Bienen brauchen größere Blühflächen
Landwirtschaft
Landwirte und Imker müssen zusammenkommen
Die Entwicklung von Blühpflanzen und Bienen ging Hand in Hand, erklärte Dr. Ralf Büchler vom Bieneninstitut Kirchhain. Dort derzeit sieht es für die Bienen nicht gut aus. Während der Frühjahrsblühte finden die Bestäuber ausreichend Pflanzen, doch danach „fallen die Bienen in ein tiefes Loch“, formuliert Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes die Situation auf den Feldern. Auf dem Erlebnisbauernhof der Grünen Woche diskutierten Politik, Wissenschaftler und Imker über die Beziehung zwischen Landwirtschaft und Imkerei. Die Bienen hungern mittlerweile im Sommer, weil sie keine Blüten mehr finden und der Winter scheint bei den Bienenvölkern wohl wieder dramatisch zuzuschlagen. Was ist also zu tun?
Ökonomische Zwänge
Dr. Ingo Braune aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium beschreibt die Veränderungen, die in der Landbewirtschaftung eingetreten sind. Vor 10 Jahren hat ein Bauer nur 20 Menschen ernährt, meist Nahrungspflanzen angebaut, während sein heutiger Berufskollege fast 140 Menschen ernährt und neben Energie vom Acker auch noch Naturschutz und Tourismus berücksichtigen soll. Das führte zu „straffen Fruchtfolgen“, so Dr. Martin Piehl vom Landesbauernverband Mecklenburg-Vorpommern. Zusätzlich habe die Verringerung der Tierhaltung auf den Betrieben den Anbau von Klee und Luzerne unbedeutend gemacht.
Bei den Förderungen in der Landwirtschaft spielten nach Ansicht von Dr. Büchler ökologische Aspekte keine Rolle mehr und die zentrale Stellschraube sei in Brüssel. Dort habe vor zwei Jahren ein einziger Verwaltungsakt die Brachflächen beendet, was er aus naturschutzrechtlicher Sicht als den „gravierendsten Eingriff“ in die Beziehung zwischen Landwirtschaft und Imkerei hält.
Spanungsfeld Imkerei-Landwirtschaft
Zwischenrufe von Imkern zeigten während der Diskussion, dass die Beziehung zwischen ihnen und Bauern nicht frei von Spannungen ist. Es mache auch keinen Sinn, „das wegzudiskutieren“, so Dr. Büchler. Aber letztlich werden nur beide zusammen zu Lösungen kommen.
Blühflächen statt Blühstreifen
Dreißig Prozent der deutschen Ackerflächen unterliegen Agrarumweltprogrammen, führt Dr. Braune aus. Das aber reiche nicht. Peter Maske forderte nicht nur Blühstreifen an den Ackerrändern, sondern ganze Blühflächen. Der Biene gehe es nicht aus einem einzelnen Grund schlecht. Es nicht die Varroa-Milbe allein, es sind auch nicht die Pflanzenschutzmittel, die den Bienenvölkern generell zu schaffen mache – es ist mittlerweile der Gesamtzustand einer mangelhaften Vitalitätsgrundlage in der Landschaft. Sie verursacht eine Mangelernährung bei den Bienen.
Vor diesem Hintergrund wurde eine neue Förderinitiative in Mecklenburg-Vorpommern gewürdigt. Imker sitzen aktiv bei der Umsetzung eines Förderprogrammes am Tisch und bestimmen bei den Landwirten mit, wo und wie zwei Hektar Fläche des Betriebes als Bienenweide gestaltet werden sollen.
Das hat auch seinen ökonomischen Wert. Dr. Büchler führte aus, dass die Bestäubungsleistung der Nutzinsekten weltweit auf 153 Billionen Euro geschätzt wird. Das entspricht rund einem Zehntel des agrarischen Produktionswertes.
Forschung
Das Guttationswasser geriet zuletzt in die Schlagzeilen. Das sind Wassertropfen, die Pflanzen abgeben, und mit denen wasserlösliche Pflanzenschutzmittel mit systemischer Wirkung an die Bienen übertragen werden können. Aber, so Prof. Christoph Künast vom Industrieverband Agrar, damit fange die Forschung erst an. Guttationswasser ist als Übertragungspfad nicht eindeutig beschrieben. Man wisse beispielsweise noch nicht, welche Pflanze wie viel Guttationswasser ausscheiden und welche Bedeutung dieses für die Bienen hat.
Mehr Sorgen bereiten die Bienenforscher andere Effekte. Dr. Büchel führt Erkenntnisse an, dass als bienenungefährlich eingestufte Pflanzenschutzmittel über Wechselwirkungen mit Wirkstoffen oder mit Krankheiten der Bienen doch auf die Tiere wirken. Die Sicherheitsuntersuchungen werden mit gesunden Bienen gemacht. Eine Änderung der Zulassungsverfahren strebt auch Imker Maske an. Es sollen nicht nur die Wirkungen auf eine einzelne Biene untersucht werden, sondern die Wirkung auf das ganze Bienenvolk.
Roland Krieg (Text und Foto) (v.l.n.r.: Dr. Martin Piehl; Prof. Christoph Künast, Dr. Ralf Büchler)
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