Begleitforschung Energiewende

Landwirtschaft

Die vielen Aspekte der Energiewende

Parallel zum „Wettbewerb Bioenergie-Regionen“ [1] wurde vielfältige Begleitforschung betrieben, deren Ergebnisse auf dem Abschlusskongress in Berlin vorgestellt wurden.

Die technisch-ökonomische Perspektive

Prof. Dr. Daniela Thrän vom Deutschen Biomasseforschungszentrum hat die technisch-ökonomische Analyse durchgeführt. Bei der umfassenden Betrachtung von der Rohstoffbereitstellung bis zum Verkauf der Energie-Produkte bietet die Bioenergie nicht nur im Bereich der Wertschöpfung Chancen für den ländlichen Raum. Unabhängigkeit, das „Wir-Gefühl“, der Wissenstransfer aber auch die Optimierung der bestehenden Anlagen galten den Modellregionen als wichtig.
Dabei sind die Regionen äußerst heterogen zusammengesetzt. Drei befinden sich in einem Agglomerationsraum, drei in einem verstädterten Raum und die Hälfte der Regionen auf dem Land befinden sich sogar in der Peripherie. So unterschiedlich war dann auch der Anfangsbestand an kleinen und großen Anlagen, an Heizkraftwerken und Biogasanlagen. Regionen wie Südoldenburg befanden sich in einer dynamischen Aufwärtsentwicklung, Regionen wie Oberberg Rhein-Erft wiesen einen abnehmenden Zubau an Bioenergieanlagen auf.
Holz und Biogas waren die dominanten Wertschöpfungsketten und wurden während des Wettbewerbs auch am meisten ausgebaut. Beim Holz lagen Waldholz, Landschaftspflegehölzer und Kurzumtriebsplantagen vorne. Altholz, Sägerestholz oder Stroh waren weniger gefragt.
Regionale Rohstoffe werden in allen Regionen deutlich bevorzugt, wobei Pellets als überregionales Produkt auch gern gehandelt wird.
Fazit: Die Regionen haben im Jahr 2010 durch die im Wettbewerb aufgebauten Gesamtleistungen der Bioenergieanlagen mehr als 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart. Dabei haben die Regionen ihre individuelle Ausstattung genutzt und ausgebaut, die Effizienz verbessert und neue Wertschöpfungsketten mit weiteren Biomassequellen erschlossen.

Politisch-gesellschaftlicher Aspekt

Dirk Schubert vom nova-Institut und Dr. Judith Elbe von der Sprint GbR haben genau hingeschaut, warum die Regionen so erfolgreich waren.
Das Besondere an dem Wettbewerb ist die Förderung der so genannten „weichen Faktoren“ gewesen, erläutert Schubert. Der Förderimpuls richtete sich auf die Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkbildung. Erst daraus entwickelte sich in Abhängigkeit von der Einspeisevergütung, weiteren Fördermöglichkeiten, Zinsniveau und verfügbare Technik der harte Faktor Anlagenbau.
„Geld ist dabei nicht alles“, fasst Schubert zusammen. Bürger in den Modellregionen haben nach Abschluss auch den Aufbau von nachhaltigen Strukturen, die Entwicklung zur Vorzeigeregion und die regionsübergreifende Vernetzung wert geschätzt.
Der Förderimpuls habe am Ende auf ein Gesamtpaket gewirkt und sich als Anpassungsfähig an die Heterogenität der Regionen erwiesen.
Nach Schubert kann eine „Erfolgsfaktorenanalyse“ der weichen Effekte, wie Prozessmanagement, Promotoren als Zugpferde, ein vorhandenes Leitbild, eine breite Beteiligung und ein aktives Umfeldmanagement schon frühzeitig Hinweise auf einen Erfolg eines Projektes geben.
Dr. Elbe hat sich die Netzwerke vor Ort angeschaut. Nicht die Institutionen, sondern die Beziehungsgeflechte untereinander. Große und offene Netzwerke haben sich dabei als besonders stabil herausgestellt. Möglichst verschiedene Akteure mit unterschiedlichem Hintergrund wirken am besten. Die größere Gefahr eines Auseinanderbrechens bestehe durch homogene Untergruppen. Einen „Schnelltest Regionalnetzwerk“ hat sie in dem Leitfaden des Wettbewerbs eingebaut.
Fazit: Es gibt kein „Netzwerk per se“. Sie bauen auf bestehende Sozialstrukturen auf. Zwei Hinweise hält Dr. Elbe bereit: Mischung vor Masse und Vertrauen vor fachlicher Brillanz.

Und was springt dabei heraus?

Demografischer Aspekt

Dr. Steffen Kröhnert vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und Jan Schlaffke vom Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung haben die Bioenergieregionen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung begutachtet.
Die negative Bevölkerungsentwicklung zeiht sich durchs ganze Land mit einem Schwerpunkt im Nordosten. Es gibt aber auch Zentren mit einer wachsenden Urbanisierung. Extrem sichtbar ist die Entwicklung in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Dort wachsen nur die Städte Magdeburg, Leipzig und Dresden, die Bevölkerung jenseits der Stadtgrenzen schrumpft und altert. Die einzige Gegenmaßnahme sind „zukunftsfähige Arbeitsplätze“, so Dr. Kröhnert.
Nach seiner Analyse der Beschäftigtenzahl und Arbeitsleistung nach Anlagentyp, verwendetem Substrat und kW-Leistung, zieht Dr. Kröhnert das folgende Fazit: Die Förderung der Bioenergie kann die demografische Entwicklung nicht unmittelbar beeinflussen, erzielt aber deutliche Arbeitsplatzeffekte. In den erfolgreichsten Regionen sind bis zu drei Prozent der Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien tätig. Genutzt werde das aber meist in demografisch wachsenden Regionen. In Schrumpfenden sollte die Bioenergie stärker gefördert werden.
Für Jan Schlaffke hat Bioenergie Potenzial, denn die Wertschöpfung bleibt in der Region, die Landwirtschaft stabilisiere sich durch Diversifizierung und die Wärmeversorgung wird deutlich günstiger. Vorausgesetzt: Eine Straßeninfrastruktur für den Transport von Biomasse und Gärreste ist genauso vorhanden wie eine Wärmesenke und eine entsprechende Agrarstruktur.
Es gibt aber auch Hemmnisse zu überwinden: Die schrumpfenden Regionen fürchten den Aufbau einer kompletten Wertschöpfungskette, Infrastrukturmängel und überregionale Konkurrenz durch Großunternehmen.

Lesestoff:

[1] Abschlusstagung Bioenergie-Regionen

Roland Krieg

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