Betäubungslose Kastration: Die Zeit drängt

Landwirtschaft

Schlachthöfe müssen sich positionieren

Am 01.01.2019 ist Schluss mit der betäubungslosen Ferkelkastration. Was noch lange scheint sind nur noch fünf bis sechs Mastdurchgänge. Die darauf folgende Mastgeneration muss schon unter den neuen Bedingungen kastriert oder als Eber gemästet werden. Also: Es ist eine Frage der Dringlichkeit, heißt es auf der Eurotier. Und noch weiß nicht jeder Ferkelerzeuger, nicht jeder Mäster und Metzger, was auf ihn zukommt.

Die am Mittwoch von QS veröffentlichte „Situationsanalyse zum Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration“ kennt die Größenordnung: Ab Januar 2019 muss die betriebliche Entscheidung für insgesamt 24,2 Millionen männliche Ferkel getroffen worden sein, ob sie sich für die Betäubung, die Impfung oder die Ebermast entschieden haben. Alle drei Methoden haben Vor- und Nachteile, so dass es keinen Königsweg gibt. Im Jahr 2012 standen die Zeichen auf Ebermast. Doch die mangelhafte Abnahmebereitschaft der Schlachthöfe hat sie heute gegenüber der Immunokastration mit der Spritze zurückfallen lassen, sagte Ferkelerzeuger Eberhard Niklisch auf dem Forum Schwein der Eurotier in Hannover. Aktuell liegt die Ebermast bei rund sieben Prozent.

Bundesweit wird ab 2019 die Kastration mit Schmerzausschaltung vorne liegen. Davon macht laut Prognose die Hälfte der Betriebe Gebrauch. Ein Drittel der Betriebe versucht die Ebermast und 17 Prozent greifen zur Spritze, bei der ein Protein reversibel die Signalkette zum Hoden unterbindet und den Ebergeruch vermeidet. Je nach Bundesland variieren die Zahlen erheblich. Südlich von Hessen wird die Schmerzausschaltung zu 85 Prozent favorisiert und kommt die Spritze nur zu fünf Prozent zum Einsatz. In den anderen Bundesländern liegt die Immunokastration bei 20 Prozent. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen soll die Ebermast den gleichen Prozentsatz wie die Schmerzausschaltung erreichen.

Niklisch hat sich mit Rene Kokott zusammengesetzt. Der Betriebsleiter des Fleischwerks Mega liefert an Metzgereien und in die Gastronomie. Zusammen haben sie sich über die Sicherheit, die Fleischzusammensetzung und Vermarktung orientiert und sich für die Immunokastration entschieden. Dieses Fleisch liegt aus Belgien und Spanien sowieso schon im Handel. Die neue Sicherheitsspritze von Zoetis verhindert eine Selbstinjektion und stellt sicher, dass sie vollständig und an der richtigen Stelle entleert wird.

Die Erfolgskontrolle kann der Landwirt selbst durchführen. Die Tiere sind ruhiger, die Hoden deutlich kleiner. Auch am Schlachtband wird der Erfolg leicht ersichtlich, wenn der kleine Hoden durch den Leistenkanal rutscht, sagt Annika Köhrmann von Zoetis.

Die Firma hat derzeit noch das Patent auf den Wirkstoff. Das Patent läuft aber 2018 aus und Niklisch hofft, dass das Mittel dann preiswerter ist. Derzeit rechnet er mit vier Euro Mehrkosten je Schwein.

Offenbar haben sich die Erzeuger in den kleinen Wertschöpfungsketten schon positioniert. Kokott erwartet, dass die großen Schlachthöfe demnächst nachziehen, damit die Erzeuger Sicherheit haben, welche Methode sie wählen sollen.

Lesestoff:

Die Studienergebnisse von QS finden Sie unter www.q-s.de/studie-ferkelkastration

Roland Krieg

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