Bienensterben und Ernteverluste

Landwirtschaft

Anbau tierbestäubungs-abhängiger Pflanzen steigt

Das massenhafte Honigbienensterben und der generelle Rückgang weiterer Blütenbesucher hat bislang keinen negativen Einfluss auf die weltweite Kulturpflanzenproduktion, obwohl die Bestäugungsleistung von Insekten eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft spielt. Das hat ein internationales Forscherteam mit der Agrarökologin Dr. Alexandra-Maria Klein von der Universität Göttingen festgestellt.

Mehr tierbestäubungs-abhängige Pflanzen
Das Team hat in einer Arbeit Erträge, Produktion und Landfläche verschiedener Kulturpflanzen in den Jahren 1961 bis 2007 verglichen. Hummelkoenigin in MandelblueteIn diesem Zeitraum stieg die landwirtschaftlich genutzte Fläche um jährlich 1,5 Prozent. Auf den neugewonnenen Anbauflächen finden sich insbesondere Kulturpflanzen, die wie Ölsaaten oder fruchttragende Pflanzen, von der Tierbestäubung abhängig sind. Inzwischen macht der Anbau dieser Pflanzen rund 23 Prozent aus, während ihr Anteil 1961 noch bei nur 14 Prozent lag.
Dass der Schwund an Honigbienen und ein Schwund der Artenvielfalt bei Wildbienen und anderen Insekten aus globaler Sicht kaum Ernteverluste nach sich gezogen haben, führen die Forscher vor allem auf den zunehmenden Einsatz technischer Lösungen wie die Handbestäubung zurück.

Fasanensterben?
Die diesjährige Rapsaussaat hätte nach Prognose von Imkern und Naturschützern im Badischen zu einem erneuten Massensterben von Bienen führen sollen. Der abgetriebene Wirkstoff Clothianidin hätte wieder zuschlagen können. Das blieb aus. Dafür haben sich Anfang November die Jäger gemeldet: „In diesem Jahr wurden südlich von Raststatt so gut wie keine Jungvögel gesichtet“, sagte Klaus Lachenmaier vom Landesjagdverband in Stuttgart. Den Tieren sei die Lebensgrundlage entzogen worden, weil der Wirkstoff Clothianidin die Insekten abtötete, die den Fasanen als Hauptnahrung dienen. Das badische Agrarministerium hingegen wehrte sich dagegen „jegliches Leid in der Tierwelt in Clothianidin zu suchen“. Weniger Insekten seien auf die kühlere und feuchtere Witterung im Frühjahr zurückzuführen
roRo

Grenzen in Sicht
Trotzdem ist das Resümee der Wissenschaftler alarmierend: Nimmt der Anbau von tierbestäubungs-abhängigen Pflanzen weiter zu, könnte es zu Ernteverlusten kommen. Der Auffangmechanismus Handbestäubung wird langfristig an seine Grenzen stoßen. Nicht zuletzt durch den Anbau von Bioenergiepflanzen. Die Bestäubungsleistung von Insekten machen nach Angaben der Göttinger rund 150 Milliarden Euro aus und kann nicht unbegrenzt durch Technik ersetzt werden. Dr. Klein: „Notwendig sind daher Schutzmaßnahmen für Wildbienen und Hummelarten sowie eine gezielte Unterstützung der Imkerei, bevor sich eine Krise abzeichnet.“

Lesestoff:
Aizen, M.A., Garibaldi, L.A., Cunningham, S.A. and Klein, A.M. 2008. Long-term global trends in crop yield and production reveal no current pollination shortage but increasing pollinator dependency. Current Biology 18, 1-4

roRo; Foto: Dr. Alexandra-Maria Klein: Eine Hummelkönigin in dem reichen Blütenangebot einer Mandelplantage in Nordkalifornien. Hier gibt es viel zu viele Blüten für die wenigen natürlich vorkommenden Bienen, Hummeln, und andere Blütenbesucher für eine optimale Bestäubungsleistung. Mandelbauern in Kalifornien benutzen Honigbienenvölker, um ihren Ertrag zu sichern

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