Baum des Jahres 2005
Landwirtschaft
Die gebeutelte Rosskastanie
> Die Gemeine Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.) ist Baum des Jahres 2005. Sie ist eine der schönsten, bekanntesten und beliebtesten Stadt- und Alleebaumarten, meint die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Sie ist zu jeder Jahreszeit eine Augenweide: Im Winter mit ihren großen Knospen, im April beim Erscheinen der großen gefingerten Blätter, im Mai mit ihren orchideenhaften Blüten und im Herbst mit ihren großen Samen, den braunen, glänzenden Früchten.Ihren Ursprung hat die Rosskastanie in den Mittelgebirgsregionen Griechenlands, Albaniens und Mazedoniens. Die Türken verbreiteten sie während ihrer Eroberungsfeldzüge quer durch Europa, weil sie mit Kastanien ihre Pferde fütterten. Die Rosskastanie ist nicht mit der Ess- oder Edel-Kastanie zu verwechseln, selbst wenn die Früchte auf den ersten Blick ähnlich aussehen. Im Gegensatz zu den Maronen der Esskastanie sind sie ungenießbar bitter und für Menschen und einige Tiere schwach giftig. Der Name Ross- oder Pferdekastanie geht auf ihre früher weithin bekannte Heilwirkung der Samen bei kranken Pferden zurück.
Cameraria ohridella
Ebenfalls aus Mazedonien stammt der Schmetterling Cameraria ohridella Deschka et Dimic, der besser unter dem Namen Kastanienminiermotte bekannt ist und der Rosskastanie heftig zusetzt. Der ein bis fünf Millimeter lange kleinen Schmetterling legt im Frühjahr seine Eier auf den Blättern ab. In Mitteleuropa entwickelt die Miniermotte je nach Witterung drei bis vier Generationen pro Jahr. Seine Larven sind darauf spezialisiert, sich von den Blättern der Gemeinen Rosskastanie zu ernähren. Starke Fraßschäden führen dazu, dass das Laub braun wird und schon im Hochsommer abfällt. Dadurch wird das Abwehrsystem der Bäume erheblich geschwächt. In Süddeutschland, wo Kastanien oft zum Stadtbild gehören, sind die Larven besonders zahlreich und flächendeckend anzutreffen. Da die Symptome sehr auffällig sind, war das öffentliche Interesse für die Problematik schnell geweckt und es wuchs der Druck auf Forstschutz-, Grünflächen- und Umweltschutzämter der Kommunen, Abhilfe zu schaffen und dabei umweltverträgliche Mittel zu verwenden. Bäume, die über Jahre unter Befall mit der Rosskastanien-Miniermotte leiden, sind geschwächt und werden dadurch anfälliger für Pilze und andere Krankheitserreger.
In vielen Städten arbeiten die Gartenämter mit Pheromonen, Lockstoffen, die allerdings noch nicht so recht durchgeschlagen haben. Das Sammeln von Laub scheint die beste Methode zu sein. Um den Puppen, die an den eingesammelten Blättern haften, wirklich keine Überwinterungschance zu geben, sollten die Blätter verbrannt, und wo das verboten ist, in einer Großkompostierungsanlage gesammelt werden. Der Misthaufen in der Gartenecke reicht eventuell für eine entsprechende Hitzeentwicklung nicht aus. Die Cameraria - Experten prognostizieren, dass die Motte mittlerweile zu unserer Fauna dazugehört: Wir werden sie nicht mehr los. Aktuelles über die Miniermotte finden sie unter www.cameraria.de. In der Berliner U-Bahn finden sich sogar Plakate, die zum Einsammeln der Blätter ermuntern.
Der verdrehte Biergartenbaum
Die Rosskastanie weist zu 90 Prozent einen auffallenden Drehwuchs auf. Die Holzstrukturen sind nicht senkrecht angeordnet, sondern verdreht. Warum das so ist, wissen die Baumexperten nicht. Diskutiert werden eine Auswirkung der Erddrehung, der Lauf der Sonne oder genetische Ursachen. Früher konnten die Bierbrauer nicht das ganze Jahr über brauen, und brauchten eisgekühlte Keller, um auch im Sommer den Gästen frisches Bier anzubieten. Im Isartal ist allerdings der Grundwasserspiegel sehr hoch, weswegen keine tiefen Keller ausgehoben werden konnten. Die Brauereikeller waren daher flach und mit Erde überdeckt. Vor Sonneneinstrahlung schützten sie ihr wertvolles Lagergut mit der Rosskastanie, die mit einer ausladenden Krone und den großen Blättern den ?schwärzesten? Schatten anbietet. Im Laufe der Zeit boten die Brauereien dann zum Ärger der umliegenden Gaststätten auf ihren baumbestandenen Kellern einen Ausschank an. Der Biergarten war entstanden.
Noch mehr wissenswertes über den Baum des Jahres 2005 finden Sie unter www.baum-des-jahres.de.
VLE