Bauern setzen auf Wettbewerb
Landwirtschaft
Rukwied und Merkel fordern mehr Markt für Landwirte
Parallel zum letzten Verhandlungstag der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Brüssel findet in Berlin der Bauerntag des Deutschen Bauernverbandes (DBV) statt. Bauernpräsident Joachim Rukwied war Anfang der Woche in Luxemburg zum Agrarrat und kam nicht mit einem „wirklich guten Gefühl“ zurück. Die möglichen Modulationen von Geldern aus der ersten in die zweite Säule, aber auch Vorstellungen von alten und neuen EU-Mitgliedsländern von mehr Marktregulierungen stehen einer „zukunftsorientierten und gemeinsamen“ Agrarpolitik im Wege. Eingriffe in den Markt haben in Deutschland gezeigt, dass die Bauern am Ende weniger Geld in der Tasche haben.
Auch wenn das Europaparlament heute die Verhandlungen abschließe, gehen die Diskussionen noch weiter, so Rukwied. Einige Punkte sind fakultativ und müssen national ausgestaltet werde. Der Bauernverband will sich in den nächsten Wochen und Monaten dafür einsetzen, dass die Agrarpolitik mehr Wettbewerb erfährt, Modulation und stärkere Finanzierung der ersten Hektare sowie die Bürokratie für die Bauern nicht zu einem Hindernis wird. Auch die Degression soll national für die Betriebe ausgestaltet werde. Deutschland solle Auflagen nicht mehr als 1:1 umsetzen.
Als problematisch bezeichnet Rukwied die in öffentlichen Medien geführte Grundsatzdebatte über die Ausrichtung der Landwirtschaft. Da rüttele manches Argument am Selbstverständnis der praktizierenden Landwirte. Deshalb soll das heute verabschiedete Leitbild Nutztierhaltung eine sachliche Gegenposition formulieren. Zusammen mit der Futterwirtschaft stelle die Tierhaltung rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Wertschöpfung.
Rukwied verwahrte sich vor allem gegen Vorwürfe, dass die intensive Landwirtschaft das Ausmaß des Hochwassers erst verursacht habe. Mit bald einer halbe Milliarde Euro Schäden sei die Landwirtschaft selbst betroffen. Vielmehr müsse endlich mit dem Rückgang der Flächenversiegelung von 80 Hektar am Tag ernst gemacht werden. Das sind mindestens 50 Hektar zu viel. Die aktuelle Kompensationsverordnung gehe nicht weit genug, um den Landwirten ihre Produktionsgrundlage zu erhalten.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel ist da anderer Meinung und plädierte in ihrer Rede an die Bundesländer, die Verordnung im Bundesrat anzunehmen.
Weiter auseinander lagen Rukwied und Merkel aber nicht. Die aufgeräumte Kanzlerin bekannte zwar, dass sie als Kleingärtnerin die Emotionen eines bäuerlichen Herzens nicht nachvollziehen könne, aber die tiefe Verwurzelung in der Region. Die Landwirtschaft brauche angesichts knapper Flächen und steigender Bevölkerungszahlen eine höhere Produktivität. Das sei eine Kernkompetenz Europas, das mit sieben Prozent der Weltbevölkerung rund ein Viertel des globalen Sozialproduktes erwirtschafte.
Auch Merkel verwahrte sich gegen zu viele Markteingriffe und forderte eine berechenbare und verlässliche Agrarpolitik. Merkel mahnte an die Adresse Brüssels, dass noch immer der mehrjährige Finanzrahmen der nächsten sieben Jahre fehle. Da sei man „eher zu spät dran“.
Rukwied äußerte Zweifel am Gelingen der Energiewende, was er heute dem Bundeswirtschaftsminister noch ins Heft schreiben will. Sie gelinge nur, wenn die Flächen für die Bauern erhalten bleiben und Entschädigungen nicht für „einen Apfel und ein Ei“ festgesetzt werden. Merkel erinnerte an die dringend erforderliche Überarbeitung des EEG nach der Bundestagswahl. Sie sagte aber, dass es mittlerweile „viele positive Betroffene“ durch das EEG gibt. Schon so viele, dass eine Mehrheit für eine vernünftige Reform kaum noch demokratisch umzusetzen sei. Merkel versprach aber, dass die CDU/CSU nicht in bestehende Bestandsrechte eingreifen werde.
Roland Krieg; Fotos: roRo