Besseres Grünland bei Klimaerwärmung?
Landwirtschaft
Grünland ist keine CO2-Senke
> Seit Beginn der industriellen Revolution haben die Menschen mit wachsender Schnelligkeit die Zusammensetzung der Atmosphäre geändert. Das sicherste Zeichen für einen damit zusammen hängenden Klimawandel ist der Anstieg des Kohlendioxids in der Luft. Die Zunahme des CO2 ?wird sich künftig mit noch größerer Intensität als bisher fortsetzen?, prognostiziert die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig. Allerdings gilt CO2 auch als ?Dünger? für Pflanzen, deren Wachstum durch einen erhöhten Anteil in der Atmosphäre stimuliert werden kann. Grassland ist keine CO2-Senke
Seit 1998 wird mit dem Jasper Ridge Global Change Experiment kalifornisches Grasland untersucht. Dabei werden die wechselseitigen Auswirkungen der Parameter CO2-Anteil, Erwärmung, erhöhter Niederschlag und Stickstoffdüngung gemessen, die auf eine Fläche in Jasper Ridge bei Woodside (37°24´N und 122°14`W) einwirken. Wirkungen auf einzelne Parameter sind in vielen Studien ausreichend untersucht:
So steigert ein erhöhter CO2-Anteil das Wachstum der oberirdischen Pflanzenmasse durchschnittlich um 14 Prozent. Die Wirkung ist in trockenen Jahren höher, da die Pflanzen bei hohem Kohlendioxidanteil die Stomata (Blattöffnungen) für den notwendigen Gasaustausch verkleinern können. Dadurch verringert sich auch die Verdunstung und die Pflanzen sparen Wasser.
Vermehrter Niederschlag führt vor allem für Pflanzen in trockenen Regionen zu einem Wachstumsschub. Erst ab 3.000 mm Regen führt die Nässe zu Wachstumsdepressionen. Eine Erwärmung hat vor allem auf die Pflanzen, die in kälteren Regionen, wie den Tundren, positive Wachstumseffekte, sowie Stickstoffdünger, der für alle Pflanzen in allen Regionen zu einer vermehrten Biomasseproduktion führt.
Wechselseitige Effekte
Wie allerdings sieht es aus, wenn alle vier Parameter zusammen einwirken? Jeffrey S. Dukes von der Stanford Universität in Kalifornien und Mitarbeiter der Abteilung Globale Ökologie des Carnegie Instituts in Washington, hat mit einem großen Team die Datensammlung des Jasper Ridge Experiments für das Spross- und Wurzelwachstum sowie für die Gesamtmasseproduktion ausgewertet. Das Ergebnis überrascht:
Steigender Anteil von CO2 und erhöhte Temperatur wirken sich auf keine der drei Teilergebnisse positiv aus. Allerdings nehmen Wurzel, Spross und Gesamtwachstum auch nicht ab. Erhöhter Niederschlag fördert den Spross, verringert allerdings gleichzeitig das Wurzelwachstum, so dass in der Gesamternte nur ein kleines Mehrwachstum erzielt wird. Lediglich die Stickstoffdüngung erzielte ein deutliches Mehrwachstum von über 26 Prozent, wobei der Anstieg allein auf den Sprossteil der Pflanzen zurückzuführen ist.
Dukes kommt zu dem Schluss, dass die ausbleibende Pflanzenreaktion auf eine angereicherte CO2-Atmosphäre den Schluss zulässt, dass Grasland keine CO2-Senke für das Kohlendioxid ist, dass die Menschen vermehrt in die Atmosphäre blasen.
Die Erwärmung führt zu einer schnellen Alterung der Grünpflanzen, so dass mehr Feuchtigkeit im Boden vorhanden bleibt. Das kann die Pflanzengesellschaft verändern, so dass sich mehr spät blühende Pflanzen, Büsche oder Bäume durchsetzen.
Unklar ist, weswegen Kohlendioxid in Wechselwirkung mit anderen Parametern nicht die erhoffte Düngewirkung zeigt und damit Grassland als CO2-Senke wenig in Betracht zu ziehen ist. Prof. Dukes spekuliert: Möglicherweise liege das an einer Phosphorunterversorgung. Steigende CO2-Gehalte und Stickstoffeinlagerungen verringern die Phosphatkonzentration in der Pflanze. Es wurde auch beobachtet, dass Pflanzen generell zu wenig Phosphor aufnehmen.
Qualitäten sinken
Auch die Bundesforschungsanstalt in Braunschweig sieht einen CO2-Düngeeffekt kritisch. Heute liegt der Gasanteil bei 375 ppm (parts per million) und wird in den nächsten 50 Jahren auf bis zu 550 ppm steigen. Den möglichen positiven Wachstumseffekten stehen veränderte Gehalte an Mikro- und Makronährstoffen im Grünland entgegen. Anreicherungsversuche bei Weidelgras, einer wohlschmeckenden Futterpflanze für Kühe, und Getreide zeigten, dass in den Pflanzen der Stickstoffgehalt zurück geht. Damit sinkt der Proteingehalt der Futterpflanzen und zwar in der Größenordnung zwischen acht und 15 Prozent. Weißklee hingegen zeigte keine Veränderung.
Wissenschaftler suchen nicht nur Senken, die den Kohlenstoff wieder aus der Atmosphäre nehmen, sondern sorgen sich um die zukünftigen Agrarökosysteme, die den Menschen Nahrung zur Verfügung stellt. Änderungen in der Qualität der Nahrungsquelle könnten in veränderten Wachstums-, Überdauerungs- und Ausbreitungsverhalten herbivorer Insekten und sonstiger Schaderreger führen. Ein unterschiedliches Verhältnis zwischen Stickstoff und Kohlenstoff in der Pflanze kann den Streuabbau im Boden beeinflussen und damit über die Mineralisation auch die Bodenfruchtbarkeit.
Die ausführliche Analyse aus Amerika ist aufrufbar unter:
http://dx.doi.org/10.1371/journal.pbio.0030319
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