93 Euro pro Kilogramm“, erläutert Hoppe. Das seien bei einer Aussaatstärke von 15 kg/Hektar (ha) 418,95 Euro/ha anstatt der vorherigen 355 Euro/ha.
Im Ammerland besteht bereits seit 2008 ein Arbeitskreis zur Schaffung von mehr Lebensraum für Insekten, in dem die Akteure jedes Jahr rund 250 ha Blühflächen bzw. Streuobstwiesen anlegen. Die Bauern säen entweder die einjährige Ammerländer Landvolkmischung mit Wildpflanzenanteil oder verschiedene Mischungen der Jägerschaft sowie mehrjährige Mischungen aus. In Kooperation mit der Jägerschaft Ammerland und zunächst sechs Landwirten wurde zudem 2020 der Startschuss für ein weiteres Projekt gegeben, bei dem eine Wildpflanzenmischung, die Veitshöchheimer Hanf-Mix-Mischung, für die Biogasproduktion verwendet wird, um Ökologie und Ökonomie zu verbinden.
LPD